Stuermische Gefahr
werden.
Charity Hospital, New Orleans
John hatte am Nachmittag nur ein kurzes Nickerchen halten können, dann hatte man ihn zu Untersuchungen in diverse Röhren geschoben.
So wie es aussah, war alles gut. Allzu lange würde er nicht mehr im Krankenhaus bleiben müssen. Was ihn zu der Frage führte, wo er hin sollte. Morgen hatte er einen Termin mit einem Psychologen, der ihm helfen sollte, seine Erinnerung wiederzuerlangen. Außerdem hatte er einen weiteren Termin. Mit einer Frau vom Sozialdienst, denn falls er sich nicht würde erinnern können in nächster Zeit, musste er schließlich sein Leben in den Griff bekommen. Das wiederum trieb seine Gedanken zu Lieutenant Limario Lopez. Triple L. Ob er das Foto an die Behörden in Texas weitergeleitet hatte? Wohl eher nicht. Auf Triple L konnte und wollte er nicht hoffen.
Sein Hirn war wie leer geblasen. Er konnte sprechen, lesen, schreiben, wusste, dass er Spinat nicht mochte aber kaltes Bier, er konnte alles M ögliche, nur sich nicht daran erinnern, wer er war. Was er war. Er musste doch einen Job gehabt haben. Vermisste ihn niemand? Oder war er ein Krimineller? Er wusste sogar, dass die New England Patriots im Februar den Super Bowl gewonnen hatten. Endstand 24:21 gegen die Philadelphia Eagles. Aber was er zu diesem Zeitpunkt getan hatte, wusste er nicht. Die Ärzte meinten, das sei ein gutes Zeichen. Ihn machte das alles nervös. Das Einzige, das ihn ablenken konnte, war der Gedanke an Scarlett. Ob sie nach ihm sehen würde? Er ging davon aus, sie war schließlich die Nachtschwester der Station. Aber wie sah ihr Schichtplan aus? Sie hatte aufgrund ihrer Arbeitszeiten doch sicher auch länger am Stück frei. Zur Not würde er einfach klingeln. Er ließ sich vom Fernseher berieseln und wartete. Gegen 20:00 Uhr klopfte jemand an seine Tür , und eine ältere Afroamerikanerin betrat das Zimmer.
„Guten Abend. Ich bin Bea.“
„Wo ist Scarlett?“ Verdammt, das war ihm rausgerutscht.
Die Augenbrauen der Frau rutschten kurz nach oben. „Scarlett hat heute frei. Sie müssen sich mit mir begnügen.“ Ihr Tonfall war jetzt weniger freundlich. Damit hatte er es sich bei ihr verscherzt.
„Ach so.“
„Brauchen Sie etwas?“
„Nein, alles in Ordnung.“
Sie nickte und verließ den Raum. Na toll. Der einzige Lichtblick wurde ihm also heute verwehrt. Er fragte sich , warum er so enttäuscht war. Natürlich musste sie auch mal frei haben. Was versprach er sich überhaupt davon, sie zu sehen? Sie kannten sich nicht. Sie konnte ihm auch nicht helfen. Er musste sich auf den Psychologen morgen konzentrieren, der war vielleicht der Einzige, der ihm helfen konnte. Aber sein Gefühl sagte ihm etwas anderes. Er hielt nicht viel von diesen Psychoärzten. Hatte er schon mal Erfahrungen mit ihnen gesammelt? All diese Fragen in seinem Kopf, er musste sich zusammenreißen. Wütend auf sich selbst zu sein, würde ihn nicht weiterbringen. Er nahm zum tausendsten Mal das Foto in die Hand. Mittlerweile war er davon überzeugt, dass der Mann auf dem Bild sein Bruder war. Wer hatte das Foto aufgenommen? Ihre Eltern? Sobald er seinen Bruder betrachtete , kam wieder dieses Gefühl in ihm hoch. Irgendwo tief in ihm war etwas. E r konnte es nur nicht greifen. Jedes Mal, wenn er glaubte , sich erinnern zu können, entglitt ihm alles. Er war so frustriert, dass er kurz davor war , das Wasserglas auf dem Nachttisch mit einem Handschlag herunterzufegen. Er beherrschte sich. Nicht, dass sie ihn wegen Aggressivität in die Psychiatrie einwiesen.
Hatte die Schwester gesagt, wie lange Scarlett freihatte? Doch nur heute, oder? Er wollte sie sehen. Das war das Einzige, was er mit Sicherheit wusste.
Villa von Cameron Evans, Baton Rouge
Cameron fühlte sich nicht wohl. Er hatte die Videokonferenz mit Libyen gerade noch so hinter sich gebracht. Danach hatte er sich hinlegen müssen. Turner hatte ihn verwundert angesehen, als er sich zurückzog. Das durfte nicht mehr vor kommen. Er musste unbedingt seinen Arzt konsultieren. Morgen früh, sofort. Niemand durfte davon erfahren. Seinen Termin hatte er entgegen seiner Gewohnheiten selbst gemacht. Mittlerweile war es Abend , und ihm wurde klar, dass er heute nicht mehr aufstehen würde. Appetit hatte er keinen. Er hatte noch nicht mal die Kraft zu Barrett Manor zu gehen. Der kleine Hacker würde auch morgen noch da sein.
Das Telefon klingelte. Träge griff er zum Hörer. Es war der Sicherheitsmann am Tor.
„Hier ist eine Rosa
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