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Studio 6

Studio 6

Titel: Studio 6 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liza Marklund
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sprang ihr um die Beine, strich an ihren Knien entlang, maunzte und wollte spielen.
    »Schläfst du?«
    Ihre Stimme war nur ein Flüstern.
    Die Frau öffnete die Augen und lächelte.
    »Überhaupt nicht. Ich horche auf die Natur.«
    Annika umarmte ihre Großmutter lange.
    »Du wirst immer dünner«, sagte ihre Großmutter. »Isst du auch ordentlich?«
    »Aber ja«, sagte Annika und lachte. »Schau mal her!«
    Sie ließ die alte Frau los und wühlte in ihrer Tasche herum.
    »Sieh mal«, sagte sie fröhlich, »das ist für dich!«
    Sie hielt eine Schachtel handgemachter Schokolade aus einer kleinen Fabrik in Stockholm hoch. Die Großmutter schlug die Hände zusammen.
    »Nein, wie lieb von dir!«, rief sie aus. »Ich bin ganz gerührt.«
    Großmutter öffnete die Schachtel, und beide nahmen sich ein Stück.
    »Wie geht es dir?«, fragte Großmutter.
    Annika schaute auf ihren Schoß.
    »Es ist anstrengend«, sagte sie. »Ich hoffe so sehr, bei der Zeitung bleiben zu können. Sonst weiß ich nicht, was ich tun soll.«
    Die alte Frau sah sie mit einem langen, warmen Blick an.
    »Du schaffst das schon, Annika«, sagte sie. »Du brauchst diese Arbeit nicht. Du wirst schon sehen, es wird sich auch so alles fügen.« »Da bin ich mir nicht so sicher«, erwiderte Annika, und ihr schossen die Tränen in die Augen.
    »Komm mal her.«
    Großmutter streckte ihre Hand aus und zog Annika auf ihren Schoß. Annika setzte sich vorsichtig hin und legte ihre Stirn an den Hals der alten Frau.
    »Ich weiß nicht, ob ich es wage«, sagte sie.
    »Du weißt, was ich dir raten würde«, sagte ihre Großmutter ernst. Die alte Frau hielt ihre Enkelin im Arm und wiegte sie sanft hin und her. Wind kam auf, und das Laub in der nahen Espe fing an zu rascheln. Annika sah den Hosjö hinter den Bäumen glitzern.
    »Ich bin immer hier, das weißt du«, fuhr die alte Frau fort. »Ich bin auf deiner Seite, was auch geschieht. Du kannst immer zu mir kommen.«
    »Ich will dich da nicht hineinziehen«, wisperte Annika.
    »Du dummes Mädchen«, erwiderte ihre Großmutter und lächelte. »So darfst du nicht reden. Ich tue ja nicht mehr besonders viel, und dir zu helfen wäre ja wohl das Mindeste.«
    Annika küsste die alte Frau auf die Wange.
    »Gibt es Pfifferlinge?«
    Großmutter lachte.
    »Das kannst du wohl annehmen! Im Frühjahr Schnee und dann anschließend diese Hitze. Der ganze Wald ist goldgelb. Nimm zwei Tüten mit!«
    Annika sprang auf.
    »Ich springe nur schnell einmal in den See!«
    Auf dem Weg zum Steg hinunter warf sie rasch den Rock und die Bluse ab. Das Wasser war warm und der Boden schlammiger als je zuvor. Sie schwamm zu den Badeklippen, zog sich hinauf, legte sich auf die Steine und atmete ein wenig durch. Der Wind spielte in ihrem nassen Haar, und sie schaute auf und sah in mehreren tausend Meter Höhe Zirruswolken rasch vorbeisausen. Sie ließ sich wieder ins Wasser gleiten und auf dem Rücken zurücktreiben, ganz langsam. Der Wald stand dicht um den ganzen See herum, man sah kein Lebewesen, abgesehen von Whiskas, der auf dem Steg wartete. In diesen Wäldern konnte man sich verlaufen. Als Kind war ihr das einmal passiert. Die an der Suche beteiligten Mitglieder des Orientierungsklubs hatten sie auf einem Kahlschlag auf der anderen Seite des Weges weinend und blau gefroren gefunden.
    Sowie sie wieder an Land war und ihre Kleider angezogen hatte, ohne sich abzutrocknen, fing sie an zu schwitzen.
    »Ich leihe mir deine Gummistiefel«, rief sie der Großmutter zu, die ihre Stickerei wieder aufgenommen hatte.
    Sie klemmte eine Tüte aus dem Supermarkt in den Rockbund und nahm eine andere in die Hand. Whiskas folgte ihr auf dem Fuß, als sie in den Wald hineinschritt.
    Großmutter hatte Recht. Pfifferlinge, so groß wie Eimerdeckel, standen in großen Gruppen rechts und links vom Weg. Sie fand auch Steinpilze, ein paar stolze Parasolpilze und massenhaft kleine, blasse Stachelpilze.
    Whiskas tanzte ihr die ganze Zeit um die Füße, beschlich Ameisen und Schmetterlinge, hüpfte Mücken hinterher und fraß einen jungen Vogel. Sie überquerte den Granhedsvägen und ging an Johannislund und Björkbacken vorbei. Dort wandte sie sich nach rechts den Berg hinauf, um in Lillsjötorp dem alten Gustav einen Besuch abzustatten.
    Das schöne Doppelhaus mit einer Wand aus riesigen Tannen dahinter lag ruhig in der Sonne. Es herrschte eine kompakte Stille, und man hörte keine Axtschläge vom Holzplatz, was bedeutete, dass der alte Mann wahrscheinlich mit

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