Stuermischer Zauber
die allmählich ihre Freunde wurden. Sie fragte sich, wo Duncan steckte. Bestimmt war er nicht so sorglos gewesen und hatte zugelassen, dass er von seinem eigenen Wirbelwind erfasst und davongetragen wurde. Während sie überlegte, ob sie den Gong läuten sollte, obwohl er nicht anwesend war, bemerkte sie einen offenkundigen Streit zwischen Maggie Macrae und ihrem Sohn. Sie beobachtete, wie Diarmid davonstapfte und seine Mutter zurückließ, die die Stirn runzelte.
Gwynne hätte sich in diesem Moment gern zu der Haushälterin gesellt und ihr Trost gespendet, doch Duncan betrat just in diesem Augenblick die Halle. Die Aufmerksamkeit aller richtete sich auf ihn und seine dramatische, vom Wind gepeitschte Energie. Gwynne eilte ihm mit einem Lächeln entgegen. »Du siehst aus, als hättest du dich beeilt, Liebster. Hast du das Zeitgefühl verloren?«
»Ich fürchte, ja, ma càran.« Er küsste sie auf die Wange. Seine Lippen waren warm und versprachen weitere Küsse. »Die Arbeit eines Landwirts ist nie getan.«
Er wollte ihr also nicht von seinen Übungen mit dem Wirbelwind erzählen, erkannte sie. Jetzt nicht und auch nicht später. Sie ermahnte sich, dass sein Schweigen nicht zwingend etwas Schlechtes bedeuten musste. »Die Armee des Prinzen marschiert nach Süden in Richtung Carlisle«, sagte sie still.
Stirnrunzelnd bedachte Duncan diese Nachricht. »Der November steht vor der Tür, das ist eine denkbar schlechte Zeit, um in den Kampf zu ziehen. Aber das könnte den Rebellen zum Vorteil gereichen. Ich frage mich …« Er verstummte. »Wir können darüber später spekulieren. Jetzt ist es an der Zeit, mit unseren Freunden und der Familie das Brot zu brechen.«
Sie hakte sich stumm bei ihm unter, und sie gingen zu dem kleinen Tisch, auf dem der Gong stand. Wie den meisten Männern gefiel es Duncan, Lärm zu machen. Er hob förmlich den kleinen Holzhammer und schlug einen klaren, bebenden Ton.
Plaudernd und lachend suchten die Gäste ihre Plätze am Tisch. Duncan und Gwynne waren die Einzigen, die feste Plätze innehatten. Da es Gwynne war, die jetzt das Ritual durchführte, saß sie am Kopfende des Tisches. Als Vorstand des Haushalts nahm Duncan am gegenüberliegenden Ende Platz. Sie durften freitagabends nicht mehr beisammensitzen.
Gwynne entzündete ihre dünne Kerze an der nächsten Feuerstelle, dann berührte sie feierlich die Dochte der Kerzen in den massiven Kandelabern und erweckte ihr Licht zu flackerndem Leben. Wie immer schuf das Ritual eine friedvolle Stille. Sie nahm ihren Platz am Kopfende des Tisches ein und machte die erste begrüßende Geste. »Willkommen, Familie und Freunde.«
Nachdem sie das Willkommensritual durchgeführt hatte, hob sie ihre Gabel und gab damit für alle das Zeichen, dass sie mit dem Essen beginnen durften. Bevor die Leute zu essen anfangen konnten, stand ein junger Mann auf, der in der Mitte des Tischs saß.
Ärger! Gwynne erkannte Fergus Macrae. Er war Anfang zwanzig und verfügte über eine lebendige Energie, die ihn zu einem liebenswerten Menschen machte. Doch jetzt fühlte sie sich in seiner Gegenwart extrem unwohl.
Wie schon William Montague hob Fergus sein Glas und rief laut: »Einen Toast auf unseren König über dem Wasser!«
Es war eine Einladung und zugleich eine Herausforderung. Gwynne war sich nur allzu sehr bewusst, dass Duncan nicht wusste, wie er mit dieser Situation umgehen sollte. Drei weitere Männer standen auf und hoben ihre Gläser. Einer von ihnen war Diarmid Macrae, der links von Gwynne saß. »Auf den König über dem Wasser!«, riefen sie mit einer Stimme.
Die Anspannung in der Halle wuchs. Duncan stand auf. Seine Gegenwart beherrschte die Versammlung. »Dies sind schwierige Zeiten. Ich wünsche dem Haus Stuart, das Schottlandjahrhundertelang geführt hat, alles Gute, aber mein Toast gilt König George, dem Herrscher über ganz Großbritannien.«
Ein Stimmengewirr brach los. Die Hälfte der anwesenden Männer stand auf und brachte Toasts aus, doch die sich vermischenden Trinksprüche zeigten deutlich, dass ihre Sympathie teils den Jakobiten und teils den Hannoveranern galt.
Fergus erhob seine Stimme über den Lärm. »Duncan Macrae! Als Herr über Dunrath ist es für dich an der Zeit, endlich zu handeln und uns anzuführen, damit wir unseren wahren König unterstützen. Ich höre, der Prinz marschiert jetzt gen England, und alle Schotten gehören an seine Seite!«
»So etwas werde ich nicht tun«, sagte Duncan. Seine dunkle Stimme erfüllte
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