Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Studio 6

Studio 6

Titel: Studio 6 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liza Marklund
Vom Netzwerk:
gewann die Oberhand, wie so oft, wenn sie richtig gestresst war.
    »No entiendo …«
    »Begreifst du, was du da angerichtet hast?«, heulte Josefines Mutter. »Du hast die Erinnerung an sie auf immer und ewig in den Dreck gezogen. Wie konntest du das nur tun?«
    Ihre Gedanken wurden klarer. Hier stimmte was nicht.
    »Was ist denn passiert? Da muss ein Missverständnis vorliegen …« Die Stimme in der Leitung wurde zu einem Wispern.
    »Wir wissen genau, was du für eine bist. Du bist eine Negerhure, hörst du? Und damit nicht genug, nein, du musstest auch noch Josefine da mit reinziehen!«
    Patricia stellte sich hin und schrie ins Telefon.
    »Das ist nicht wahr, überhaupt nicht wahr! Ich habe Jossie nicht in irgendetwas hineingezogen!«
    »Eins ist sicher«, zischte Barbro Liljeberg Hed, »du verschwindest aus meiner Wohnung, und zwar sofort.
    Pack deine dreckigen Sachen und geh zurück nach Afrika oder wo du auch immer herkommst.«
    »Aber …«
    »Bis sechs Uhr bist du weg.«
    Klick. Die Leitung war stumm. Patricia horchte noch einen Moment auf das leere Rauschen, legte langsam den Hörer auf und sank auf die Matratze. Sie setzte sich hin, die Knie unters Kinn geschoben, die Arme um die Beine, und wiegte langsam vor und zurück, vor und zurück.
    Wohin sollte sie jetzt gehen?
    Da klingelte wieder das Telefon. Sie zuckte zusammen, als hätte man sie geschlagen. Ohne nachzudenken, griff sie den Apparat, riss ihn aus der Wand und schleuderte ihn in den Flur hinaus.
    »Blöde Kuh!«, schrie sie und fing an zu weinen.
    Annika ließ es immer wieder klingeln. Patricia musste zu Hause sein. Vielleicht schlief sie, aber irgendwann musste sie das Telefon doch hören.
    Wenn ihr nun etwas zugestoßen war.
    Ihre Sorge vermischte sich mit der Scham, die sie am Vortag gespürt hatte, zunächst über die Frau, dann über ihr eigenes Versagen.
    Besorgt drehte sie eine Runde durch die Redaktion, nahm sich eine Tasse Kaffee und schaute eine Weile CNN. Als sie am Newsdesk vorbeikam, fiel ihr ein, dass sie vergessen hatte, von der Demonstration am Tatort zu erzählen.
    »Das müssen Sie selbst machen«, bestimmte Ingvar Johansson kurz. »Alle anderen Reporter sind beschäftigt.«
    Sie ging zu Bild-Pelle hinüber und bestellte für Viertel nach zwei einen Fotografen.
    »Sie müssen mit Pettersson fahren«, meinte Pelle. »Er kommt gerade wieder rein.«
    Sie lächelte freundlich und stöhnte innerlich. Schon wieder der klapprige Golf.
    »Ich warte draußen«, erklärte sie und holte ihre Tasche.
    Sie nahm den Fahrstuhl nach unten, verließ das Gebäude und setzte sich auf eine Betonmauer vorm Parkhaus. Die Luft war kochend heiß, bleischwer und elektrisch aufgeladen, so dass es in den Lungen förmlich knisterte, wenn man atmete. Sie schloss die Augen und lauschte den Geräuschen der Stadt, die vielleicht nicht mehr lange die Ihren sein würden.
    Als sie die Augen aufschlug, konnte sie das Bild, das sie sah, erst nicht recht begreifen. Die Frau, die gerade das Zeitungsgebäude betreten wollte, kam ihr bekannt vor, doch es dauerte einen Moment, ehe sie sie wirklich erkannte.
    »Patricia!«, rief Annika und lief auf sie zu. »Was machst du denn hier?«
    Die Frau sah sich erstaunt um und entdeckte Annika. Sie wollte wieder heraustreten und hätte sich fast in der automatischen Tür eingeklemmt. Tore Brand meckerte drinnen irgendetwas, und Patricia fing an zu weinen.
    »Was ist denn passiert?«
    Annika ging auf die andere Frau zu, legte ihr den Arm um die Schultern und zog sie mit zum Parkhaus hinüber.
    »Ich bin rausgeschmissen worden«, schluchzte sie.
    Annika atmete auf.
    »Na, das ist doch nicht so schlimm«, tröstete sie Patricia, »du findest bestimmt bald einen neuen Job.«
    Patricia sah sie erstaunt an.
    »Nicht aus dem Klub. Aus der Wohnung.«
    »Josefines Eltern?«
    Patricia nickte und wischte sich die Tränen ab.
    »Jossies Mutter ist ein Luder«, schimpfte sie. »Ein rassistisches Luder, ich wünschte, ich könnte sie mit schwarzer Magie verfolgen.«
    »Wohin gehst du jetzt?«
    Die junge Frau warf trotzig das Haar zurück und zuckte mit den Schultern.
    »Weiß nicht. Vielleicht zu irgendeinem Typen. Es gibt jede Menge alte geile Daddys.«
    Vielleicht war es das immer noch anhaltende Gefühl von Scham und Versagen, das Annika verleitete, einen Entschluss zu fassen, noch ehe sie darüber nachgedacht hatte, jedenfalls nahm sie ihre Tasche und wühlte darin herum.
    »Hier«, sagte sie und legte ihre Wohnungsschlüssel in Patricias

Weitere Kostenlose Bücher