Stürmische Eskapaden - Lady in Waiting (Featherton 2)
halb im Flur und schrie bei jedem zweiten Schritt nach ihrer Schwester. »Letitia! Letitia , komm schnell, Schwester! Wir stecken in Schwierigkeiten. Riesigen Schwierigkeiten!«
13
Binnen weniger Minuten hatten die beiden Feathertons sich in ihre Umhänge gehüllt und stürmten so schnell sie eben konnten aus der Haustür hinaus.
Jenny und Meredith eilten ins Vestibül, um die beiden alten Damen einzuholen. Doch stattdessen schnappten sie nur noch vereinzelte Worte auf, die durch die silbernen Nebelschwaden in der eisigen Abendluft drangen.
»Keine Sorge, Viola, sie wird uns nicht bei dieser Kälte die Tür weisen. Und dann bleiben wir einfach, bis Argyll sich verabschiedet«, erscholl Lady Letitias Stimme, während die beiden auf das Haus der Witwe zusteuerten.
»Was meinen Sie, was los ist?«, fragte Jenny Meredith, in der Hoffnung, dass sie bei ihrer Neigung, rein zufällig private Unterhaltungen zu belauschen, vielleicht die eine oder andere erhellende Bemerkung aufgeschnappt hätte.
Merediths blaue Augen funkelten im Kerzenlicht wie Saphire, und Jenny wusste sogleich, dass sie sich nicht geirrt hatte. Meredith wusste etwas.
»Die Witwe ist gestern vorbeigekommen und wollte dringend mit meinen Tanten sprechen. Als ich mich zum Fünf-Uhr-Tee dazusetzte, machte sie sehr deutlich, dass sie mit meinen Tanten eine persönliche Angelegenheit zu besprechen hatte, und das schloss mich nicht mit ein.« Meredith sah mit erbostem Blick zu Jenny.
Also reagierte Jenny so, wie Meredith es offenkundig von ihr erwartete. »Wie unglaublich unhöflich! Sie einfach aus dem Salon Ihrer Tanten hinauszuwerfen.«
Meredith grinste spitzbübisch. »Ich konnte ihr selbstverständlich nicht die Genugtuung lassen, mich wie ein kleines Kind zu behandeln, also habe ich den Salon verlassen, bin den Flur hinunter gegangen und schnurstracks ins Esszimmer hinein, wo ich durch die offen stehende Tür alles belauscht habe, was gesagt wurde.«
Jenny ergriff Merediths Hand und führte sie zu den Sesseln vor dem Kamin im Salon, auf denen sie sich niederließen. »Was haben Sie gehört?«, fragte sie.
Meredith zögerte, was sonst gar nicht ihre Natur war. »Ich weiß nicht, was das alles bedeutet. Ihre Worte waren für mich nichts weiter als lauter Puzzlesteinchen - aber für dich, Jenny …«
»Ich kenne die Witwe nicht, daher bin ich sicher, dass ihre Worte mir ebenso unverständlich sein werden.« Jenny grinste verschwörerisch. »Aber ich liebe Rätsel.«
Meredith grinste ebenfalls. »Na schön. Sie hat eine Menge Fragen über eine Frau namens Olivia Burnett gestellt.«
Jenny machte unwillkürlich große Augen, und Meredith stockte, als sie es bemerkte.
»Du kennst sie«, rief Meredith anklagend aus. »Ich wusste es!«
»Nein, ich kenne sie nicht. Aber ich habe von ihr gehört.« Jenny atmete tief durch und sah Meredith durchdringend an. »Sie war Lord Argylls Mutter.«
»Seine Mutter?« Jetzt war es an Meredith, überrascht dreinzuschauen. »Nein, nein, das ergibt überhaupt keinen Sinn.«
Jenny streckte ihren Arm aus und ergriff Merediths Hand. »Warum nicht?«
Merediths Gesicht verzerrte sich, als würde sie ein schweres Paket tragen. »Die Witwe hat etwas davon gesagt, dass diese Olivia Burnett eine Verwandte meiner Tanten wäre. Eine sehr nahe Verwandte.«
Jenny ließ Merediths Hand abrupt los und setzte sich auf. »Wenn Sie sehr nahe sagen …«
»Mich brauchst du nicht zu fragen. Ich habe keine Ahnung, was sie damit gemeint hat. Aber Tante Letitia wurde fuchsteufelswild und hat die Witwe angeraunzt, sie solle sich erst einmal der Tatsachen vergewissern, bevor sie es wagt, solche Anschuldigungen zu erheben.«
»Wirklich?« Jenny beugte sich dichter heran und sah Meredith neugierig an. »Was ist dann passiert?«
»Ich weiß es nicht. Edgar ist hinter mir ins Zimmer gekommen und … na ja, er hat mich mit diesem Blick angeguckt, den er immer hat. Du weißt schon, den, bei dem einem gleich die Knie zittern.«
»Oh, den Blick kenne ich nur zu gut.«
»Also blieb mir keine andere Wahl. Ich musste das Esszimmer verlassen.« Meredith machte große Augen, und ihre Pupillen weiteten sich, bis das Blau um sie herum kaum mehr als ein schmaler Ring leuchtender Farbe war. »Meinst du, dass meine Tanten etwas Bedeutsames verbergen? Ein dunkles Geheimnis vielleicht oder den Schlüssel zu einem Rätsel? Wäre das nicht schrecklich aufregend?«
»Ich habe keine Ahnung, was da im Gange ist.« Jenny stand bedächtig auf, ging zum
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