Stuermischer Zauber
die Legenden aus König Artus’ Zeit, als Bezaubernde die Männer in ihren Bann hatten schlagen können, solange sie es wünschten. Aber das waren Legenden. Wenn Gwynne versuchte, ihren Mann mit Zauberkraft davon zu überzeugen, die jakobitische Sache aufzugeben, wäre dieser Einfluss höchstens zeitlich begrenzt. Und nachdem seine Leidenschaft gestillt war, wäre er vermutlich zu Recht wütend auf sie und ihre versuchte Einflussnahme.
Leidenschaft … Die sinnliche Erinnerung an ihre unbeschreibliche Vereinigung oben in den Bergen brandete wie geschmolzenes Feuer durch ihren Körper. Sie hatte nicht gewusst, dass Verlangen so erschütternd sein konnte. Erst danach hatte sie Duncans verräterisches Verhalten gespürt und entschieden, es sei an der Zeit, die ganze Wahrheit zu erzählen.
Falls Duncan die Feierlichkeit verließ und sich für die Nacht zu ihr gesellen wollte – wäre sie dann in der Lage, ihm zu widerstehen? Oder würde sie mit derselben Eile über ihn herfallen wie am Nachmittag? Sie fürchtete sich vor der Wahrheit und schloss beide Türen zu ihrem Schlafgemach vorsichtshalber ab.
Dann kroch sie unter die Decken und kuschelte Lionel dicht an sich. Auch wenn Duncan die Botschaft der verschlossenen Türen verstand, würde sie ihm kaum gefallen.
Die Wärme der Heiligabendfeier bildete einen extremen Kontrast zu den kalten, einsamen Wochen, in denen er das jakobitische Heer beschattet hatte. Nach dem vierten Schluck guten schottischen Whiskeys beschloss Duncan, dass diese Versammlung eine regelmäßige Tradition auf Dunrath werden sollte – ein besinnlicher Auftakt zu der zügellosen Feier an Hogmanay.
Jetzt war es an der Zeit, zu seiner Frau zu gehen und den Schaden wiedergutzumachen, den sie mit ihrem nachmittäglichen Disput angerichtet hatten. Sie war in ihrer Treue zum vorsichtigen Konzil der Wächter geradezu blind, aber sie war auch eine kluge und einsichtige Frau. Wenn er ihr erst ruhig und bis ins Detail seinen Standpunkt erläutert hatte, würde sie seine Sichtweise akzeptieren. Mit ein wenig Glück und der Leidenschaft eines Überredungskünstlers gelang es ihm vielleicht, dass sie seine Meinung teilte und ihre Vorurteile ablegte.
Seine Schritte beschleunigten sich auf der Treppe nach oben. Ihr Liebesspiel war wild und befriedigend gewesen, doch jetzt wollte er sie langsam lieben und jedem Zentimeter ihres herrlichen Körpers seine andächtige Aufmerksamkeit widmen. Herr im Himmel, wie sehr er sie vermisst hatte! Er griff nach dem Türknauf …
Ihr Schlafzimmer war abgeschlossen. Duncan blickte empört nach unten, rüttelte an dem ausgefallenen Porzellanknauf, den man aus Frankreich importiert hatte. Aber die Tür öffnete sich nicht. Er betrat das Wohnzimmer, das Gwynne und er teilten, und versuchte es mit der zweiten Tür zum Schlafzimmer.
Abgeschlossen.
Kalter Zorn brandete in ihm auf und ließ vor den Fenstern Blitze aufflackern, die den Winterhimmel zerrissen. Er ignorierte jegliche Lehrsätze über Zurückhaltung und zerschmetterte den Türknauf mit donnernder Energie. Der Mechanismus des Schlosses zerbarst und öffnete die Tür.
Wütend stieß er sie auf und platzte in das Schlafgemach. »Wie kannst du es wagen, diese Tür vor deinem eigenen Ehemann zu verschließen!«
Das Nachtlicht zeigte Gwynne, wie sie sich hellwach im Bett aufrichtete. Ihr Zopf fiel ihr über die Schulter und bildete einen grellen Kontrast zu ihrem blassen Gesicht und der gespannten Miene. »Der Whiskey macht deinen Akzent schottischer«, sagte sie nur. Ihre Stimme war alles andere als ruhig. »Wir hatten nicht bloß einen einfachen Streit, Duncan Macrae. Du hast deinen Wächtereid bis zur Grenze der Belastbarkeit ausgelegt, und ich kann nicht deine Frau sein, solange das so ist.«
Er starrte sie ungläubig an. Gwynne trug ein einfaches Nachthemd, das vor allem wärmen und nicht verführen sollte. Dennoch war sie so begehrenswert, dass es ihn schmerzte, sie anzusehen. »Ich weiß nicht, wie die Dinge in England geregelt werden, aber in Schottland legen ein Mann und seine Frau ihre Meinungsverschiedenheiten im Bett bei.«
Ein einziger Kuss würde ihren sturen Widerstand dahinschmelzen lassen, das wusste er. Sie wollte ihn so sehr, wie er sie wollte, und wenn ihre Körper miteinander verschmolzen, konnten sie den Abgrund überwinden, der sich zwischen ihnen aufgetan hatte. Von Wut und Verzweiflung getrieben, eilte er zum Bett und streckte die Hand nach ihr aus.
Als sie keuchend vor ihm zurückwich,
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