Stürmische Eroberung
böser Mensch."
"Tatsächlich?" fragte sie ungläubig. "Dann trägt er den Spitznamen 'Fuchs' wohl zu Unrecht? Seltsam, man verbindet keine besonders guten Eigenschaften mit diesem Tier. Schläue, Tücke und Blutdurst fallen mir da ein."
Kühl sah er sie an. Es missfiel ihm, dass ein naives Mädchen wie die Schwester den Freund in ein so schlechtes Licht rückte, obwohl sie ihn überhaupt nicht kannte. Das hatte Lucas wahrlich nicht verdient. "Sei vorsichtig, Prudence, bevor du so schlecht von ihm sprichst. Lucas ist mein Freund, und ich bestehe darauf, dass du ihm mit aller gebotenen Höflichkeit begegnest, sollte er uns besuchen."
Prudence senkte den Blick. Offenbar war Thomas diesem Lord Fox sehr zugetan. Die beiden schien etwas ganz Besonderes zu verbinden. Das musste sie wohl hinnehmen. Wenn sie also der Gesellschaft dieses Mannes nicht dauerhaft entfliehen konnte, wollte sie dies um Thomas' willen klaglos ertragen – mögen allerdings musste sie Fox deshalb noch lange nicht. Falls er ihr jedoch weiter nachsteigen sollte, würde er den Tag noch verfluchen, an dem sie einander begegnet waren!
"Ich werde mir Mühe geben, Thomas, das verspreche ich dir", willigte sie ein, obwohl sie wusste, wie schwer es ihr fallen würde, dies Versprechen zu halten. Trotzdem war es ihr ernst damit … im Augenblick zumindest. "Dennoch gefällt mir der Mann nicht. Er ist viel zu sehr von seiner eigenen Großartigkeit überzeugt."
"Prudence." Die Stimme des Bruders nahm einen warnenden Ton an. "Gib nur stets gut auf dich Acht."
"Das werde ich schon. Und jetzt möchte ich mich zurückziehen, Thomas, wenn es dir nichts ausmacht. Die Feier war sehr schön, aber ich bin müde."
Auf dem Rückweg nach Whitehall dachte Lucas immer wieder an Thomas' schöne Schwester. Wie schade – er hatte keine Gelegenheit mehr gefunden, sich von ihr zu verabschieden. Blieb zu hoffen, dass sie bei ihrem nächsten Zusammentreffen versöhnlicher gestimmt sein würde.
Misstrauisch sah er sich in der Dunkelheit um, denn nachts war es gefährlich auf Londons Straßen. Eilig beschleunigte er seine Schritte. Angetan in Samt und mit Juwelen geschmückt musste er auf jeden Dieb und Halsabschneider wie eine Einladung wirken.
Scheinbar grundlos fühlte er sich plötzlich verfolgt und spähte über die Schulter nach hinten. Sofort legte er die Hand an den Säbel. Nein, er irrte sich gewiss nicht, da er sich für gewöhnlich auf seine Eingebungen verlassen konnte. Bestimmt folgte ihm ein Räuber. Teufel, warum hatte er auch Solomon nicht mitgebracht oder zumindest ein Sänfte nach Whitehall genommen. Schon einmal hätte ihn eine solche Unvorsichtigkeit im Dunkel der Nacht fast das Leben gekostet – wenn auch in einer anderen Stadt. Damals hatte er sich eigentlich geschworen, nie wieder so unvorsichtig zu sein!
Schon vernahm er den schwer gehenden Atem seines Verfolgers und hörte, wie ein Dolch aus der Scheide gezogen wurde. Auch er zückte den Säbel, wandte sich um und sah im fahlen Mondlicht eine Klinge aufleuchten. Wie ein Racheengel stürzte Lucas auf den Fremden zu, der ihm zweifellos ans Leben wollte.
Der Mann hatte einen zottigen Bart und hervorquellende Augen, die gefährlich zu funkeln schienen. Glücklicherweise war er nicht der Geschickteste. Bei dem Versuch, dem Schwert seines hoch gewachsenen Gegners auszuweichen, stolperte er, verfing sich mit dem Fuß in einer Wurzel und fiel ächzend auf die Knie. Der Dolch rutschte ihm aus der Hand. Jetzt hatte er gegen Fox keine Chance mehr. Hastig sprang der Halunke auf die Füße und verschwand in einer dunklen schmutzigen Seitengasse, in der die Ratten hausten.
Seufzend steckte Lucas den Säbel in die Scheide, als über ihm eine Rakete explodierte und das Licht tausender silberner Sterne den Himmel erleuchtete. Der Kampf der beiden Männer hatte nur wenige Sekunden gedauert, und keiner der Feiernden auf den Straßen war darauf aufmerksam geworden. Lucas hielt eine Sänfte an und befahl, ihn nach Whitehall zu bringen. Mit gerunzelter Stirn lehnte er sich in dem Polster zurück. Er besaß viele Feinde, aber ihm fiel nur einer ein, der es auf sein Leben abgesehen haben könnte.
Sein Cousin Jeffrey.
Prudence bereitete sich für die Nacht vor und dachte dabei an die vielen Ereignisse dieses aufregenden Tages – insbesondere an die sonderbar widersprüchlichen Gefühle, die Lord Fox in ihr zu wecken vermochte. Sie hatten einander gerade erst kennen gelernt, und schon war es ihm gelungen, Adam
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