Stürmische Eroberung
in vielen Dingen bestens Bescheid. Arabella hat sie in Haushaltsführung unterwiesen, und wie ich höre, ist Prudence außerdem eine gute Reiterin, weiß sich angeregt zu unterhalten und spielt ganz wunderbar Tafelklavier. Ach ja, und sie gilt als ausgezeichnete Tänzerin. Trotzdem, bei eurem Altersunterschied und deiner Erfahrung mit Frauen ist sie im Vergleich noch ein Kind."
"Ich bin neunundzwanzig und dürfte kaum mehr Frauen gehabt haben als du, Thomas." Er lächelte hintergründig. "Kann ich etwas dafür, dass die Damenwelt mich unwiderstehlich findet?" fragte er dann augenzwinkernd. "Also, was hast du sonst noch gegen mich vorzubringen?"
"Deinen Ruf als Frauenheld."
"Bitte, Thomas, du weißt genau, wie gern die Leute da übertreiben. Zumindest während der letzten fünf Jahre war ich alles andere als ein Schürzenjäger", entgegnete Lucas ruhig und tat, als bemerkte er Thomas' neugierigen Blick nicht. "Mir war es ernst damit, dass ich jetzt bereit bin für eine Ehe und ein ruhiges Leben führen will. Ich gedenke meiner Gemahlin treu zu sein, mein Freund."
"Aber warum Prudence? Sicher, du beweist selbstverständlich Geschmack mit deiner Wahl, nur fürchte ich, dass ich sie einem hungrigen Wolf zum Fraß vorwerfen würde."
"Unterschätze nur deine Schwester nicht, Thomas. Sie ist willensstark genug, es mit jedem Mann aufzunehmen – da mache ich keine Ausnahme. Meine Wahl ist nicht unüberlegt oder leichtfertig auf Prudence gefallen. Erlaube mir, einmal ihre schlechten Eigenschaften zu erwähnen, nachdem du mir all ihre Vorzüge beschrieben hast. Ich kenne sie zwar noch nicht lange, aber es ist unübersehbar, dass sie zu Wutanfällen neigt, ja, nennen wir es ruhig Jähzorn. Sie ist eigensinnig und aufmüpfig und braucht einen Mann, der sie zu beherrschen vermag."
Thomas nickte. "Daran hat unser Vater Schuld. Sie war das Nesthäkchen und sein kleiner Liebling. Er las ihr jeden Wunsch von den Augen ab und gestattete ihr viel zu viele Freiheiten. Mutter und ich warnten ihn – aber er lachte nur und erwiderte, wir sollten uns nicht unnötig den Kopf zerbrechen, Prudence würde so schön werden, dass sich niemand darüber ereifern würde, wie stur und eigensinnig sie sein kann." Fragend betrachtete er den Freund. "Und wenn ich dir nun gestatte, sie zur Frau zu nehmen, gedenkst du dann, sie zu zähmen?"
Der spöttische Unterton in Thomas' Stimme entging Lucas nicht. Machte der Freund sich über ihn lustig? "Nein, mein Lieber, es wäre eine Schande, etwas so Vollkommenes ändern zu wollen. Gerade das Temperament und den Mut bewundere ich ja an Prudence. Der Blitz soll mich erschlagen, wenn ich es wagte, ihren Willen zu brechen. Sie ist noch unschuldig, naiv, ja tugendhaft und kennt die üblichen Spielchen einer schönen Frau nicht … Aber warum schüttelst du den Kopf?"
"Möglicherweise wird das nicht mehr lange so bleiben. Arabella und ich wollen sie bei Hofe einführen. Die Schar ihrer Bewunderer wird sich noch prügeln bei dem Versuch, zu mir vorzudringen und um ihre Hand anzuhalten."
"Und alle sind arm wie die Kirchenmäuse", gab Lucas zu bedenken. "Weshalb die ganze Mühe, wenn ich ihr doch meinen Namen und eine herausragende gesellschaftliche Stellung bieten kann? Außerdem verlange ich keinerlei Mitgift. Mein Wunsch, Prudence zu heiraten, hat nichts mit Habgier zu tun. Ich bitte dich, Thomas, was soll all das Gerede noch? Das Land gehört dir, wenn du einem Verlöbnis zwischen mir und deiner Schwester zustimmst. Allerdings sollten wir es noch einige Monate geheim halten – auch vor Prudence, denn es wird mich einige Mühe kosten, sie zu einer Heirat mit mir zu bewegen. Ich will sie nicht verschrecken, bevor sie Zuneigung zu mir gefasst hat."
Unsicher sah er den Freund an, der angestrengt nachzudenken schien, und fügte rasch hinzu: "Ich bin ein reicher Mann, Thomas. Wenn du es wünschst, bin ich bereit, eine Summe deiner Wahl für Prudence auszusetzen. Ich schwöre dir, sie wird keinen Grund zur Klage haben als meine Gemahlin. Du weißt, ich würde sie nie in irgendeiner Form schlecht behandeln. Im Gegenteil. Sie soll die schönsten Kleider tragen und in größtem Luxus schwelgen."
Thomas betrachtete den Freund mit ernster Miene. Auch wenn dessen scharfe Zunge und sein Temperament allgemein gefürchtet wurden, zeichnete ihn doch sein herausragender Mut auf dem Schlachtfeld aus; und seine treue Freundschaft, die Klugheit und ein untrügliches Pflichtbewusstsein hatten ihm zudem viel Bewunderung
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