Stuermischer Zauber
Leidenschaft und Hitzköpfigkeit, um sich einzureden, dass du vor mir gerettet werden müsstest.«
»Aber wieso macht seine jugendliche Dummheit mich zu einer Bezaubernden?«, fragte sie verzweifelt. »Ich bin glücklich, dass mein Mann mich begehrt, doch ich denke, du bildest dir ein, dass andere Männer mich mehr verehren, als sie tatsächlich tun.«
»Zugegeben, William ist jung. Aber er hat nie etwas getan, das auch nur im Entferntesten so dumm war wie diese Entführung. Es bedarf der Macht einer Bezaubernden, um seine Sinne so vollends zu verwirren. Doch es gibt noch einen Beweis, wenn du bisher nicht überzeugt bist.« Er kratzte an der neuen Bandage, die Lady Montague um seinen Unterarm angelegt hatte. »Wenn die Macht einer Bezaubernden erwacht, ist sie nicht nur in der Lage, Männer zu bezaubern. Als wir die Hütte betraten, waren deine geistigen Hilferufe so kraftvoll, dass sie meinen Verstand wie die Jagdrufe eines Adlers trafen. Ich würde wetten, dass du seit unserer Hochzeit weitere Anzeichen deiner erwachenden Macht gespürt hast.«
Ihre Augen weiteten sich, als sie überlegte. »Du hast recht … Meine Wahrnehmung ist in vielerlei Hinsicht geschärft. Ich fühle deine Macht lebendiger, und ich … ich weiß mehr über die Menschen um mich herum. Ich habe dem keine Beachtung geschenkt, weil die Hochzeit so viele Dinge verändert hat.«
»Die Veränderung hat gerade erst begonnen.« Duncan stellte seine leere Teetasse beiseite, stand auf und legte das Justaucorps und die Weste ab. »Wir haben einen wilden Ritt vor uns, vermute ich. Es ist, als hätte ich eine Hauskatze in meinen Salon eingeladen, und sie hat sich in eine Tigerin verwandelt.«
Sie, Gwynne, eine Tigerin? Der Gedanke gefiel ihr. »Ich habe wahrhaftig Macht? Wie fantastisch!« Sie warf den Kopf in den Nacken und lachte mit purem, schwindelerregendem Entzücken. Sie war keine machtlose Irdische! Sie besaß magische Kräfte!
»Fantastisch, aber auch gefährlich«, sagte er sanft. »Die Macht einer Bezaubernden ist ein zweischneidiges Schwert. Du hast Macht über Männer, doch wenn du nicht lernst, diese Macht zu beherrschen, riskierst du, deine Verehrer vor Verlangen in den Wahnsinn zu treiben, und sie werden wie der arme William zu deinen Opfern.«
Seine Worte ließen ihre Ausgelassenheit abkühlen. »Ich könnte erneut entführt werden?« Sie dachte daran, wie stark der junge Mann gewesen war und wie leicht er sie hätte überwältigen können, als er von ihr besessen gewesen war. »Was für eine schreckliche Vorstellung!«
»Die Gefahr ist sehr real. Oder ein hübscher, freundlicher Gefährte könnte dich verführen, statt dich gegen deinen Willen zu entführen.«
Er sagte es leichthin, aber sie spürte, dass er seiner echten Angst Ausdruck verlieh. Wie sonderbar, dass ihr Sturmlord sich seiner eigenen Macht, das Herz einer Frau zu gewinnen, so unsicher war. »Die Berichte sind sich darüber einig, dass eine Bezaubernde nicht jedem Mann hinterherschaut«, sagte sie mit fester Stimme. »Du bist mein Mann. Wieso sollte ich einen anderen wollen?«
Fasziniert beobachtete sie, wie seine unausgesprochene Angst verschwand. Nein, sie sah es nicht wirklich – es war mehr ein Gefühl, das ihr sagte, dass sich seine Emotionen veränderten. Sie hatte schon immer die Gabe besessen, Gefühle zu spüren. Diese Gabe besaßen viele Frauen. Nun war diese Gabe bei ihr noch stärker.
Müde fuhr er sich mit der Hand durchs Haar. »Da ich noch nie einer Bezaubernden begegnet bin, weiß ich nur sehr wenig über sie. Was können uns deine Bücher über diese Form der Macht sagen?«
»Ich habe diesem Thema nie viel Aufmerksamkeit gewidmet, da Bezaubernde so selten sind. Und ich habe bestimmt niemals gedacht, dass diese Information für mich einmal von Bedeutung sein könnte.« Sie schritt zum Spiegel und blickte hinein. War es nur ihre Einbildung, oder zeigte ihr Spiegelbild eine lebendige Frau, die Aufmerksamkeit auf sich zog, obwohl sie noch immer die Gesichtszüge von Gwyneth Owens hatte? Ja, es gab Unterschiede, entschied sie. Selbst jetzt, da sie so erschöpft war, strahlte sie eine Tatkraft aus, die ihr neu war. Eine Eigenschaft, die die Blicke auf sie zog, wenn sie einen Raum betrat.
Die Macht einer Bezaubernden ist ein zweischneidiges Schwert. Das hatte diese Nacht eindrucksvoll bewiesen. Nun, da sie um ihre Macht wusste, musste sie schleunigst beginnen, sich darin zu üben. »In der Bibliothek von Harlowe wird ein Journal aufbewahrt, das von
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