Stuermischer Zauber
wie oft er diesen verzückten Ausdruck in den letzten Tagen gesehen hatte. Je weiter sie nach Norden gereist waren, desto heftiger hatten die Männer auf sie reagiert. Er vermutete, es lag daran, dass die Nordländer ihre Gefühle eher offen zeigten.
In diesem Moment sah sie aus, als wäre sie gerade erst aus dem Bett gestolpert, was der Wahrheit ja auch recht nahe kam, und sie strahlte eine so intensive Sinnlichkeit aus, dass ein Mann halb tot hätte sein müssen, um nicht darauf zu reagieren. Montagues junger Sohn William sah aus, als würden ihm seine Augen jeden Moment aus dem Kopf fallen. Selbst der Kutscher, der die Frischvermählten von London hierher kutschiert hatte, betrachtete Gwynne mit stillem Hunger.
Montague riss sich zusammen und schlug vor: »Vielleicht wollt Ihr zunächst Eure Gemächer besichtigen und bis zum Abendessen ausruhen.«
»Tatsächlich würden wir lieber einen Blick auf Eure Pferde werfen.« Duncan schaute seine Frau an. »Wenn wir uns umziehen, können wir vielleicht ausreiten? Ich denke, die Ställe von Dunrath könnten frisches Blut brauchen.«
Montagues Geschäftssinn gewann die Oberhand. »Dann braucht Ihr nicht weiter zu suchen. Ich habe ein paar außergewöhnliche Tiere da, wenn ich das so sagen darf.«
Der Stolz ihres Gastgebers stellte sich als begründet heraus.
Nachdem Duncan und Gwynne ihre Reitkleidung angelegt hatten, trafen sie den Baron und seinen Sohn im Hof vor dem Pferdestall. Williams Blick hing sogleich wieder an Gwynne, doch er war zu schüchtern, um sie anzusprechen. Duncan vermutete, dass der junge Mann etwa zwanzig Jahre alt war. Ein schwieriges Alter.
»Gibt es irgendwelche Halbbrüder von Thor, die zum Verkauf stehen?«
Montague kicherte. »Ihr habt wirklich teuflisches Glück, Ballister. Kommt mit, ich zeige Euch Zeus. Er ist ein leiblicher Bruder von Thor und das beste Pferd, das ich je gezüchtet habe.«
»Ich werde Lady Ballister derweil die Pferde zeigen, die einer Dame angemessen sind«, erklärte William sich bereit.
Gwynne warf ihrem Mann lachend einen Blick zu, ehe sie sich mit dem jungen Mann entfernte. Duncan hoffte, dass Williams Herz nicht allzu schnell brach.
Montague führte seinen Gast zu einer Box, in der ein großartiger Hengst stand, der erstaunlich dunkles, kastanienbraunes Fell hatte. »Was denkt Ihr, Ballister?«
Zeus war beinahe schwarz, groß und kraftvoll. Seine Verwandtschaft mit Thor war in jeder Linie seines prächtigen, wohlproportionierten Körpers sichtbar. Duncan wusste sofort, dass dies das richtige Pferd für ihn war, doch es wäre nicht ratsam, sich allzu begeistert zu zeigen. »Darf ich einen von den Äpfeln haben, die Ihr da mit Euch tragt?«
Montague reichte ihm die gewünschte Frucht. Zeus streckte neugierig seinen Kopf über die Boxentür. Duncan trat zu ihm und sandte in Gedanken eine Nachricht an den Hengst, um sich vorzustellen und dem Tier seine Bewunderung und Zuneigung kundzutun. Pferde dachten nicht wie Menschen, aber sie reagierten auf positive Gefühle. Zeus bildete da keine Ausnahme. Binnen weniger Augenblicke nahm er den Apfel von Duncans ausgestreckter Hand. Das Pferd hatte eine hohe Meinung von sich, aber Duncan spürte auch, dass nichts Böses seinen Charakter verdarb. »Ich würde ihn gern bei einem Ausritt ausprobieren.«
Montague winkte einem Stallburschen, das Pferd auf die Stallgasse zu führen und zu satteln. »Wollen wir sehen, wie es derweil Eurer hübschen Dame ergangen ist?«
Duncan war nicht überrascht festzustellen, dass Gwynne die Zelter links liegen gelassen hatte und die weichen Nüstern einer großen, fuchsfarbenen Stute streichelte, die in der Nachmittagssonne fast goldfarben glänzte.
William stand nervös neben ihr. »Sheba ist sehr lebhaft, Mylady«, sagte er. »Sie ist kein Pferd, das ich Euch empfehlen würde. Vielleicht ist dieser Wallach da vorne …«
»Nicht zu vergessen, dass Sheba unverkäuflich ist«, unterbrach Montague ihn. »Ich wollte sie für die Zucht behalten.«
Die Stute stupste Gwynne freundlich an die Schulter, sodass diese stolperte und sich beinahe auf den Hosenboden setzte. Lachend streichelte sie den weichen Hals und wandte sich an Montague: »Bitte, darf ich sie wenigstens reiten? Sie ist die schönste Stute, die ich je gesehen habe.«
Montague zögerte, doch er ergab sich dem liebevollen und warmen Blick seines Gastes. »Also gut«, meinte er ein wenig barsch. »Einen Damensattel für die Lady. Aber ich warne Euch: Sheba ist sehr
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