Stürmische Eskapaden - Lady in Waiting (Featherton 2)
zu sein vorgeben.«
Callum gab sie aus seiner Umarmung frei und starrte sie ungläubig an. »Ich gebe nichts vor. Wahrheit und Ehrlichkeit bedeuten mir alles. Ihnen habe ich mein Leben verschrieben.«
»Dann seien Sie ehrlich zu sich selbst.« Sie bannte ihn unerschrocken mit ihrem Blick, wohl wissend, dass die Worte, die
sie gleich aussprechen würde, sie beide erschüttern würden. »Sie brauchen mich, und ich bin für Sie da. Doch im Gegensatz zu allen anderen, die Ihnen in Ihrem Leben am Herzen gelegen haben, werde ich Sie nicht verlassen.«
Ihre Worte schienen ihn wie ein Blitzschlag in seinem Inneren getroffen zu haben. Er starrte sie bestürzt und sprachlos an, bevor er sich umwandte und allein in Richtung des Herrenhauses davonging.
Was hatte sie getan?
Jenny drehte sich zu der Gartenmauer um und legte den Kopf auf ihre verschränkten Arme. Als sie Callum versicherte, sie würde ihn nicht verlassen, war es ihr von ganzem Herzen ernst damit gewesen.
Zu spät erkannte sie jetzt, dass ihre Worte, so rein ihre Absichten auch sein mochten, ein Fehler gewesen waren.
Denn auch wenn sie vorgehabt haben mochte, Callum zur Seite zu stehen, ihn zu trösten, ihn … wagte sie es, diesen Gedanken zuzulassen? … zu lieben , würde er sie doch nie akzeptieren.
Nicht, wenn ihre gesamte Beziehung auf einer Lüge gründete - das Einzige, was Callum niemals dulden könnte.
Sie hob ihren Kopf, strich sich eine Locke aus dem Gesicht und fühlte zu ihrer Überraschung Tränen auf ihren Wangen.
War es zu spät, alles einzugestehen und zu hoffen, dass er ihr vergeben könnte? Oder war es zu früh - denn obgleich sie sich in Argyll verliebte, konnte sie nicht sicher sein, dass seine Gefühle für sie ebenso tief waren.
Ach, was sollte sie nur tun?
»Jenny? Was hast du denn?«
Jenny wandte den Kopf um und sah Meredith direkt hinter sich stehen. Ihr kupferfarbenes Haar leuchtete im hellen Sonnenschein.
Jenny setzte ein hoffnungsvolles Lächeln auf, wissend, dass sie Meredith oder den Feathertons nichts von all dem sagen durfte. Sie würden nur versuchen zu helfen, jede auf ihre eigene fehlgeleitete Weise.
Nein, Jenny musste ihren eigenen Weg finden, wenn sie die geringste Hoffnung haben wollte, ihre beginnende Beziehung mit Callum zu retten.
Und so hakte sie sich wortlos bei Meredith unter und schlenderte mit ihr auf der Auffahrt entlang zu den Kutschen zurück.
Die Rückfahrt nach Bath am frühen Nachmittag war grauenhaft, zumindest für Jenny. Ein schmaler Streifen grauer Wolken am Horizont hatte Callum veranlasst, ein vorzeitiges Ende ihres Picknicks zu empfehlen. Jenny wusste natürlich, dass das angeblich drohende Gewitter nur eine Ausrede war, den Ausflug schnellstens zu beenden. Die Wolken waren so hauchzart wie ihre alte Spitzenchemise und gänzlich außerstande, ein Gewitter von der Größenordnung zu bringen, wie Callum es den Feathertons gegenüber angedroht hatte.
Und wenn sie irgendeinen Zweifel an seinen wahren Absichten gehegt hätte, was sie nicht tat, dann wurde alles sonnenklar, als Callum erklärte, dass er beim Kutscher auf dem Bock sitzen würde, so dass Jenny mit Meredith im Verschlag allein war.
Als sie am Haus der Feathertons eintrafen, verabschiedete Lord Argyll sich höflich, doch knapp von Jenny, bevor er sich zu seinem eigenen Haus aufmachte.
»Stimmt zwischen euch beiden alles?«, erkundigte sich Lady Viola, als sie das Haus betraten und dem Lakaien ihre Umhänge reichten.
Jenny sah zu den beiden alten Damen, die gespannt auf ihre
Antwort warteten. Da sie ihren Hang zum kreativen Ehestiften der ausgefallensten Art kannte, konnte sie ihnen unmöglich die Wahrheit sagen, doch ebenso wenig wollte sie lügen. Also entschied sie sich für das Nächstbeste - die Halbwahrheit.
»E-er hat mich geküsst«, sagte sie so züchtig wie möglich. »Ich vermute, ich bin deshalb immer noch etwas verstört.«
Die Feathertons sahen einander begeistert an und strahlten dabei über das ganze Gesicht.
»Du musst in den Salon kommen und uns alles darüber erzählen!« Lady Viola fasste Jenny am Arm und zog sie mit sich.
»Nein, Mylady, bitte .« Jenny blieb eisern. »Meine Sinne sind noch ganz verwirrt, und ich brauche eine Weile, um die übermächtigen Gefühle zu verstehen, die in mir tosen. Macht es Ihnen etwas aus, wenn wir uns später unterhalten … nachdem ich etwas Zeit hatte, mich zu fassen?«
Lady Letitia bewegte sich auf ihren Gehstock gestützt vorwärts und drückte Jenny fest an
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