Stürmische Eroberung
nächsten Tag reisen wir alle zusammen nach London."
"Richtig. Auch ich werde in Kürze dorthin aufbrechen. Wie Sie sehen, werden wir einander bald wiedersehen."
"Tatsächlich?"
"Oh ja, und ich habe nicht vor, Sie aufzugeben, Prudence", erklärte er bestimmt.
"Selbst wenn Sie dann eine Frau hätten, die eigentlich gar nicht Ihre Gemahlin werden wollte?"
Er hob eine Braue und sah sie herausfordernd an. Dann stützte er die Ellbogen auf die Lehnen des Sessels und presste die Fingerspitzen gegeneinander. "Bei unseren Küssen vorhin hatte ich allerdings einen ganz anderen Eindruck. Nein, ich bleibe bei meinen Plänen."
"Aber Sie kennen doch Hunderte von Frauen, die alle noch dazu viel erfahrener sind als ich", erwiderte sie. "Weshalb fiel Ihre Wahl dann ausgerechnet auf mich?"
"Ich will keine andere, sondern nur Sie, Pru. Kein Mann könnte Ihnen widerstehen. Sie haben mich vollkommen verzaubert, und ich begehre Sie mehr, als ich auszudrücken vermag." Bei diesen Worten wandte er keine Sekunde den Blick von ihr.
Sie konnte ihm nicht standhalten und sah zur Seite. "Sie übertreiben", flüsterte sie dann. "Lucas, Sie können mich nicht zwingen, Sie zu heiraten, wenn ich es nicht wünsche – selbst wenn Sie mich zum Altar schleifen würden."
"Das dürfte kaum nötig werden", versicherte er.
"Was wird aus den fünfzig Acre Weideland, falls ich Ihren Antrag ablehne?" fragte sie zögerlich.
"Falls? Soll das heißen, Sie ziehen eine Ehe mit mir doch ernsthaft in Betracht?"
"Das ist ein wichtiger Schritt im Leben", versuchte sie abzulenken, "den man nicht leichtfertig machen sollte. Selbstverständlich will derlei wohl überlegt sein."
"Nun, dann lassen Sie mich Ihre Frage ehrlich beantworten. Wenn Sie meinen Antrag ablehnen, werde ich Thomas anweisen, seine Kühe wieder von dem Land zu treiben. Er bekommt es nur, wenn Sie einwilligen", sagte er ruhig.
"Werden Sie es ihm denn später verkaufen?"
"Das Land wird Ihrer Familie nur dann wieder gehören, wenn Sie meine Gemahlin werden. Sonst nicht. Und Sie wissen ja, wie sehr Ihr Bruder sich wünscht, es zurückzuerlangen. Wie es wohl sein wird, bei ihm auf Willow House zu leben und daran schuld zu sein, dass er auf die Weidegründe verzichten muss? Falls Ihnen das Land aber wirklich so gleichgültig ist, wollen wir uns darüber nicht länger den Kopf zerbrechen."
Danach verloren Sie kein weiteres Wort mehr über die fünfzig Acre. Doch Prudence fühlte sich jetzt schuldig und betrübt.
Wenig später wünschte sie Lucas eine gute Nacht und verabschiedete sich. In dem für sie hergerichteten Gästezimmer kleidete sie sich rasch um. Das Gewitter schien endlich weiterzuziehen, aber es regnete noch immer in Strömen. Seufzend legte sie sich zur Ruhe. Eigentlich hatte sie damit gerechnet, sofort in einen tiefen Schlaf zu fallen, doch stattdessen quälten sie wirre Träume, sobald sie leicht einschlummerte – Träume, in denen immer wieder ein großer dunkelhaariger Mann auftauchte, der sie verfolgte.
Kurz nach Mitternacht wurde sie wach und schreckte auf. Was mochte sie geweckt haben? Zu ihrem Entsetzen erkannte sie bei der Tür die Silhouette eines Mannes. Ängstlich setzte sie sich auf und zog die Bettdecke bis zum Kinn. Die riesenhafte Gestalt schien plötzlich das ganze Zimmer auszufüllen. Jetzt trat sie zu ihr ans Bett. Prudence bekam kaum noch Luft und war kurz davor, ohnmächtig zu werden. Obwohl sie sein Gesicht nicht erkennen konnte, wusste sie, wer da vor ihr stand: Lucas selbstverständlich.
Er trug einen flammenroten Seidenmantel, und sie ahnte, dass er darunter nackt war. Unwillkürlich stellte sie sich seinen muskulösen, braun gebrannten Körper vor. Ihr war, als könnte sie die Blicke förmlich auf der Haut spüren, mit denen er sie zu entkleiden schien. Sie fühlte sich wie ein Kaninchen vor der Schlange, unfähig, auch nur einen Finger zu rühren. Doch trotz des Schreckens über diesen unerwarteten Besuch merkte sie, wie ihr warm wurde …
"Fürchtest du dich?" fragte er rau.
Einen Augenblick lang sah sie ihn nur sprachlos an. Himmel, sie war ihm völlig ausgeliefert! "Nein, aber gehen Sie jetzt bitte wieder, Lucas", flüsterte sie schließlich verzweifelt und rutschte ein wenig nach hinten, um mehr Abstand zu ihm zu gewinnen.
Statt zu antworten, setzte er sich aufs Bett. Prudence konnte ihn jetzt besser erkennen. Auf seinen Zügen lag ein Ausdruck, wie sie ihn nie zuvor an Lucas bemerkt hatte. Ja, in den dunklen Augen schien es zu funkeln. Sanft
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