Stürmische Eskapaden - Lady in Waiting (Featherton 2)
Mutter blitzte sie an, und einen Moment lang war Jenny überzeugt davon, dass sie ihr antworten würde. »Das geht
dich nichts an«, raunzte ihre Mutter jedoch, und dann drehte sie sich auf dem Absatz um und verließ Jennys Kammer.
Jenny saß noch immer sprachlos in dem abkühlenden Badewasser, als Erma mit dem Bestellkorb in die Kammer kam und diesen achtlos auf den Boden plumpsen ließ.
»Als es angefangen hat zu schneien, hat Mrs. Penny deinen Korb hereingeholt, aber er ist mir in der Küche im Weg, deshalb bringe ich ihn dir, Miss Geldbeutel … oder sollte ich sagen Lady Eros ?«
Jenny verzog das Gesicht. »Du erwähnst besser keinen der Namen je wieder, wenn du weißt, was gut für dich ist.«
Erma verschränkte die Arme vor der Brust. »Ich hab keine Angst vor dir, Jenny.«
»Ach wirklich?«
»Jawohl, weil ich nämlich weiß, dass nur ein paar Worte gegenüber den Zeitungsfritzen nötig sind, die hier herumgeschnüffelt haben - zumindest habe ich gehört, dass sie von der Zeitung waren -, und dann ist es mit dem Große-Dame-Spielen aus und vorbei.«
Jenny schaute auf die Perlenohrringe, die unter Ermas Haube hervorbaumelten, und ein verschlagenes Lächeln kräuselte ihre Lippen. »Wenn durch dein Zutun meine Identität preisgegeben werden würde, dürfte das Mr. Bartleby gar nicht gefallen. Er könnte sich sogar genötigt sehen, alle Geschenke zurückzufordern, die er dir als Gegenleistung dafür gemacht hat, dass du ihm Zugriff auf meine Prickelcreme verschafft hast.«
Erma griff panisch an ihre Ohrringe. »Du würdest nicht wagen, es ihm zu sagen.«
»Natürlich würde ich. Falls mir keine andere Wahl bliebe.«
»Du bist gemein, Jenny Penny.«
Jenny machte ein betont unschuldiges Gesicht. »Ich bin
überhaupt nicht gemein, Erma. Aber ich bin eine kluge Geschäftsfrau, die um jeden Preis ihre Interessen schützt. Ich könnte mir vorstellen, dass du mich lieber als Verbündete statt als Feindin haben möchtest.«
Jenny musterte die Küchenmagd. Erma stellte eine wirkliche Bedrohung dar. Und obgleich Jenny sich keinen Pfifferling um ihren Cremehandel scherte, musste sie doch gestehen, dass das Einkommen sehr, sehr nett war. Nichtsdestotrotz könnte ihre Entlarvung als Lady Eros etliche Menschen tief verletzen, einschließlich der Feathertons … und Callum. Der Gedanke versetzte ihr einen Stich ins Herz.
Dann hatte sie einen Gedankenblitz. Sie setzte für die Küchenmagd ein strahlendes Lächeln auf. »Erma, wie würde es dir gefallen, dir ein bisschen Geld zu verdienen?«
Am nächsten Tag stellte Jenny sich still und leise neben ihre Mutter vor den fein gedeckten Frühstückstisch, nachdem sie von den Featherton-Ladys, die gerade erst von ihrer Rückkehr nach Hause erfahren hatten, herbestellt worden war.
Lady Letitia, die Jennys Kommen nicht bemerkt hatte, setzte sich ihre Lorgnette auf die Nase und streckte die Hand, in der sie die Zeitung hielt, auf Armeslänge aus. »Ich muss schon sagen, es ist beinahe so, als würde man in London leben. Ich hätte niemals geglaubt, dass es innerhalb der Stadtmauern von Bath so viel Dieberei und Gewalt geben würde.«
Lady Viola trank einen Schluck heiße Schokolade und nickte zustimmend. »Gerade erst letzten Donnerstag hat man Lady Avery einen Schlag auf den Kopf gegeben und ihr all ihre Ringe von den Fingern gestohlen. So ist es passiert, so wahr ich hier sitze. Ich habe die Platzwunde an ihrer Stirn gesehen, und ich schwöre, sie war so lang wie mein kleiner Finger.« Sie reckte ihren kleinen Finger in die Luft. »Und es ist
direkt vor den Upper Assembly Rooms geschehen, was soll man dazu sagen? Und beim Fest der Ashs am Montag wurde die Schmuckschatulle der Countess aus ihrem Schlafzimmer gestohlen. Aus ihrem eigenen Schlafzimmer . Das muss man sich nur mal vorstellen.«
Lady Letitia seufzte tief. »Es ist ein Dieb unter uns, so viel steht fest.«
»Oh ja. Beängstigend, einfach beängstigend. Mir wird ganz blümerant zumute, wenn ich nur über diese Schrecken rede.« Lady Viola fuchtelte matt mit der Hand. »Mrs. Penny, mein Riechsalz bitte.«
Während Jenny den beiden alten Damen zuhörte, kreisten ihre Gedanken um den kleinen Mann, den sie außerhalb der Trinkhalle und dann später an der Abteikirche gesehen hatte.
Er war klein genug, um sich unbemerkt an einer Person vorbeizustehlen, die Treppe hinaufzuschlüpfen und sich mit einem Vermögen an Juwelen davonzumachen.
Sie fragte sich von neuem, ob der Magistrat von ihrer Enthüllung
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