Stürmisch verliebt auf Mallorca
spielte, aber er wollte Lily aus der Reserve locken. „Das Gästeapartment liegt im gleichen Haus wie meine Wohnung.“
„Oh!“, stieß Lily aus und errötete. Dann fasste sie sich: „Natürlich. Gern!“ Sie wirkte erleichtert. „Und anschließend zeigst du mir die Stadt, ja?“ Auf einmal funkelten ihre Augen vor Unternehmungslust.
Ramiro nickte und konzentrierte sich auf die Straße. Da hatte er wohl den Nagel auf den Kopf getroffen. Die Engländerin hatte sich also genau um diesen Punkt gesorgt. Für ein flüchtiges Abenteuer war sie sich, im Unterschied zu vielen anderen Frauen, anscheinend zu schade. Wusste sie wirklich nicht, dass es genau diese Zurückhaltung war, die einen besonders großen Reiz auf ihn ausübte?
5. KAPITEL
Gegen Abend wurde es empfindlich kalt, und Ramiro nahm ihre Hand, als sie durch die engen Altstadtgassen Palmas in Richtung Hafen schlenderten. Lilian war in absoluter Hochstimmung. Über ihnen, aus einem sternenklaren Himmel, lachte der volle, helle Mond zu ihnen herunter.
Als wären wir tatsächlich ein Liebespaar, schoss es Lilian durch den Kopf. Aber wie sollte es jetzt überhaupt weitergehen?
Ein wunderbarer Tag lag hinter ihnen. Am Nachmittag waren sie an der Uferpromenade den langen, von Palmen gesäumten Passeig Maritim entlangspaziert und hatten sich die Schiffe auf dem tiefblauen Meer angesehen. Zu Fuß waren sie dann in der – wie Ramiro behauptete – „schönsten Stadt am Mittelmeer“ unterwegs gewesen, und er hatte ihr malerische kleine Plätze, beeindruckende Kirchen und die erstaunlichen Jugendstilbauten gezeigt, für die Palma so berühmt war. Später, in der Dämmerung, hatten sie sich in einem Straßencafé mit einem Kaffee gestärkt und sich dann die Zeit mit einem weiteren Spaziergang vertrieben, bis ihnen vor Hunger der Magen knurrte. Und nun, nach einem delikaten Abendessen, standen sie Hand in Hand am Hafen, in dessen dunklem Wasser sich die Lichter der Stadt spiegelten. Das Wahrzeichen Palmas, die imposante Kathedrale La Seu , thronte erhaben und von Scheinwerfern beleuchtet über der Stadt.
Vor Ramiros Wagen blieben sie stehen, und Lilian spürte, wie ihr Puls sich beschleunigte. Denn mit voller Wucht wurde ihr bewusst, dass dies wahrscheinlich der letzte Moment war, in dem sie den Verlauf der Ereignisse noch beeinflussen konnte. Ereignisse, gegen die sie sich doch eigentlich hatte wehren wollen. Aber Schritt für Schritt war sie Ramiros Charme und dem Zauber des gemeinsam verbrachten Tages verfallen. Hieß das also, dass sie nun eine seiner zahllosen Eroberungen werden würde? Oder sollte sie ihren sonst so eisernen Willen aufbringen und Ramiro deutlich machen, dass die gemeinsame Zeit nun zu Ende war?
Ramiro fühlte sich großartig: Er hatte Lilians anfänglichen Widerstand gebrochen und ihre Gesellschaft – erst recht ihre Begeisterung – zutiefst genossen. Und nun würde er den Abend seiner Krönung entgegenführen. Denn auch wenn sie sich immer noch recht zurückhaltend gab, so hatte er keinen Zweifel, dass sie mit ihm zusammen sein wollte.
„Fahren wir zu mir nach Hause?“, fragte er und beobachtete erstaunt, wie Lilys Augen sich weiteten. Hatte sie etwa Angst?
„Ramiro …“, begann sie und versuchte ihm ihre Hand zu entziehen. Er aber hielt sie fest. Im Licht des Vollmonds nahm er die Umgebung auf einmal überdeutlich wahr – ebenso wie Lilys Schönheit. Er durfte sie nicht weiterreden lassen. Denn genau in diesem Moment stand er an einer entscheidenden Weggablung seines Lebens und hatte zwei verschiedene Richtungen vor Augen. Aus der Geschichte mit Lily konnte mehr entstehen als nur eines der üblichen Strohfeuer, das wusste er sicher. Und deswegen musste er handeln, und er würde die Entscheidung nicht ihr allein überlassen … Besitzergreifend legte er den Arm um sie und beugte sich zu ihr. In ihren Augen spiegelte sich eine bange und zugleich sehnsuchtsvolle Erwartung.
Lilian konnte kaum atmen. Du lieber Himmel – wenn sie nicht einmal richtig Luft bekam, wie sollte sie dann erst sprechen? Wie sollte sie Ramiro klarmachen, dass sie nicht so einfach zu haben war? Doch während sie noch überlegte, spürte sie schon seinen warmen Atem auf ihrer Haut. Sah sein Gesicht nah vor sich, blickte ihm in die fast schwarzen Augen, die im Dämmerlicht herausfordernd funkelten. Mit seinem Arm umschlang er fest ihre Schulter. Und sie ahnte, dass er keinen ihrer Einwände akzeptieren würde. Dass sie seiner Umarmung nicht entkommen
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