Stürmische Liebe in Cornwall
ihn davor in Verhandlungen mit einem Stallknecht vertieft. Als ob er es gespürt hätte, wandte er sich um, und ihre Blicke trafen sich. Marianne fühlte, wie ihre Wangen heiß wurden. Rasch wandte sie sich ab und entfernte sich in die entgegengesetzte Richtung. Der Weg nach Sawlebridge erforderte gute zwanzig Minuten zügigen Gehens, ein Großteil davon steil bergan, doch Marianne schritt bewusst energisch aus, denn sie genoss die Bewegung an der frischen Luft. Nach einer Weile erhaschte sie immer einmal wieder einen Blick auf das mit kleinen Schaumkronen gezierte Meer. Zwar befand sie sich schon eine geraume Weile auf dem Grund und Boden ihrer Tante, musste sich nun aber, um zum Herrenhaus zu gelangen, von den Klippen abkehren und landeinwärts wenden. Als sie noch einen Blick zurückwarf, bemerkte sie hinter sich den Mann, mit dem sie im Dorf gesprochen hatte. Er schien ihr zu folgen, denn um sein Cottage zu erreichen, hätte er diesen Weg nicht nehmen müssen. Sie beschloss, auf ihn zu warten.
„Wünschen Sie etwas von mir, Sir?“, fragte sie, als er herankam.
„Mein Name ist Beck – Drew Beck. Madam, ich bin Ihnen nicht gefolgt, sondern ich bevorzuge diesen etwas leichteren Weg. Lady Edgeworthy hat mir erlaubt, die Abkürzung über ihr Land zu nehmen. Ich war krank und muss mich noch schonen.“ Er hustete ein paar Mal hinter vorgehaltener Hand.
„Ja, der Weg ist gewiss kürzer und sicherer als der Pfad durch die Klippen“, entgegnete Marianne kühl. „Ich sollte mich vorstellen: Ich bin Miss Marianne Horne. Lady Edgeworthy ist meine Großtante.“
„Letzteres erwähnten Sie, glaube ich, schon, wenn auch nicht Ihren Namen.“ Erleichtert stellte Drew fest, dass sie ihn nicht zu erkennen schien, andernfalls hätte sie das gewiss sofort angemerkt.
„Werden Sie länger hierbleiben, Mr. Beck?“
„Wahrscheinlich ein paar Monate. Die Seeluft tut mir gut … die Stille … ich brauche Ruhe und Erholung.“
Marianne betrachtete ihn unauffällig. Sie fand, er wirke bemerkenswert kraftvoll und gesund, aber natürlich gab das Äußere nicht immer das richtige Bild wieder. Andererseits hätte er gewiss bei dem Zwischenfall mit der Kutsche nicht so kräftig zupacken können, wenn er gerade eine Krankheit durchgemacht hatte. Möglicherweise schwindelte er, was seinen Gesundheitszustand betraf, ein wenig. Rein intuitiv glaubte sie, ihm vertrauen zu können, deshalb wollte sie ihre Zweifel erst einmal beiseiteschieben. Höflich neigte sie den Kopf, ohne jedoch zu lächeln, da sie seine Zurückhaltung spürte. „Dann werden wir uns wohl bald wieder begegnen. Meiner Tante sind Besucher willkommen, und sie plant, demnächst ein Dinner zu geben, zu dem Sie sicher auch eine Einladung bekommen werden. Allerdings wird sie Verständnis haben, wenn Sie absagen … wegen Ihres Gesundheitszustandes.“
„Selbstverständlich würde ich kommen“, sagte Drew spontan, hätte sich jedoch im nächsten Moment am liebsten die Zunge abgebissen; schließlich hatte er sich dem gesellschaftlichen Leben hier fernhalten wollen. Doch dieses Mädchen hatte etwas an sich, das seine Abwehr durchbrach. Außerdem war die Bekanntschaft ein guter Vorwand, um sich ungehindert auf dem Besitz seiner Vermieterin bewegen zu können. „Bitte, bestellen Sie Lady Edgeworthy, dass ich morgen bei ihr vorsprechen werde.“
„Dann kommen Sie doch zum Tee“, sagte Marianne, ein wenig verblüfft, da sie angenommen hatte, er werde ablehnen. „Lady Edgeworthy wird erfreut sein, Sie zu empfangen, Mr. Beck.“
Inzwischen waren sie weitergegangen, wie selbstverständlich im gleichen Schritt, doch nun gabelte sich der Weg.
„Hier muss ich abbiegen“, erklärte Drew. „Wir werden uns morgen wiedersehen.“
„Ja, Sir, einen Guten Tag wünsche ich – und geben Sie am Strand unten acht, dass Sie nicht von der Flut überrascht werden. Man sagte mir, es könnte gefährlich sein.“
Nach kurzem Zögern entgegnete Drew: „Ja, ich denke, dem Unvorsichtigen kann es sehr gefährlich werden, Miss Horne. Danke für den Rat – und seien auch Sie vorsichtig, wenn Sie in den Klippen umherwandern. Ich weiß, dass schon mehr als einer dort verunglückt ist.“
Nachdenklich ging Marianne weiter. Irgendwie hatte seine Bemerkung seltsam geklungen. Hatte er sie warnen wollen, sich von den Klippen fernzuhalten, die zu diesem Strandfleckchen hinunterführten? Und wenn, warum?
Sein Name sagte ihr nichts, und doch hatte sie das irritierende Empfinden, dass sie ihn
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