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Stürmische Begegnung

Stürmische Begegnung

Titel: Stürmische Begegnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rosamunde Pilcher
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du es wahrscheinlich selbst herausgefunden. Grenville Bayliss. Sagt dir der Name nichts?“
    Ich schüttelte betrübt den Kopf. Es war furchtbar, nie etwas von seinem berühmten Großvater gehört zu haben.
    „Hm, warum sollte er auch? Ich hab dich ja nie in Galerien und Museen geführt. Ich hab überhaupt nie etwas mit dir ge macht, was das betrifft. Es ist ein Wunder, daß du bei all der mütterlichen Vernachlässigung so gut geraten bist.“
    „Wie sah er aus?“
    „Wer?“
    „Dein Vater.“
    „Wie stellst du ihn dir vor?“
    Ich überlegte und dachte auf einmal an Augustus John. „Wie ein Bohemien, bärtig, mit einer Löwenmähne… “
    „Falsch“, sagte sie. „Er war ein ganz anderer Typ. Er war zu erst bei der Navy, und die hat ihn für immer geprägt. Weißt du, er hat erst mit dreißig beschlossen, Maler zu werden. Da hat er seine vielversprechende Karriere aufgegeben und sich beim Slade-Institut eingeschrieben. Es hat meiner Mutter fast das Herz gebrochen. Und dann sind sie nach Cornwall gegangen und haben sich in Porthkerris niedergelassen, für sie schlug das dem Faß den Boden aus. Ich glaube, sie hat ihm nie verziehen, daß er so egoistisch war. Sie hatte für ihr Leben gern in Malta hofgehalten und sich sicher schon ausgemalt, sie wäre die Gattin des Standortkommandanten. Ich muß sagen, er war mit seinen blauen Augen und seinem eindrucksvollen und schneidigen Auf treten wie geschaffen für die Rolle. Er hat übrigens nie aufgehört, sich wie ein Offizier zu benehmen.“
    „Aber du hattest keine Angst vor ihm?“
    „Nein. Ich liebte ihn.“
    „Warum bist du dann nicht wieder nach Hause gegangen?“
    Sie machte ein verschlossenes Gesicht. „Ich konnte nicht. Und ich wollte nicht. Wir hatten einander furchtbare Dinge gesagt, wir alle. Alte Ressentiments und längst vergangene Ereignisse waren an die Oberfläche gekommen, es gab Drohungen und Ultimaten. Je mehr sie gegen mich waren, um so entschlossener wurde ich und um so unmöglicher war es dann zuzugeben, daß sie recht gehabt hatten und daß ich einen furchtbaren Fehler gemacht hatte. Ich meine, später, als dein Vater gegangen war. Au ßerdem… Wenn ich nach Hause zurückgekehrt wäre, wäre ich nie wieder fortgekommen. Das wußte ich. Und du hättest mir nicht mehr gehört, du hättest deiner Großmutter gehört. Das hätte ich nicht ertragen können. Du warst so ein liebes, süßes Ding.“ Sie lächelte und fügte ein bißchen wehmütig hinzu: „Und wir haben doch viel Spaß gehabt, nicht wahr?“
    „O ja, das haben wir.“
    „Ich wäre gern zurückgegangen. Manchmal war ich kurz da vor. Es war ein so schönes Haus. Es hieß Boscarva, und es war ein bißchen wie diese Villa hier, es stand auf einem Hügel direkt am Meer. Als Otto mich hierherbrachte, mußte ich sofort an Boscarva denken. Hier ist es warm, und der Wind ist sanft wie ein Streicheln, aber dort war es wild und stürmisch, und der Gar ten war von Hecken durchzogen, um die Blumenbeete vor dem Wind vom Meer zu schützen. Ich glaube, der Wind war das, was meine Mutter am meisten haßte. Sie machte immer alle Fenster zu und blieb drinnen, spielte Bridge mit ihren Freundinnen oder saß mit ihrem Stickrahmen da.“
    „Hat sie nie etwas mit dir gemacht?“
    „Eigentlich nicht.“
    „Aber wer hat für dich gesorgt?“
    „Pettifer. Und Mrs. Pettifer.“
    „Wer war das?“
    „Pettifer war auch bei der Navy gewesen. Er kümmerte sich um meinen Vater und putzte Silber, manchmal fuhr er auch den Wagen. Mrs. Pettifer war die Köchin. Ich kann dir sicher nicht begreiflich machen, wieviel Sicherheit sie mir gaben. Wenn ich bei ihnen in der Küche am Herd saß, machten sie Toast, und ich hörte, wie der Wind an den Fenstern rüttelte, und wußte, daß er nicht hereinkommen konnte. Es war ein unbeschreibliches Ge fühl der Geborgenheit. Und wir lasen die Zukunft aus den Tee blättern…“ Ihre Stimme erstarb, als hätte die Erinnerung sie überwältigt. Leise fuhr sie fort: „Und dann gab es noch Sophia.“
    „Wer war Sophia?“
    Sie antwortete nicht. Sie starrte in die Flammen und schien irgendwo anders zu sein. Vielleicht hatte sie mich nicht gehört. Endlich sagte sie, sehr leise: „Als meine Mutter gestorben war, hätte ich hinfahren müssen. Es war gewissenlos, es nicht zu tun, aber ich habe leider nicht allzuviel Anstand und Moral mitbekommen. Außerdem gibt es in Boscarva Dinge, die mir gehören.“
    „Was für Dinge?“
    „Ein Sekretär, ich erinnere mich genau an

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