Stürmische Eroberung
Gewitter hatte sich endgültig verzogen, und die Sonne schien wieder heiß von einem azurblauen Himmel herab. Der Boden war noch immer durchnässt, und überall glitzerten Pfützen.
Als sie Lucas erblickte, der die beiden schönen Pferde am Zügel führte, hielt sie einen Augenblick den Atem an. Er sah aber auch zu verführerisch aus mit den schwarzen Locken, die im Sonnenlicht wie schimmerndes Ebenholz aufleuchteten. Sie zwang sich, den Blick von ihm abzuwenden, stieg die Stufen hinab und richtete ihre Aufmerksamkeit auf ihr schönes Fuchsmädchen.
"Wollen Sie mir das Pferd noch immer zurückgeben?"
Unentschlossen stand sie da.
"Sie sind mir böse, nicht dem Pferd, Prudence. Was auch immer zwischen uns beiden vorgefallen sein mag, Sie sollten Fuchsmädchen dennoch annehmen. Obwohl sie ein Geschenk von mir ist. Außerdem", ergänzte er und strich der Stute über die Mähne, "ist das arme Tier so vernarrt in Sie, dass es sonst wahrscheinlich furchtbar leiden würde."
Fuchsmädchen spitzte die Ohren, als sie ihren Namen hörte, und wieherte Prudence leise zu. Liebevoll schmiegte sie die Wange an den seidigen Hals des Pferdes, unfähig, diesem schönen Tier zu widerstehen.
"Zum Teufel mit Ihnen, Lucas Fox. Sie wissen genau, dass ich es nicht übers Herz bringe, die Kleine aufzugeben. Nun gut, diesmal haben Sie gewonnen. Es war wirklich ein übereilter Entschluss, das Pferd zurückgeben zu wollen."
Zärtlich hauchte sie einen Kuss auf die weichen Nüstern und merkte daher nicht, dass Lucas zufrieden lächelte.
Während sie nach Willow House ritten, waren beide ausgesprochen schweigsam. Als sie schließlich die Brücke im Dorf erreichten, sah Prudence, dass der Wasserstand nicht höher war als sonst auch. Es hatte gestern also gar keine Überschwemmung gegeben, die Prudence' Rückkehr unmöglich gemacht hätte. Sie musste unwillkürlich leise lachen.
Lucas zügelte sein Pferd, bevor Willow House hinter der nächsten Kurve in Sicht kam, und bedeutete auch ihr zu halten.
"Weshalb denn? Warum reiten wir nicht weiter?" fragte sie ängstlich.
"Bevor Sie Ihrem Bruder gegenübertreten, sollten wir uns ein wenig unterhalten."
"Oh! Worüber denn?"
"Prudence, wir dürfen nicht so tun, als wäre gestern Nacht nichts vorgefallen zwischen uns."
Sie hob den Kopf und sah ihm peinlich berührt in die Augen. "Ich … ich habe Sie nicht um Ihren Besuch in meinem Schlafzimmer gebeten, Lucas. Vielmehr haben Sie sich mir aufgedrängt!"
Amüsiert hob er die Brauen. "Wie bitte? Ich mag ja unaufgefordert zu Ihnen gekommen sein, aber ich kann mich nicht daran erinnern, dass ich Sie zu irgendetwas hätte zwingen müssen. Tatsächlich war ich sogar recht überrascht, mit welcher Heftigkeit sie meine Zärtlichkeiten erwiderten. Ja, geradezu geschmolzen sind Sie in meinen Armen, falls ich so sagen darf. Vor Leidenschaft haben Sie jegliche Beherrschung verloren. Verstehen Sie mich nicht falsch", sagte er sanft. "Das mache ich Ihnen keinesfalls zum Vorwurf. Im Gegenteil! Ich habe jeden Augenblick genossen. Aber eins ist doch nur zu offensichtlich – Sie begehren mich, Prudence." Er schenkte ihr ein wissendes Lächeln. "Versuchen Sie nur nicht, es zu leugnen."
Schweigend erwiderte sie seinen Blick. Sie musste an die vergangene Nacht denken, an seine Zärtlichkeit, sein Verlangen und seine Selbstbeherrschung am Ende. Wäre es nach ihr gegangen, hätte sie ihm gern ihre Jungfernschaft geschenkt, damit er sie auf der Stelle liebte – genau wie unzählige Frauen vor ihr. Am liebsten hätte sie all das abgestritten, ihn beschimpft und gedemütigt, aber es wäre ja doch nur Lüge gewesen.
"Ja, ja, ich begehre Sie", gab sie also wütend zu. "Aber ist es Ihnen denn unmöglich zu begreifen, dass etwas in mir Sie dennoch nicht will? Ich hasse mich, weil ich es genossen habe, wie Sie mich gestern Nacht berührten. Ich verstehe das alles nicht, und es ist mir unerträglich, dass ich so zu fühlen vermag."
Sanft streichelte er ihr über die Wange, froh, da sie nicht vor ihm zurückzuckte. "Arme kleine Pru. Aber dafür gibt es gar keinen Grund. Diese Empfindungen könnten ein wunderbarer Schatz sein, wenn Sie es nur zulassen."
"Ich weiß", flüsterte sie kaum hörbar und mit gesenktem Kopf.
"Kämpfen Sie nicht weiter gegen mich an, Liebste. Am Ende werden Sie mir und Ihren Gefühlen ja doch nachgeben müssen."
Mit neu gefasstem Mut sah sie ihn an. "Warum sind Sie sich da eigentlich so sicher, Lucas? Wie arrogant von Ihnen. Wird es Ihnen denn
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