Stuermische Gefahr
Square war mal wieder Tummelplatz von Straßen künstlern und Wahrsagern , und so ließ sie sich eine Zeit lang treiben und ablenken.
Seltsamerweise ist das French Quarter trotz seines Namens eben nicht von französischer, sondern von spanischer Architektur geprägt. Auch wenn sie selbst aus Baton Rouge stammte, wusste sie natürlich, dass nur noch das Ursulinen kloster aus dem Jahr 1745 als ältestes Gebäude der Stadt französischen Ursprungs war. Alle anderen Gebäude waren den Großbränden der Jahre 1745 und 1786 zum Opfer gefallen. Der vorherrschend spanische Charakter, der aus dem Wiederaufbau resultierte, war deutlich an den breiten, mit eleganten Bögen gekrönten Fensterfronten mit hübschen fächerförmigen Fensterblenden zu erkennen und an den schmiedeeisernen Balkonen, die sie so faszinierten.
In der Rampart Street musste sie nicht lange suchen, hier gab es Voodootempel und Voodooladenlokale zuhauf. Phoebe’s Spirit war ein kleiner vollgestopfter Laden. Es roch nach Kräutern und Gewürzen und war relativ dunkel im Inneren. Drei Touristen stöberten in den Büchern und Andenken. Zara war nicht schwer zu erkennen, denn sie sah ihrer Schwester Lily sehr ähnlich. Sie war ein wenig kleiner, hatte die gleichen edlen Gesicht s züge und das volle, lockige Haar. Sie erklärte einer Touristin einige Voodoorituale, sodass Scarlett wartete und solange in der Auswahl der Duftkerzen stöberte.
Eine knochige alte Frau erschien hinter einem roten Vorhang, der zu einem Hinterzimmer führte. Sie ging gebeugt und hatte einen Turban auf dem Kopf. Ihr dünner Körper steckte in einem sackähnlichen Kleid , und während sie lief baumelten mehrere Ketten mit kleinen Knochen auf ihrer Brust. Sie kam direkt auf Scarlett zu. Ihr Gesicht war faltig, aber ihre kleinen braunen Augen musterten sie mit einem wachen Ausdruck. Ohne etwas zu sagen griff sie mit ihrer von Adern durchzogenen Hand mit knotigen Fingern nach Scarletts Arm. Sie bemühte sich nicht zurückzuzucken.
„Du willst nichts kaufen, du bist auf der Suche.“
Ihre Stimme war leise und rauchig, als hätte sie ihr Leben lang Zigarren auf Lunge genossen. Bevor Scarlett irgendetwas erwidern konnte, drehte die Frau ihre Hand, sodass sie auf ihre Handfläche sehen konnte. Sie murmelte ein paar unver ständliche Worte und schaute Scarlett in die Augen.
„Du suchst und du läufst davon. Ich sehe Gefahr. Aber mit der Gefahr lebst du schon lange. Eine noch größere Gefahr wird über dich hereinbrechen.“ Ihr Magen zog sich zu einem Knoten zusammen , während die Frau in einem Beutel kramte, den sie um ihr Handgelenk befestigt hatte. „Nimm das.“ Sie drückte ihr einen Gegenstand in die Hand.
„Ich verstehe nicht, Madame, das ist nicht nötig, ich …“
„Ist umsonst. Nimm es. Steck es ein.“
Sie drängte Scarlett , den Gegenstand unbesehen in ihre Handtasche zu stecken. Scarlett wusste nicht , was sie denken oder empfinden sollte. Ihr erster Gedanke war, dass es hoffentlich nichts Lebendiges oder Ekliges war.
„Danke Madame. Ich bin auf der Suche nach Zara.“
Die alte Frau rief Zaras Namen und winkte sie zu sich. Dann drehte sie sich um und rief mit lauterer Stimme in ihren Laden hinein: „Der Sturm wird kommen! Hütet euch!“
Zara kam lächelnd auf sie zu. „Entschuldigen Sie, Phoebe wollte Ihnen keine Angst machen. Das gehört zu unserem Laden dazu. Wie kann ich Ihnen helfen?“
„Ich bin Scarlett Jones und eine Arbeitskollegin Ihrer Schwester Lily. Ich habe heute meinen freien Tag und würde sie gern besuchen. Ich habe keine Telefonnummer und wusste nur von diesem Laden.“
So etwas wie Erkennen blitzte in Zaras Augen auf. „Ja, richtig! Lily hat schon öfter von Ihnen erzählt.“
„Ich weiß leider nicht , wo sie wohnt.“
„Sie fragen sich, ob Ihr ein Überraschungsbesuch recht ist.“
„So ungefähr.“
Zara lächelte und Scarlett fühlte sich etwas weniger unwohl. „Ich rufe sie an und frage. Ich habe sowieso gleich Feierabend und kann mich zu Hause um den Rest kümmern, sie beide können sich einen schönen Abend in der Stadt machen.“
„Das wäre großartig, vielen Dank.“ Zara entschuldigte sich und verschwand im Hinterzimmer. Scarlett beobachtete, wie Phoebe einem Touristen aus der Hand las. Kein Wort vom Sturm. Keine Warnungen. Sie erzählte ihm etwas von einer neuen Einnahmequelle, aber dazu fehle ihm noch das Amulett, das sie nun aus einem der Regale fischte. Tatsächlich kaufte der Mann das Stück.
Zara war wieder
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