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Studio 6

Studio 6

Titel: Studio 6 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liza Marklund
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die Sozialdemokratie. Allein schon eines solchen Machtmissbrauchs verdächtigt zu werden versetzt die Partei in eine sehr schwierige Lage, also wirklich, sehr schwierig …«
    »Wir wissen nicht, ob der Minister schuldig ist, und verurteilen niemanden im Vorhinein«, ließ der Moderator wissen. »Aber was würde geschehen, wenn er verurteilt würde?«
    Annika stand auf, ihr war ganz schwindelig. Es war also ein Minister in die Sache verwickelt. Die dicke Tante im Treppenhaus hatte Recht gehabt.
    Der Professor und der Moderator im Studio 6 redeten weiter, manchmal wurden zwei andere Reporter, die in der Stadt unterwegs waren, zugeschaltet.
    »Hat das etwas mit deiner Arbeit zu tun?«, fragte Großmutter.
    Annika lächelte matt.
    »Das kann man wohl sagen«, sagte sie. »Ich habe sehr viel über diesen Mord geschrieben. Sie war erst neunzehn Jahre alt, Großmutter. Sie hieß Josefine.«
    Der Moderator klang seriös und schien sich seiner Sache sicher zu sein.
    »Der Außenhandelsminister konnte bisher nicht für einen Kommentar gewonnen werden«, sagte er. »Er hat sich den ganzen Nachmittag mit dem Ministerpräsidenten und dem Parteisekretär zu einem Krisengespräch in Rosenbad aufgehalten. Unser Reporter steht jetzt vor der Regierungskanzlei …«
    Annika sperrte die Augen auf.
    »Das stimmt nicht!«, sagte sie fassungslos.
    Großmutter schaute sie fragend an.
    »Der Ministerpräsident. Er hat an keinem Krisenge spräch teilgenommen.«
    Sie packte schnell ihre Sachen in die Tasche, leerte die Schale mit den geputzten Pilzen wieder in die Plastiktüte und stopfte auch sie in die Tasche.
    »Ich muss nach Stockholm fahren«, sagte sie. »Nimm du die restlichen Pilze.«
    »Musst du wirklich?«, fragte Großmutter.
    Annika zögerte.
    »Nein, aber ich will«, erklärte sie.
    »Pass auf dich auf«, sagte Großmutter.
    Sie umarmten sich eilig, und Annika trat in die heiße Abendsonne hinaus. Whiskas sprang neben ihr den Weg entlang.
    »Nein, geh zurück. Du darfst nicht mitkommen. Du bleibst bei Großmutter.«
    Annika blieb stehen, beugte sich hinab und schmuste ein wenig mit dem Kater, ehe sie ihn den Weg zurückscheuchte.
    »Bleib da«, sagte sie. »Nun los, geh zurück.«
    Die Katze lief an ihr vorbei, den Weg bis zum Schlagbaum hinunter. Annika gab auf, lockte das Tier zu sich, nahm es auf den Arm und trug es zum Haus zurück.
    »Du musst leider die Tür zu lassen, bis ich weg bin«, sagte Annika, und ihre Großmutter lachte.
    Der Wind hatte ein wenig aufgefrischt. Er blies den Weg entlang und schob sie an, so dass die Tannen in den Augenwinkeln nur so vorbeisausten. Sie trat bergauf ebenso fest in die Pedale wie bergab und war außer Atem, als sie das Fahrrad vor ihrer Tür beim Tattarbacken abstellte.
    »Ich habe gehört, dass du zu Hause bist.«
    Sven schlug die Autotür zu und kam vom Parkplatz auf sie zu. Annika schloss das Fahrrad ab, richtete sich auf und lächelte ihn müde an.
    »Das ist diesmal nur ein Blitzbesuch«, sagte sie.
    Sven lächelte, als er sie in den Arm nahm.
    »Du hast mir gefehlt«, flüsterte er.
    Annika umarmte ihn auch. Er küsste sie fest, aber sie entzog sich ihm.
    »Was ist los?«
    Er ließ sie los.
    »Ich muss zurück nach Stockholm.«
    Der Kies knirschte unter ihren Schuhen, als sie zur Tür ging. Sie hörte, dass er ihr folgte.
    »Du bist doch gerade erst gekommen. Hast du denn niemals frei?«
    Sie zog die Tür auf. Das Treppenhaus roch nach warmem Abfall.
    »Doch, eigentlich schon, aber es sind ein paar Sachen passiert, die mit diesem Mord zu tun haben, über den ich schreibe.«
    »Gibt es denn keine anderen Reporter als dich?«
    Sie lehnte sich an die Wand, schloss die Augen und dachte nach.
    »Ich will es«, sagte sie. »Das ist meine Chance.«
    Er stellte sich vor sie, die Hände rechts und links neben ihrem Kopf, und sah nachdenklich drein.
    »Hier wegzukommen? Ist es das?«
    Sie sah ihm ins Gesicht.
    »Überhaupt irgendwohin zu kommen. Ich habe beim
Katrineholms-Kurier
schon alles geschrieben. Beilagen zum Thema Wald, über Auktionen, den Gemeinderat, Kompostreportagen. Ich will mich weiterentwickeln.«
    Sie machte sich klein und kroch unter seinem ausgestreckten Arm durch. Er packte sie an der Schulter.
    »Ich fahre dich.«
    »Ist nicht nötig. Ich nehme den Zug.«
    Das Lokal war leer. Wenn es draußen so heiß war, liefen die Geschäfte nicht gut. Die Typen konnten am Strand liegen und kostenlos nackte Titten anglotzen. Patricia warf schnell einen Blick in die Kasse am Eingang.

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