Stuermischer Zauber
hätte, als Duncan dich mir vorstellte.«
Gwynne blinzelte. Duncan hatte ja erwähnt, dass schottische Frauen freiheraus sprachen. Er hatte nicht übertrieben.
Jean öffnete die Tür zu einem Wohnzimmer und trat beiseite, damit Gwynne eintreten konnte. »Dies ist die Zimmerflucht der Burgherrin. Dein Schlafzimmer ist zur Linken, und durch die rechte Tür gelangst du in die Räume des Burgherrn.«
Gwynne blickte sich in dem geräumigen Gemach um. Sie war überrascht von den verputzten Wänden, den hübschen Möbeln und dicken orientalischen Teppichen. Das Wohnzimmer lag in der Ecke des Wohnturms, daher drang durch Fenster an zwei Seiten eine Lichtflut herein, wohingegen zwei Feuerstellen für die kältesten Winternächte Wärme verhießen. »Das ist hübsch und sehr viel gemütlicher, als ich es erwartet hätte.«
»Dank dafür Isabel de Cortes. Ihr spanisches Blut liebte die Sonne, daher baute Adam Macrae dieses sonnendurchflutete Gemach als Hochzeitsgeschenk. Jede Generation hat seitdem weitere Verbesserungen vorgenommen.«
»Ich schulde Isabel großen Dank.« Gwynne fuhr mit den Fingerspitzen über eine mit Seidentapeten bespannte Wand, die sich viel wärmer als der raue Stein anfühlte. Dieser helle Raum war eine greifbare Liebeserklärung. »Obwohl ich sehr viel über die Geschichte der Wächter gelesen habe, wusste ich nicht, dass Adam ein so kuscheliges Nest für seine Braut bereitet hat.«
»Die Legende sagt, dass sie einander zutiefst liebten, aber auch heftigst bekämpften. Isabel und Adam hatten beide so viel Macht, dass sie wie zwei Schwerter waren, die sich aneinander schärften. Werden Duncan und du auch so sein?«
»Ich habe keine Klinge, die ich an Duncans schärfen könnte.« Gwynne trat an ein Fenster und blickte hinaus. Über den Feldern von Glen Rath ragten drohend und dunkel die Highlands auf. Ein Ort der Magie und der Gewalt. »Die Macht einer Bezaubernden ist eher passiv. Ich habe die Gabe, jemanden für mich zu gewinnen, aber das ist nichts gegen die aktive Macht einer großen Magierin wie Isabel.«
Sie blickte in den Innenhof hinunter. Jemand hatte ein Fass herbeigeschafft, und die Männer umringten Duncan mit Bierkrügen in der Hand. Duncan war lebendig, wie sie ihn in England nie erlebt hatte. »Dein Bruder hat erzählt, du hättest bisher nicht die Zeit gehabt, deine Macht zu entwickeln. Der Gedanke hat mich überrascht – als ich aufwuchs, habe ich mich verzweifelt danach gesehnt, die Magie zu entwickeln.«
Jean verstand die versteckte Frage. »Einer in dieser Familie muss praktisch denken«, sagte sie scharf. »Mein Vater und Duncan waren immer draußen und umtosten die Hügel mit ihren Stürmen. Meine Mutter war eine große Heilerin, die oft von zu Hause fort war. Es blieb mir überlassen, mir die weltlichen Kenntnisse der Schafzucht, des Ackerbaus und der Rechnungsbücher anzueignen.«
»Du hast also schon früh viel Verantwortung übernommen. Hast du dir mehr Zeit gewünscht, um deine Macht auszubilden?«
Jean errötete. »Willst du damit sagen, du möchtest meine Pflichten übernehmen und ich soll mir etwas anderes suchen, um mich zu unterhalten?«
»Überhaupt nicht«, erklärte Gwynne beschwichtigend. »Ich sage nur, dass deine Familie deine Bereitschaft, die notwendige, aber gar nicht zauberhafte Arbeit zu machen, schamlos ausgenutzt hat. Und ich finde, du solltest jetzt die Möglichkeit haben, die Zeit deinen eigenen Interessen zu widmen, wenn du möchtest. Auch wenn ich weiß, wie man einen Haushalt führt, so ist doch die Arbeit als Gelehrte meine Leidenschaft. Ich werde dir frohen Herzens die Verwaltung überlassen, wenn du das möchtest. Doch ich denke, du verdienst mehr.«
Jean blickte aus dem anderen Fenster. »Es tut mir leid, dass ich so aufgebraust bin. Ich fühle mich nur überrumpelt. Ich weiß nicht, welchen Platz ich hier einnehme.«
»Dies ist natürlich dein Zuhause. Und nun ist es auch meins, aber ich hoffe, wir arbeiten als Freunde und nicht als Gegner zusammen.«
Jeans Blick begegnete ihrem. »Du bist so liebenswürdig. Ich verstehe nun, dass Duncan dich nicht nur wegen deiner Schönheit ausgewählt hat.«
»Das hoffe ich. Schönheit verblasst. Der Charakter bleibt.« Gwynne öffnete die Tür zu ihrem Schlafzimmer. Es war eine ebenso apart eingerichtete Kammer mit einem gewaltigen Bett mit Vorhängen, um die Wärme darin zu halten. »Denke bitte nicht, ich wolle dich vor die Tür setzen, aber ein so hübsches Mädchen wie du hat bestimmt
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