Stuermischer Zauber
besuchen. Doch die Westindischen Inseln werden Williams Heimat sein.«
»Was also auf den ersten Blick für den Jungen wie eine Katastrophe aussieht, wird auf Dauer ein Segen sein.« Duncan schüttelte den Kopf. »Das war eine bemerkenswert gute Wahrsagung. Wenn du bereits wenige Tage nach dem Erwachen deiner Fähigkeiten so gut bist, wirst du eine der besten Wahrsagerinnen in Britannien sein, wenn du deine volle Macht entfaltest.«
Der Gedanke brachte Gwynne aus der Fassung. Sie gab ihrem Mann die Obsidianscheibe zurück. »Ich war nur so gut, weil das Thema mich so unmittelbar berührt.«
In seinen Augen las sie, dass er es besser wusste, doch darüber wollte er offensichtlich nicht diskutieren. Behutsam legte er das Glas zurück in sein Gepäck. »Wir werden morgen auf unserem Ritt nach Schottland beginnen, deine Fähigkeiten zu trainieren. Aber jetzt ist es bereits nach Sonnenaufgang und höchste Zeit zu schlafen. Es sei denn, du bist noch immer zu aufgedreht?«
»Nein, das Wahrsagen hat mir das letzte bisschen Energie geraubt, das noch in mir steckte.« Sie stand auf und unterdrückte ein Gähnen.
Trotz ihrer Erschöpfung erforschte sie ihren Geist. Nun, da sie wusste, dass sie eine Bezaubernde war, erkannte sie, dass ein enormer, kraftvoller Strom sinnlicher Energie sie wie ein unsichtbarer Fluss umschmiegte. Sie konnte diesen Fluss bereits formen und einigermaßen gut auf etwas richten. Mit der Zeit würde ihr Können wachsen.
Die wichtigste Lektion würde sein, wie sie die Energie benutzte, damit die Männer ihr gegenüber eingeschüchtert oder respektvoll auftraten, statt von einem unbezähmbaren Verlangen erfasst zu werden. Es war ihr wohler bei dem Gedanken, auf einen Sockel gestellt und bewundert zu werden, statt über einen Sattel geworfen und entführt zu werden.
Nachdenklich blickte sie ihren Mann an und fragte sich, ob sie trotz ihrer Erschöpfung ihre Sinnlichkeit nutzen konnte. Obwohl es viele Möglichkeiten gab, die Macht zu beherrschen und Zaubersprüche zu wirken, war doch das zugrunde liegende Prinzip stets dasselbe: Sie musste sich das gewünschte Ziel vorstellen und dann ihre Kraft auf genau dieses Ziel richten.
Als sie zum Bett schlenderte, stellte sie sich unwiderstehliche Lust vor, deren Strömungen von ihr zu Duncan wirbelten. Sie blickte über die Schulter und spürte das Verlangen ebenso, wie sie es sich vorstellte. Heiß und zart …
Er wusste es natürlich sofort. »Du bist eine schamlose Hexe«, sagte er, aber sie hörte das Lachen, das in seiner Stimme mitschwang.
Duncan umfasste ihre Schultern und drehte sie zu sich herum. In seinen Augen blitzte etwas auf, und sein Blick weckte ein heißes, flüssiges Pulsieren in ihr.
Als er den übergroßen Morgenrock öffnete, den sie noch immer trug, fuhr er fort: »Du lernst die Tricks einer Bezaubernden mit beunruhigender Geschwindigkeit.«
»Ist es denn schlimm, wenn wir beide das Ergebnis meiner Gabe so sehr genießen?«, fragte sie atemlos.
»Ich habe nicht behauptet, dass es schlimm ist.« Er schob den Stoff von ihren Schultern. Als er sich um ihre Fußknöchel bauschte, beugte Duncan sich vor und küsste die nackte Vertiefung über dem Ausschnitt ihres Nachthemds. Ein Zittern durchrann ihren Körper. »Ich bin gleichermaßen gesegnet und verflucht, dass du meine Frau bist, mo càran, meine Geliebte. Du bist Leidenschaft und Erfüllung – doch bis du gelernt hast, deine Macht zu beherrschen, werde ich dich wie ein Drache verteidigen müssen.«
»Die Tatsache, dass andere Männer mich begehren, bedeutet nicht, dass ich auch sie begehre.« Sie verschränkte ihre Hände in seinem Nacken. Ihre tiefe Erschöpfung wurde von der erwachenden Leidenschaft verbrannt. »Eine Bezaubernde wird ebenso vom Verlangen beeinträchtigt wie die Männer um sie herum. Lehre mich, was ich wissen muss, mein geliebter Gefährte.«
»Du hast mich schon jetzt überflügelt, glaube ich.« Er hob sie hoch und bettete sie auf die Matratze. Dann legte er sich auf sie, sodass sein muskulöser Körper sie in die Matratze drückte, während er die sensible Haut an ihrem Hals küsste.
»Dann werde ich dich wie eine Tigerin unterrichten.« Lachend schloss sie ihn in die Arme und rollte sich herum. Sie weidete sich an der Macht, die sie hatte, um ihn zu erregen. Es war tatsächlich eine zweigesichtige Macht, da sie auch Gwynne gleichermaßen erregte. Verzweifelt wollte sie sich mit ihm vereinigen und zugleich die Angst, ihre Befreiung und den Schock, den sie
Weitere Kostenlose Bücher