Stuermischer Zauber
einige Bäche, die von den Berghängen kamen, speisten ihn.
Die Festung selbst war furchteinflößend. Massiver Stein und dicke Türme. Sie vermutete, dass das Innere ebenso kalt und unbequem wie das Äußere dramatisch war. Gwynne unterdrückte mühsam ein Seufzen. Glücklicherweise blieb etwas Zeit, bevor der kommende Winter es erforderte, wärmere Kleidung zu tragen. Doch die kalte Jahreszeit war vielleicht näher, als sie dachte. In der hellen, nördlichen Luft hing bereits ein Hauch von Herbst, und selbst ein vernarrter Mann, der geübt darin war, Wettermagie zu wirken, war wahrscheinlich nicht in der Lage, das Tal den ganzen Winter lang für seine dünnblütige Braut aus dem Süden warm zu halten.
Duncan war ein Dutzend Pferdelängen vor ihr, als sie in den Innenhof ritten. Sein Gesicht strahlte vor Freude. Nun, da sie in Schottland waren, verstand sie seine innige Verbindung zu diesem Land.
Der Hof war leer, als sie einritten, aber als er sich aus dem Sattel schwang, schrie eine helle Stimme: »Duncan!« Ein Mädchen rannte die Treppe herunter in den Hof und warf sich in die Arme des Neuankömmlings. »Ich hatte so ein Gefühl, dass du heute heimkehrst!«
»Jean!« Er hob sie von den Füßen und umarmte sie überschwänglich. »Aye, und du siehst hübsch aus!«
Das also war Duncans Schwester. Lieber Himmel, sie trug Hosen wie ein Junge! Gwynne kämpfte gegen eine gewisse Empörung an. Da Jean in den letzten Jahren Dunrath verwaltet hatte, war es vermutlich bequemer, wenn sie Männerkleidung trug und wie ein Mann ritt. Sie waren hier schließlich nicht in England.
Jetzt, da sie die lachenden Gesichter der beiden nebeneinander sah, konnte sie eine entfernte Ähnlichkeit zwischen Bruder und Schwester erkennen, doch auf den ersten Blick sahen sie sehr unterschiedlich aus. Gwynne hatte erwartet, dass Duncans Schwester wie er war – groß, dunkel und energisch.
Stattdessen war Jean einige Zentimeter kleiner als Gwynne und hatte leuchtend rote Haare, die ihr in einem dicken Zopf bis zur Hüfte reichten. Sommersprossig und mit grünen Augen schillerte sie wie eine Libelle. Gwynne war fasziniert, als sie erkannte, dass sie die Macht der jungen Frau spüren konnte, obwohl sie nicht so intensiv und konzentriert war wie bei Duncan. Er hatte erzählt, dass sie sich nie die Zeit genommen hatte, ihre Gabe auszubilden. Vielleicht konnten Jean und Gwynne gemeinsam lernen.
Duncan löste sich aus der Umarmung und wandte sich um, damit er Gwynne aus dem Sattel helfen konnte. Seine warmen Hände umschlossen ihre Taille, und er stellte sie auf den Boden. Mit einem verschwörerischen Lächeln sagte er: »Gwynne, erlaube mir, dir meine Schwester Jean vorzustellen, das fröhliche, kleine Biest von Dunrath. Jean, dies ist meine Frau Gwynne Owens.«
Jean schnappte nach Luft und trat einen Schritt zurück. Ihre Augen waren vor Überraschung geweitet. »Deine Frau?«
Gwynne verfluchte Duncan heimlich, da er seine Schwester nicht vorgewarnt hatte. Die arme Jean hatte Dunrath seit Jahren verwaltet, und nun musste sie nicht nur ihrem Bruder, sondern auch einer neuen Herrin über Haus und Hof den Vortritt lassen. Instinktiv nahm Gwynne Jeans Hände in ihre. »Ich bin so froh, dich kennenzulernen. Ich habe mir immer eine Schwester gewünscht.«
»Das habe ich … auch.« Jeans Gesichtsausdruck verriet, dass diese große Engländerin nicht auf ihrer Liste gestanden hätte, wenn sie bei der Entscheidung über ihre Schwester die Wahl gehabt hätte.
Gwynne ließ die Hände der kleineren Frau los. »Es tut mir leid, dass wir dich nicht vor meiner Ankunft gewarnt haben. Duncan und ich haben sehr spontan beschlossen zu heiraten und uns direkt nach der Trauung auf den Weg nach Norden gemacht. Es blieb keine Zeit, einen Brief zu schreiben.«
Jean sammelte sich. »Es war an der Zeit, dass mein Bruder sich eine Frau nimmt. Ich … ich wünschte nur, ich hätte davon gewusst, um die Gemächer der Burgherrin für dich herzurichten.« Der trällernde schottische Einschlag in ihrer Stimme war ausgeprägter als bei Duncan.
»Ich bin sicher, das wird kein Problem sein.« Gwynne beschloss, ein wenig den Charme der Bezaubernden spielen zu lassen. »Duncan hat mir erzählt, du wärst Herz und Seele von Dunrath.«
»Hat er das?« Jean blickte erfreut, doch gleichermaßen skeptisch drein. »Das klingt allzu poetisch für meinen unverblümten Bruder.«
Gwynne lächelte. »Es sind nicht die Worte, die er wählte, aber es ist das, was er damit
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