Stürmische Begegnung - zauberhafte Eroberung
daran gewöhnt, dass die Leute ihm immer alles recht zu machen versuchen.“
„Unsinn; dieser Mann hat keinen Funken Anstand im Leib! Je mehr ich von ihm sehe, desto weniger gefällt mir die Vorstellung, eines meiner Mädchen in die Hände dieses Rüpels zu geben.“
„O nein. Nein.“ Sie griff nach dem Ärmel ihres Onkels. „Bei all seinem schroffen Auftreten und seiner manchmal üblen Laune würde er doch niemals eine Dame schlecht behandeln.“
„Nun, vielleicht nicht absichtlich.“ Er seufzte tief und tätschelte ihre Hand. „Ich muss einräumen, dass du von Anfang an recht hattest, was ihn angeht. Ich hätte ihn nie einladen dürfen.“
„Du kannst doch jetzt deine Einwilligung nicht zurückziehen!“ Sie wirkte tief enttäuscht. „Nur weil er ein bisschen autokratisch auftritt? Gewiss hast du erkannt, dass sich hinter dieser Fassade ein vollkommener Gentleman verbirgt. Einen besseren Ehemann kann sich ein Mädchen gar nicht wünschen! Er ist wohlhabend genug, um Julia alle Wünsche zu erfüllen, und stark genug, um alle Hindernisse aus dem Weg zu räumen, die das Leben für Phoebe bereithält. Ja, ich weiß: Mit Romantik hat er nichts im Sinn, aber wer will denn schon einen Ehemann, der einem ständig seufzend und schmachtend zu Füßen liegt? Nein, ein kluger, vernünftiger Mann gibt einen viel besseren Gatten ab.“
„Klug und vernünftig, ja – aber auch ungeheuer launisch und herrisch!“
„Ja.“ Sie zupfte ihm ein Stäubchen vom Ärmel. „Er hat einen kurzen Geduldsfaden. Aber sie würden sicher schnell lernen, was sie tun müssen, um ihn nicht zu reizen, und er würde sich revanchieren, indem er sie wirklich gut behandelt.“
Sir Thomas nickte bedächtig, als würde er über ihr Plädoyer nachdenken. „Also meinst du, mit einiger Anstrengung könnte man noch einen akzeptablen Gatten aus ihm machen?“
Wie konnte sie ihm nur verdeutlichen, was für ein großartiger Mensch sein künftiger Schwiegersohn war? „Mehr als nur akzeptabel. Ich glaube, wenn sie sich erst einmal an seine Art gewöhnt hat, wird seine Gemahlin die glücklichste Frau der Welt sein.“
„Du liebe Güte, Hester, das nenne ich mal ein Lob! Mir war nicht klar, dass du ihn inzwischen so schätzt.“
Hesters Wangen röteten sich wieder. „Ich hatte wirklich dumme Vorbehalte gegen ihn aufgebaut. Jetzt, da ich ihn kenne …“ Sie sah fort, um sich nicht vollends zu verraten. Sie konnte niemandem anvertrauen, wie viel sie ihm wirklich verdankte, aber ihre Gefühle für den Helden, der sie aus Lionel Snelgroves Fängen befreit hatte, waren zu stark, um sie zu leugnen.
Breit lächelnd zog ihr Onkel sich aus dem Krankengemach zurück. Also hatte sie ihn wohl überzeugt, dass Lord Lensborough seinen geliebten Töchtern kein Haar krümmen würde. Erschöpft sank sie in die Kissen.
Sobald alle zur Kirche aufgebrochen waren und das Haus in Stille versank, fühlte sie sich elend. Sie war ganz allein – wie immer.
Doch dann erinnerte sie sich an die schneidende Stimme, mit der Lord Lensborough sie gefragt hatte, ob sie Lionel wirklich den Gefallen tun wollte, sich nach gelungener Flucht doch noch aufzugeben.
Sie setzte sich abrupt auf. Nein, niemals! Dank Lord Lensboroughs Diskretion glaubten alle, sie habe sich lediglich erkältet. Irgendwann musste sie also aufstehen und ihr normales Leben wieder aufnehmen. Warum nicht gleich?
Nachdem sie sich gründlich gewaschen und ihr Nachtgewand gegen ein sauberes Kleid eingetauscht hatte, fühlte Hester sich schon besser. Doch als sie vor ihrem Frisiertisch Platz nahm und ihr zerzaustes Haar sah, musste sie sich eingestehen, dass man ihm all die Strapazen der letzten Tage deutlich ansah. Sie hätte es gerne gewaschen, aber am Sonntag war niemand da, der ihr heißes Wasser hätte bringen können. Sich selbst in die Küche zu begeben, um etliche Eimer über dem Feuer zu erhitzen, hätte ihre Kräfte überstiegen. Resigniert legte sie die versilberte Büste aus der Hand, tunkte den Kamm in den Wasserkrug und widmete sich der ersten verfilzten Strähne.
Sie kämpfte immer noch mit den Knoten, als Julia ins Zimmer stürmte.
„Hester“, zwitscherte sie, warf ihr die Arme um den Nacken und drückte ihr einen Kuss auf die Wange. „Ich bin ja so glücklich. Ich musste gleich zu dir kommen, um dir zu sagen, dass ich noch nie im Leben so froh war.“
Lord Lensborough hatte sich also endlich aufgerafft. Seltsamerweise wusste sie nicht recht, was sie erwidern sollte. Ihr Kamm blieb
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