Stürmische Eroberung
Arabella. Was allerdings Prudence angeht, bin ich da nicht so sicher. Sei doch bitte so gut und ruf sie zu mir. Ich muss ein ernstes Wörtchen mit ihr wechseln."
Doch zu ihrem Entsetzen schien die Schwester verschwunden. Unverrichteter Dinge kehrte Arabella ins Empfangszimmer zurück, wo Thomas gerade Lord Fox begrüßte, der von Whitehall herübergeritten war. Ihm war es gelungen, für sich selbst und seinen Diener Zimmer im Palast zu sichern. Fox war ihr Nachbar in Marlden Green, wo er auf seinem beeindruckenden Landsitz Marlden Hall lebte, wie Generationen seiner Familie vor ihm. Dennoch hatte Arabella ihn bisher nur einmal persönlich getroffen, und damals war sie noch sehr jung gewesen, so dass sie sich kaum an ihn zu erinnern vermochte. Genau wie Thomas hatte Fox im Alter von zwanzig Jahren Marlden Green verlassen, um auf Seiten des Königs in der Schlacht bei Worcester zu kämpfen, die das Schicksal des Souveräns entschied. Heute jedoch konnte Arabella sich der Ausstrahlung dieses Mannes nicht entziehen. So erging es jedem Menschen, der ihn zum ersten Mal traf. Blieb zu hoffen, dass seine Gegenwart Thomas' Zorn besänftigen würde, wenn sie ihm gleich von Prudence' Verschwinden berichtete.
"Wo steckt Prudence?" fragte der Bruder, als sie wortlos vor ihm stand. Sein scharfer Ton ließ keine Milde erwarten.
"Sie … hält sich nicht in ihrem Gemach auf, Thomas. Eins der Küchenmädchen beobachtete, wie sie vor wenigen Minuten das Haus verließ."
Thomas betrachtete sie derart ungläubig, dass seine Miene beinahe etwas Komisches hatte. "Wie bitte? Willst du mir damit sagen, dass du ihr erlaubt hast, das Haus zu verlassen?"
"Bestimmt ist sie auf dem Weg zur Gärtnerei und besucht Molly. Ich gehe ihr nach." Arabella hatte sich bereits umgedreht, doch Thomas hielt sie zurück.
"Bleib, wo du bist. Ich selbst werde sie wieder einfangen. Nun hat es die kleine Gans wirklich übertrieben! Meine Geduld ist am Ende. Ich werde ihr schon beibringen, wie eine junge Frau aus bester Familie sich zu benehmen hat! Und dafür ist es wirklich allerhöchste Zeit."
Lucas wusste, dass Thomas der kleineren Schwester die Hölle auf Erden bereiten würde, sollte er sie finden. Daher versuchte er, die angespannte Situation zu entschärfen.
"Vielleicht erlaubst du mir, sie wieder herzubringen", schlug er mit ruhiger Stimme vor. "Mein Pferd steht gesattelt hinter dem Haus. Bestimmt brauche ich nur wenige Minuten bis zur Gärtnerei. Außerdem scheinst du kaum in der richtigen Stimmung, um deiner Schwester gegenüberzutreten. Man müsste ja wohl um ihr Leben fürchten, solltest du sie in die Finger bekommen."
Ergeben hob Thomas die Hände. "Ich wäre dir wirklich dankbar, Lucas. Aber lass dir nichts gefallen. Du hast meine Erlaubnis, das starrsinnige Geschöpf nötigenfalls am Schopf nach Hause zu schleifen."
Rasch erklärte Arabella Lucas den Weg zur Gärtnerei, und er eilte hinaus.
Es war noch recht früh am Morgen, so dass Prudence nicht von den Menschenmassen behindert wurde, die sich sonst auf Londons Straßen tummelten. Zweifellos schliefen die meisten Leute noch ihren Rausch aus, nach den Feierlichkeiten des Vorabends. Um sich vor dem beißenden Gestank aus dem Rinnstein zu schützen, hielt sie sich ein parfümiertes Taschentuch vor die Nase. Geschickt wich sie einer vornehmen Kutsche aus, die in Richtung Charing Cross fuhr und von livrierten Dienern begleitet wurde. Offenbar kehrte da jemand spät von den Feierlichkeiten dieser Nacht zurück.
Die Geschäfte hatten noch nicht geöffnet, da ihre Besitzer nach diesem besonderen Freudentag wohl noch im Bett lagen. Aus einer Nebenstraße hörte Prudence den Ruf des Milchmannes, und ein Schornsteinfeger lief an ihr vorbei, über der Schulter den langen Besen. Wasserträger zogen, unter ihrer Last gebückt, von Tür zu Tür.
Schließlich erreichte Prudence am Ende einer schmalen Gasse die Gärtnerei, die von einer hohen Mauer umgeben war. Das Holztor stand offen, also war Mr. Rowan schon bei der Arbeit. Doch als sie den Hof betrat, auf dem er um diese Zeit sonst anzutreffen war, konnte sie niemanden entdecken, außer Will Price. Der goss gerade einige Setzlinge, die in kleinen Tontöpfen steckten; aus den Löchern der irdenen Behälter lief das überflüssige Wasser heraus. Zögernd ging Prudence auf den jungen Mann zu. Sie hätte lieber jemand anderen nach Molly gefragt.
"Hallo, Will." Das Lächeln verging ihr rasch, als sie näher kam. Sonst pflegte Will sie stets
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