Stürmische Eskapaden - Lady in Waiting (Featherton 2)
erfahren sollte, denn wenn der kleine Mann dort bereits bekannt wäre, würde er sich wohl kaum ungestört im feinen Bath herumtreiben und Schmuck klauen können, oder? Sie sollte ihn wirklich der Obrigkeit melden.
Aber wäre es nicht besser, wenn sie zuerst die Juwelen finden würde, die er gestohlen hatte, um diese dann mit ihm zusammen den Konstablern zu übergeben? Dann wäre sie eine Heldin, und man würde ihr zu Ehren eine Parade abhalten. Selbstverständlich wären alle so dankbar für ihr beherztes Handeln, dass man ihr wahrscheinlich das eine oder andere Schmuckstück als Anerkennung schenken würde.
Außerdem könnte sie ein paar Guineen oder ein Juwel gut gebrauchen, falls sie tatsächlich schwanger war - aber das war natürlich noch nicht sicher.
»Ah, Jenny, da bist du ja. Komm und setz dich.« Lady Viola klopfte einladend auf den leeren Stuhl neben sich.
Jenny schaute jammervoll zu ihrer Mutter, die ihr einen verdrossenen Blick zuwarf, während sie ein elegantes Riechfläschchen aus Silber und Kristall vor ihre Ladyschaft stellte und sich dann höflich aus dem Zimmer zurückzog.
»Lord Argyll hat uns Nachricht über deinen tragischen Unfall zukommen lassen, doch Mrs. Penny hat uns gesagt, dass du inzwischen wieder völlig wohlauf bist. Du besitzt offensichtlich eine gute Konstitution, da du das Ganze überlebt hast, ohne auch nur eine Erkältung zu bekommen.«
»Ja, Mylady.« Jenny brachte es einfach nicht über sich, ihre Augen zu heben und ihre Herrschaft anzuschauen. Sie wusste, wenn sie es täte, würde sie wieder in Tränen ausbrechen. Himmel, sie hatte sich alle Mühe gegeben, den Schmerz über Callums Verrat aus ihren Gedanken zu verbannen. Und es war ihr sogar eine volle Viertelstunde lang gelungen, an andere Dinge zu denken. Verflixt . Die beiden alten Damen würden die ganze hässliche Geschichte wieder ans Licht zerren.
»Ach, Liebes. Was für ein betrübtes Gesicht du machst.« Lady Letitia schnalzte missbilligend. »Viola, ich glaube, unser Mädel ist nicht annähernd so glücklich, wie sie uns glauben machen will. Schau dir das arme Ding doch nur an.«
Heißes Blut schoss in Jennys Wangen, als sie spürte, wie zwei blassblaue Augenpaare sie musterten.
»Oje, du hast recht, Letitia.« Lady Viola stellte ihre Tasse zurück auf die Untertasse und beugte sich zu Jenny. »Hat Lord Argyll dir nicht in der Weise den Hof gemacht, wie du es dir erhofft hast, als ihr zu eurem Spaziergang in Sydney Gardens aufgebrochen seid?«
»Oh doch, Mylady. Er hat weit mehr getan, als ich mir je erträumt hätte.« Jenny schaute vom Fußboden auf und sah, wie die beiden alten Damen besorgte Blicke austauschten.
»Mein liebes Kind«, begann Lady Viola zögernd. »Willst du damit sagen, dass er … nun, ihr beide habt doch gewiss nicht …«
Doch Jenny nickte bereits. Was nützte es, die beiden anzulügen? Wenn sie tatsächlich schwanger war, würden sie es schließlich sowieso bald erfahren. Im Featherton-Haushalt blieben Geheimnisse nicht lange geheim. Himmel, es erstaunte sie, dass sich ihr Cremehandel noch nicht bis zur Herrschaft herumgesprochen hatte.
Die Feathertons seufzten bestürzt im Chor, dann herrschte bedrücktes Schweigen, während sie sich Jennys stummes Eingeständnis durch den Kopf gehen ließen.
»Er hat hinterher selbstverständlich um deine Hand angehalten. Ja, selbstverständlich hat er das.« Lady Viola strahlte und klatschte begeistert in die Hände. »Wann können wir mit den Vorbereitungen für die Hochzeit beginnen?«
Doch Jenny starrte sie nur stumm an.
Lady Letitia hob ihre Hand und gebot dem freudigen Überschwang ihrer Schwester Einhalt. »Oje. Wie es scheint, ist unser Lord Argyll nicht ganz zu dem Gentleman herangewachsen, wie wir es uns erhofft hatten.« Sie beugte sich so dicht zu Jenny, dass ihre Nasen beinahe zusammenstießen. »Liebes, nachdem ihr beide … nun, was genau hat er zu dir gesagt? Vielleicht hast du ihn nur missverstanden.«
Jenny atmete tief aus, und ein leises Schluchzen stahl sich über ihre Lippen. »Nein, Mylady. Leider hat er sich klipp und klar ausgedrückt. Ich glaube, seine genauen Worte waren: ›Ich kann dich nicht heiraten‹.«
Lady Letitia nickte, als wäre ihr schlagartig alles klar. »Ah, das ergibt schon mehr Sinn. Du hast ihm das Geheimnis deiner wahren Position in unserem Haus verraten.«
»Nein, Mylady. Er hält mich noch immer für Lady Genevieve.«
»Aber warum will er dich dann nicht heiraten?«, fragten die beiden
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