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Stuermischer Zauber

Stuermischer Zauber

Titel: Stuermischer Zauber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Jo Putney
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die Tage waren ebenso ein Vergnügen, wenn man von den ausgedehnten Stunden absah, in denen sie in der Kutsche über holprige Straßen ratterten. Sie hatten über große und kleine Themen geredet, hatten das Wissen übereinander vertieft. Er hatte ihr so lebhaft beschrieben, was es bedeutete, Macht auszuüben, dass sie sich beinahe fühlte, als könnte ihr dies ebenfalls gelingen.
    Im Gegenzug verriet sie ihm die Lehren, die sie aus ihren Studien gezogen hatte und die sie bisher noch nicht für die anderen Wächter hatte veröffentlichen können. Einige Male half ihr sein magischer Blickwinkel, neue Ideen zu entwickeln.
    Den Großteil der Zeit konnte sie beinahe jene unheimliche Stimme vergessen, die sie gewarnt hatte, dass sie eines Tages ihren Mann verraten würde. Die Vorstellung war unglaublich schmerzhaft, und sie wagte kaum, darüber nachzudenken. Da sie keine Magierin war, hatte diese unheimliche Stimme vielleicht unrecht und war ein reines Produkt ihrer Angst. Aber es hatte schon immer Momente gegeben, in denen sie mit absoluter Sicherheit gewusst hatte, was passieren würde. Jener Moment hatte sich genau so angefühlt.
    Erneut kam eine Hügelkette in Sichtweite, und auf dem Bergkamm zog sich ein schwungvolles Bauwerk hin. Sie beugte sich leicht vor. »Ist das der Hadrianswall?«
    Er nickte. »Du kannst ihn dir näher ansehen. Diese Nacht werden wir bei Lord Montague verbringen; ein Teil des Walls liegt auf seinem Anwesen.« Er blickte an ihr vorbei zur Mauer hinauf, die sich in einiger Entfernung über die Hügelkette schlängelte. Gedankenverloren sagte er: »Das mächtige römische Imperium endete an dieser Grenze, weil die wilden Stämme von Schottland ihre Freiheit nicht aufgeben wollten. Sie kämpften so entschlossen, dass Kaiser Hadrian entschied, es wäre einfacher, eine Grenze zu ziehen und sie mit einer Mauer, einem Graben und Soldaten zu beschützen.«
    Sein Gesichtsausdruck verriet ihr viel darüber, wie sehr jener Kampf aus grauer Vorzeit ihn bewegte. Wie schon damals, als sie Sir Ian Macleod zugehört hatte, verstand sie plötzlich besser, was es bedeutete, ein Schotte zu sein. »Du hattest unbezwingbare Vorfahren«, sagte sie still.
    »Die Freiheit ist es wert, einen hohen Preis für sie zu zahlen.«
    Brachte der Aufstand des Stuart-Prinzen ihn dazu, so von der Freiheit zu reden? Sie hoffte, es war nicht so. »Ist die Mauer die besondere Überraschung, die du mir für heute Abend versprochen hast?«, fragte sie. Sogleich fiel ihr die Zweideutigkeit ihrer Bemerkung auf. Sie warf ihrem Mann einen Blick zu, und sein Grinsen verriet, dass er genau wusste, was sie dachte.
    Gwynne hatte die Erfahrung gemacht, dass er ihre Gedanken nicht lesen konnte, aber er war unheimlich präzise darin, ihre Gefühle zu erahnen, und einander zu lieben spielte bei ihnen eine große Rolle. »Was du denkst, ist für mich keine Überraschung mehr.« Sie ließ ihre Wimpern flattern. »Doch es ist ein wahrhaft herrliches Abenteuer. Die ganze Reise ist ein Abenteuer.«
    »Bestimmt bist du es leid, ständig auf der Straße in Kutschen unterwegs zu sein.«
    »Das stimmt, aber da ich nie mehr als eine Tagesreise von London entfernt gewesen bin, ist diese Reise trotz der holprigen Straßen herrlich aufregend.«
    »Es gibt ein paar gute Straßen in den Highlands«, bemerkte er trocken. »Nach der Rebellion von 1715 wollte London jederzeit in der Lage sein, schnell Truppen zu entsenden, um einen Aufstand im Keim zu ersticken.«
    Seine Worte brachten sie zum Schweigen. Auf jedem Halt, den sie auf dem Weg nach Norden machten, hörten sie neue Nachrichten über den Aufstand. Man erzählte sich, Prinz Charles habe seine Standarte in Glenfinnan vor über tausend Macdonalds und Camerons in den Boden gerammt. Nachdem er verkündet hatte, sein Vater sei der rechtmäßige König James VIII. von Schottland und der dritte König dieses Namens von England, hatte der Prinz sich auf den Weg nach Edinburgh gemacht. Er bekam rasch Zulauf.
    Gerüchte besagten, dass dreitausend Clanangehörige aus dem Westen mit ihm marschierten, und jeden Tag wurden es mehr. Er wurde Bonnie Prince Charles genannt und besaß jene persönliche Anziehungskraft, die seinem Vater James gefehlt hatte, als er 1715 nach Schottland gekommen war, um den Aufstand anzuführen.
    Duncan brach das unangenehme Schweigen. »Obwohl dir der Hadrianswall offensichtlich gefällt, war das nicht die Überraschung, die ich im Sinn hatte. Ich will dir ein Pferd zum Hochzeitsgeschenk

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