Stürmische Eskapaden - Lady in Waiting (Featherton 2)
als sie ihre hübsche neue Pelisse streichelte, verloren sich die Schuldgefühle ebenso schnell, wie sie aufgetaucht waren.
»Molly! Molly!«, schrie eine Frauenstimme von der anderen Seite der Tür.
Molly riss entsetzt die Augen weit auf. »Das ist meine Herrin. Was sollen wir nur tun?«
Jenny sprang auf und schaute sich eilig in der Kammer um. Es gab keinen Fluchtweg. Keine Fenster. Nicht einmal einen Kleiderschrank, indem man sich verstecken könnte.
»Mach die Tür auf!«, ertönte die kreischende Stimme der Witwe von neuem.
Sowohl Molly als auch Jenny hielten angstvoll den Atem an.
»Also schön …« Die Tür schwang auf, und die Witwe stürmte herein. Ihr Blick schweifte von Molly zu Jenny.
»Wer sind Sie?«, verlangte sie zu wissen. Doch dann musterte sie Jenny eingehender, und ihre Miene wurde freundlicher. »Moment mal. Ich kenne Sie!«
»Ich … ich …« Gütiger Himmel. Sie würde gleich ohnmächtig werden. Schweißperlen sammelten sich an ihren Schläfen, und das Blut rauschte in ihren Ohren.
Die Witwe betrachtete Jennys cremefarbenes Musselinkleid mit den kleinen aufgestickten Zweigen aus Goldzwirn am Saum. Es war eindeutig nicht das Gewand einer Kammerzofe. Verflixt ! Warum hatte sie sich nicht umgezogen und war in ihrem schlichten braunen Kleid und mit ihrer weißen Haube über ihrem perfekt frisierten Haar nach nebenan gegangen?
Lauf weg , schrie ihre innere Stimme. Lauf einfach weg ! Ihr blieb keine andere Wahl, also klemmte sich Jenny ihre Pelisse unter den Arm und hielt auf die Tür zu. Wenn es sein musste, konnte sie sich an der spindeldürren Witwe vorbeidrängen.
Lady McCarthy würde wohl kaum ein solch kühnes Manöver erwarten.
Doch als sie näher kam, breitete sich ein Lächeln auf dem spitzen Gesicht der Witwe aus, und sie streckte Jenny ihre Hand hin. »Lady Genevieve«, säuselte sie. »Wie schön, Sie zu sehen.«
Jenny blieb knapp vor der Witwe stehen. Sie zwang sich, ihre zitternde Hand auszustrecken und knickste manierlich, während sie zu Lady Genevieve wurde.
Plötzlich runzelte die Witwe ihre Stirn. »Aber was machen Sie hier … bei meiner Zofe?«
»Ich … ich …« Jenny suchte hektisch nach einer Ausrede und fand schließlich wie durch ein Wunder eine plausible Erklärung in dem Durcheinander in ihrem Kopf. »Diese Knöpfe mussten an meine Pelisse angenäht werden.«
Mehr, Jenny. Es braucht noch etwas mehr .
»Aber nachdem ich hörte, dass Sie von der völlig verrückten Kammerzofe der Feathertons gestochen wurden, nun ja, da fürchtete ich um mein Leben, wenn ich ihr meine Bitte unterbreiten würde.« Sie wartete kurz, unsicher, ob die Witwe ihre Lüge schlucken würde.
Die Witwe machte große Augen. »Ja, ja! Sie ist verrückt, diese Zofe. Ich konnte tagelang nicht gehen, nachdem sie mich in den Knöchel gestochen hatte - bis auf den Knochen , sage ich Ihnen. Können Sie sich das vorstellen?«
Was für eine gemeine Lügnerin . Jenny hatte sie schließlich noch am selben Abend beim Feuer-und-Eis-Ball tanzen sehen!
»Ich erinnerte mich daran, wie freundlich Sie mir gegenüber gewesen waren, und da ich die Pelisse noch heute brauchte - denn es ist wirklich ein bitterkalter Abend -, bin ich vorbeigekommen, um Ihre Zofe zu bitten, ob sie vielleicht die neuen Knöpfe für mich annähen könnte. Und sie hat es getan.«
Jenny drehte sich zu Molly um und drückte ihr die Guinee in die Hand, sorgsam darauf bedacht, die Finger des Mädchens über die Münze zu legen, damit ihre Herrin deren Wert nicht erkennen konnte. »Dieser Shilling ist für dich, Molly, weil du mir so flink zu Diensten warst.«
»Ein ganzer Shilling für das Annähen von ein paar Knöpfen?« Die Witwe schien bestürzt. »Das ist bei weitem zu viel. Molly, gib das Geld zurück.«
Jenny hielt abwehrend ihre Hand hoch. »Madam, ich bestehe darauf. Und ich muss sagen, es ist wirklich löblich, wie gut Sie Ihre Domestiken unterwiesen haben. Denn obgleich ich gedrängt habe, haben sie darauf bestanden, dass ich Sie nicht störe, da Sie einen hoch geschätzten Gast erwarteten.«
Die Witwe errötete. »Ähm … ja. Ein … nur ein Gentleman, mit dem ich bekannt bin.«
Jenny lächelte sie an. »Wirklich? Nun, er muss recht attraktiv sein, denn Sie sehen heute Abend geradezu blühend aus.«
Die ältere Frau lachte verlegen und schaute auf ihr orangerotes Kleid, zu dem sie einen ausgesprochen matronenhaften grünen Turban trug. Sie sah aus wie eine riesige Apfelsine.
»Ach, er ist ganz ansehnlich,
Weitere Kostenlose Bücher