Stürmische Begegnung - zauberhafte Eroberung
sympathisch oder unsympathisch gefunden hätte, hätte nichts mit seinem Aussehen zu tun gehabt.
„Was sollte die Regierung Ihrer Meinung nach denn unternehmen?“
Erstaunt über das echte Interesse, das sein Tonfall signalisierte, sah sie ihn an. „Ihnen helfen, sie unterstützen. Diese Männer haben so viel für ihr Land getan; jetzt muss das Land etwas für sie und ihre Angehörigen tun. Männer wie Sie …“
Sie verstummte. Der Ausdruck in seinem Gesicht, keinen halben Meter entfernt, war Bewunderung so täuschend ähnlich, dass sie vergaß, was sie hatte sagen wollen. Und genau genommen waren seine Augen nicht schwarz, sondern dunkelbraun, mit bernsteinfarbenen Flecken. Fast wie das Muster jener Tigeraugen-Krawattennadel, die er wieder trug.
„Männer wie ich …?“ Diese sanfte Stimme klang überhaupt nicht nach dem Marquis of Lensborough.
Sie schluckte. Warum gelang es ihr nicht, den Blick abzuwenden? Was änderten Augen von der Farbe eines Halbedelsteins daran, dass sein Herz schwarz war?
„Sie sollten ein Gesetz erlassen. Es ist ungerecht, diese Männer als aggressive Bettler zu beschimpfen und von den Straßen zu vertreiben. Wenn sie aggressiv sind, dann deshalb, weil sie dazu gedrillt wurden. Nur so konnten sie unsere Freiheit verteidigen.“
„Das steht nicht in meiner Macht, selbst wenn ich wollte. Es bedarf mehr als des Wunsches eines Mannes, damit das Parlament ein Gesetz erlässt.“
„Selbst wenn dieser Mann Marquis ist?“, höhnte sie. Als ihr bewusst wurde, dass ringsum genau die höfliche Konversation getrieben wurde, die sich für ein Gesellschaftszimmer gehörte, senkte sie beschämt den Kopf. Warum raubte seine Nähe ihr ständig den Verstand? Warum ließ sie sich provozieren? Am liebsten hätte sie diesen arroganten Aristokraten vor der versammelten Verwandtschaft geohrfeigt.
Er seufzte, und sie erwartete eine gepfefferte Antwort. Als diese ausblieb, steigerte das nur ihre Wut auf sich selbst – und auf ihn.
„Sie könnten bestimmt etwas bewirken, wenn Sie nur wollten. Sie sind ein Mann von Geltung! Jede Wohltätigkeitsorganisation wäre für Ihre Schirmherrschaft dankbar. Die Leute würden sich darum reißen, für eine solche Einrichtung zu spenden – und sei es nur, um sich bei Ihnen einzuschmeicheln.“
„Eine Wohlfahrtseinrichtung“, murmelte er. „Eine Stiftung.“
Eine Stiftung im Namen seines Bruders, die den Überlebenden seines Regiments unter die Arme griff: eine wahrhaft würdige Form des Gedenkens! Warum war er nicht früher darauf gekommen? Erst diese bemerkenswerte, unkonventionelle Frau hatte ihn dazu inspiriert.
„Mein Bruder ist in Waterloo gefallen“, vertraute er ihr leise an.
Hester hielt sich die Hand vor den Mund. Als sie die Betrübnis in seinem Blick sah, wurden ihre Augen feucht.
„O Gott, es tut mir so leid. Ich wollte Sie nicht verletzen …“
Lensborough studierte ihre Miene. Sie schien sich schmerzlich bewusst zu sein, dass sie einen sehr wunden Punkt berührt hatte, eine Trauer, die die meisten Leute hinter seiner undurchdringlichen Fassade einfach nicht wahrnahmen. Die wenigsten ahnten überhaupt, dass diese Fassade nicht alles war.
Um ihr die Sorgen zu nehmen, sagte er: „Bertram sah den Krieg als Abenteuer. Er starb für etwas, das ihm lag und an das er glaubte.“
Dies endlich auszusprechen war Balsam für seine wunde Seele. Dass er über Bertrams Tod einfach nicht hinweggekommen war, lag, wie er nun erkannte, an der irrigen Annahme, sein Bruder hätte diesen Kampf genauso sinnlos gefunden wie er. Erneut griff er nach ihren Händen, diesmal, um sie dankbar an seine Lippen zu führen.
Sie schrumpfte regelrecht in ihrem Stuhl zusammen, als ein Schatten auf sie beide fiel.
„Onkel Thomas!“
„Du hast deine Wolle fallen gelassen, Hester.“ Seine Stimme klang eher wie ein Grollen. Er reichte seiner zitternden Nichte das sorgfältig wieder aufgerollte Knäuel. „Stimmt irgendetwas nicht?“
Lensborough antwortete trotzig: „Alles in Ordnung, Sir. Wir haben uns über Waterloo unterhalten, und Lady Hester hat überlegt, wie man den Kriegswitwen helfen könnte.“
Sir Thomas würdigte ihn keines Blickes und richtete seine nächste Bemerkung ausdrücklich an sie: „Mein liebes Kind, du darfst dich ruhig zurückziehen, wenn dir danach ist.“
Ohne ein Wort sprang Hester auf und eilte aus dem Zimmer, ohne zurückzublicken. Lord Lensborough erhob sich langsam und sah Sir Thomas nach, der seiner Nichte zur Tür hinaus
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