Stürmische Begegnung - zauberhafte Eroberung
folgte.
„Hester“, rief Sir Thomas seiner Nichtee nach, die bereits die Treppe hinaufstürmte.
Mit einem aufgesetzten Lächeln auf den Lippen wandte sie sich um.
Sir Thomas runzelte die Stirn. „Weißt du, Kind, wenn dieser Mensch dir unangenehm ist, brauchst du sein Gehabe nicht zu erdulden.“
„Aber Tante möchte doch, dass wir alle …“
„… vor ihm katzbuckeln, ja.“ Er machte eine wegwerfende Handbewegung. „Doch du hast uns rechtzeitig gewarnt, dass du sein Kommen missbilligst und nichts mit ihm zu tun haben willst. Da meine Töchter ihn unbedingt heiraten wollen, müssen sie sich mit seiner Herrschsucht abfinden, aber du darfst ihn von mir aus gerne zum Teufel wünschen.“
Hesters Lächeln erlosch. „Ach, Onkel, ich habe bereits so schreckliche Dinge zu ihm gesagt; es ist unverzeihlich. Jetzt, da ich weiß, dass du nichts dagegen hast, werde ich mich von ihm fernhalten. Ich glaube, für Julia und Phoebe wäre es am besten, wenn ich mich gar nicht mehr blicken ließe. Ich scheine ihm fast ebenso zuwider zu sein wie umgekehrt. Ich lege es wirklich nicht darauf an, ihn zu provozieren, Onkel Thomas.“
„Ich weiß, es ist wie mit dem roten Tuch und dem Bullen. Die Stimmung wäre zweifellos entspannter, wenn ihr euch voneinander fernhieltet. Sonst halten alle ständig den Atem an und warten auf den nächsten Knall.“ Er lächelte. „Wie wäre es, wenn du morgen nach der Kirche Emily besuchen und den Nachmittag über dort bleiben würdest?“
Hester kam eine Stufe auf ihn zu. „Wird Tante Susan denn ohne mich zurechtkommen? Das Dinner ist ziemlich aufwendig, und ich hatte eine Schatzsuche für die Kinder eingeplant.“
„Bis zu deiner Rückkehr wird schon nichts anbrennen. Die Kinder können ruhig einen Nachmittag bei ihren Nannys bleiben.“
Sofort entspannte sich Hester. „Und das Abendessen …“
„Du musst nicht herunterkommen, wenn du nicht willst. Lass dir ruhig ein Tablett aufs Zimmer bringen. Wenn du ein Schwätzchen mit Henrietta halten willst, kannst du ja eines dieser Mitternachtsfeste organisieren, die ihr als Schulmädchen immer gefeiert habt.“
Hester schüttelte den Kopf. „Onkel Thomas, woher weißt du …?“
„Das fragst du noch? Jeder, der eingeladen war, ist durch die Küche zu deiner Treppe getrapst – und hat dabei Kekse und Marmeladengläser stibitzt!“
Eine Welle der Zuneigung ergriff Hester. Ihr Onkel hatte auf ihre Marotte, absolut niemanden ohne ausdrückliche Einladung in ihren Zimmern zu dulden, stets Rücksicht genommen.
Als ihre Eltern an Typhus gestorben waren und sie nach The Holme gezogen war, hatte sie sich völlig im Stich gelassen gefühlt. Die Zuneigung der Tante und ihrer Kinder kam ihr aufgesetzt vor, und ihr Onkel war ein knurriger Mensch. Doch als sie den Wunsch geäußert hatte, auf den Dachboden umzuziehen, hatte er sie unterstützt. Er hatte wohl gespürt, dass sie ein eigenes Reich brauchte, in das sie sich zurückziehen konnte.
„Das ist keine schlechte Idee, Onkel Thomas. In meinen eigenen vier Wänden handverlesene Gäste zu empfangen ist allemal angenehmer, als mich von einem Menschen verrückt machen zu lassen, der hier unten wie ein Tiger im Käfig herumstreift.“
Ungeheuer erleichtert zog Hester sich zurück.
6. KAPITEL
„Unter all den öden Tagen in diesem gottverlassenen Nest“, murrte Lensborough am nächsten Abend vor dem Tudor-Kamin, nachdem er seinen zweiten Brandy heruntergestürzt hatte, „war dieser Sonntag eindeutig der langweiligste.“
„Ach, ich weiß nicht.“ Stephen streckte seine Füße in Richtung des knisternden Feuers. „Der Gottesdienst war doch amüsant.“
Lensborough warf ihm einen vernichtenden Blick zu.
„Julia hat mir beim Abendessen erzählt, dass die Kirche nicht mehr so voll war, seit die Frau mit dem Schweinegesicht auf dem Weg zum Jahrmarkt von Scarborough hier Halt gemacht hat. Sogar aus den Nachbargemeinden sind die Leute angereist, um einen Blick auf einen echten Marquis zu erhaschen.“
„Wenn du meinst, ich fände es ergötzlich, wie die Hauptattraktion einer Monstrositätenschau begafft zu werden …“
„Und dann erst die Begegnung mit der göttlichen Pfarrerstochter Emily.“ Mit einem lüsternen Grinsen erhob Stephen sein Glas auf sie.
„Großer Gott, du wirst doch nicht …“
„Du hast es ja selbst gesagt: Es gibt hier am Ende der Welt nicht viel anderes zu tun. Du hast mit jeder unverheirateten Dame unter diesem Dach geschäkert … allerdings stehen deine
Weitere Kostenlose Bücher