Stürmische Begegnung - zauberhafte Eroberung
sich um das Personal zu kümmern, das ohnehin schon unter den Vorbereitungen eines Familientreffens gestöhnt hatte, zu dem auch ihre herrische Tante Valerie erwartet wurde. Aber einem Marquis konnte man natürlich nicht antworten, der Zeitpunkt für einen Besuch sei ungünstig, und dass man diesen ominösen Freund, mit dem er die Weihnachtstage verbracht hatte, nun wirklich nicht auch noch beherbergen konnte, wo das Anwesen schon bis zum Bersten mit allerlei Gästen und ihren Dienern angefüllt war.
Als sie an die eigentlich längst aufgegebenen Tudor-Zimmer im Nordflügel dachte, in denen sie Seine Lordschaft und seinen Freund unterbringen wollte, hatte sie sich ein gehässiges Lächeln nicht verkneifen können. Von ihrer Tante Susan, die dem Marquis bereits begegnet war, wusste sie, dass er von stattlichem Wuchs war – gerade richtig für das „Königinnenbett“. Seine Beine würden meilenweit über den Rand ragen, wenn er sich ausstreckte, und wenn es ihm tatsächlich gelingen sollte, an die stilechten Kissenberge gelehnt einzunicken, würde das Gepolter auf den blanken Dielenböden im darüber liegenden Personaltrakt ihn wieder aufwecken. Sie glaubte nicht, dass er – wie angekündigt – eine ganze Woche bleiben würde. Ein so wohlhabender Mann war sicher verwöhnt. Er musste doch nur mit den Fingern schnippen, um alles, wonach ihm der Sinn stand, auf einem Silbertablett serviert zu bekommen. So jemandem musste man nicht erst begegnen, um sich eine Meinung über ihn zu bilden!
„Das Beste weißt du ja noch gar nicht.“ Hesters grünbraune Augen glühten fast bernsteinfarben vor Wut. „Als ich gerade aus dem Graben krabbelte, baute sein Reitknecht sich vor mir auf und schimpfte mich aus, weil ich die Pferde scheu gemacht und ihren Sieg beim Wagenrennen gefährdet hätte.“
„Nein!“ Empört lehnte Emily sich zurück.
„Und weißt du, was der feine Herr gemacht hat? Den Wagen zurückgesetzt und die Gasse versperrt. Damit sein Freund ihn nicht überholen konnte. Und als sein Reitknecht mir aufhelfen wollte, hat er ihn zurückgepfiffen.“
Hester unterließ es tunlichst, Emily zu erzählen, dass sie auf den Kerl eingedroschen hatte, als sein Herr ihn zurückbeorderte. Ihr Temperament passte zu ihrem roten Haar, und als der Reitknecht sich erdreistet hatte anzudeuten, diese Pferde wären mehr wert als sie, hatte sie ihm mit einer Backpfeife das unverschämte Grinsen auszutreiben versucht, das er sich beim Anblick einer Frau erlaubte, die sich mit nassen, an den Beinen klebenden Röcken aus dem Schlick aufrappelte. Als er dem Schlag lachend auswich, war es mit ihrer Selbstbeherrschung vollends vorbei gewesen. In aller Öffentlichkeit hatte sie seine Schienbeine mit ihren aus dem Leim gehenden Stiefeln traktiert …
Erst die entrüsteten Rufe des Marquis brachten sie zur Besinnung. Sie raffte ihre triefenden Röcke und marschierte zur Kutsche.
„Was fällt Ihnen eigentlich ein?“, fauchte sie. „Hier in diesem Tempo um die Ecke zu biegen – Sie hätten jemanden umbringen können. Hier hätte ein Kind spielen können!“
„Hätte, könnte.“ Er hob eine Augenbraue. „Bleiben wir doch bei den Tatsachen.“
Sein brüsker Tonfall entfachte ihre Wut aufs Neue. „Tatsache ist, dass ich drastische Maßnahmen ergreifen musste, um meine Haut zu retten, und dass alles, was ich in meinem Korb hatte, nun am Grunde dieses Grabens liegt.“
Er streckte sich und musterte sie ausgiebig. „Ganz zu schweigen vom Verlust Ihrer Haube, dem Zustand Ihrer Strümpfe …“
Hester schnappte nach Luft und merkte, wie ihr das Blut in die Wangen schoss. Wann hatte er bloß einen Blick auf ihre zerrissenen Strümpfe erhaschen können? Sie schob sich eine Haarsträhne hinters Ohr und malte sich dabei mit dem verdreckten Mantelärmel einen Strich auf die Wange. Während sie am liebsten im Erdboden versunken wäre, um sich den abschätzigen Blicken des Marquis of Lensborough zu entziehen, brach sein Reitknecht erneut in schallendes Gelächter aus.
„Gott gebe mir Kraft“, seufzte der Marquis und verzog den Mund.
Wie konnte er es wagen, sie von oben herab anzusehen, als wäre sie etwas, das er am liebsten von den Sohlen seiner glänzenden Schaftstiefel gekratzt hätte! Wahrscheinlich musste sein Stiefelknecht das Leder jeden Morgen so lange polieren, bis das überhebliche Gesicht Seiner Lordschaft sich darin spielte. Und dann erst diese eng anliegenden Kniehosen, der Kutschmantel aus edlem Tuch und die geschmeidigen
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