Stürmisches Herz
es vorüber war, trat Pretty Boy neben sie. »Ich habe nicht gewußt, daß du so zart besaitet bis, Liebling, sonst hätte ich dich davor gewarnt, hinzusehen.«
»Sie haben ihn bewußt gereizt«, warf sie ihm vor.
»Ich würde mich an deiner Stelle nicht so aufspielen«, wies er sie zurecht. »Du hast ihn ja dazu gebracht, Farbe zu bekennen. Ich mag Feiglinge nicht, das ist alles.«
Courtney stöhnte – nun war sie daran schuld. Nein! Das stimmte nicht. Sie hatte Romero nicht zu der Kraftprobe aufgestachelt – das war Pretty Boys Werk gewesen.
»Ich habe geglaubt, daß die Komantschen Wilde sind, aber Sie sind der Wilde«, zischte sie.
Sie war davon überzeugt, daß er sie schlagen würde, aber er zog sie nur auf die Füße. »Ich glaube, das Problem besteht darin, daß ich mich zu lange nicht um dich gekümmert habe, Liebling.« Er hielt ihren Arm so fest, daß es schmerzte; sie wollte sich losreißen, aber er lockerte den Griff nicht, während er seine Aufmerksamkeit den anderen zuwandte. »Schaff die Leiche fort, Frank – aber laß dir dabei Zeit. Und wenn Sie sich solche Sorgen wegen der Indianer machen, Jim, warum sehen Sie sich dann nicht ein wenig um?«
Courtney wurde blaß.
»Nein!« rief sie. »Wagen Sie nicht, mich mit diesem Ungeheuer allein zu lassen, Evans!«
Evans sah sie nicht einmal an, sondern griff nach seinem Gewehr und verließ das Lager. Frank kümmerte sich genausowenig um sie, als er die Leiche außer Sicht zog. Pretty Boy wandte seine Aufmerksamkeit jetzt Courtney zu, und die Wut in seinen violetten Augen erschreckte sie.
»Sie müssen nicht alles wörtlich nehmen, was ich gesagt habe«, meinte sie ängstlich.
»Natürlich nicht, Liebling.«
Natürlich glaubte er ihr nicht, und Courtney spürte instinktiv, daß dieser Mann kein Mitgefühl kannte. Courtney hatte vor langer Zeit einmal um den Mut gebetet, nicht betteln zu müssen. Damals war es um ihr Leben gegangen. Diesmal war die Situation genauso entsetzlich, und sie befahl sich, weder zu Kreuz zu kriechen noch zu bitten.
Sie flüchtete sich in Zorn.
»Also schön, ich habe es so gemeint. Sie sind ein gemeiner –«
Ihre Wange brannte wie Feuer. Kaum hatte er sie geschlagen, warf er sie zu Boden, und sein Gewicht hinderte sie daran, sich zu bewegen. Sein Mund preßte sich auf den ihren und schnitt ihr die Luft ab.
Seine Zähne glitten über ihre Wange und gruben sich dann in ihren Hals. Courtney schrie auf, packte ihn an den Haaren und riß seinen Kopf zurück. Er war nicht im. geringsten beeindruckt, sondern grinste sie an.
»Wenn Sie noch einen Schritt weiter gehen«, keuchte sie, »legt Chandos Sie um.«
»Hast du noch immer nicht begriffen? Ich habe keine Angst vor deinem Halbblut.«
»Wenn Sie keine Angst vor ihm haben, dann sind Sie ein Idiot!«
Seine Hand schloß sich um ihren Hals und drückte brutal zu, so daß sie keine Luft bekam. Er ließ sie beinahe eine Minute kämpfen, bis er sie endlich losließ. Im nächsten Augenblick zerriß er ihr Bluse und Hemd mit einer einzigen Bewegung, und auf ihrer Brust, wo sein Nagel ihre Haut geritzt hatte, bildete sich ein langer, roter Streifen.
»Du solltest lieber den Mund halten«, erklärte er ihr kalt. »Ich habe mir von dir mehr gefallen lassen als je von einem anderen Menschen.«
»Dann hat Ihnen wohl noch niemand die Wahrheit gesagt?«
Die Ohrfeige trieb Courtney die Tränen in die Augen, aber es war, als ritte sie der Teufel; sie konnte einfach nicht den Mund halten.
»Sie haben etwas übersehen, Pretty Boy. Romero war der letzte Mann, den Sie auf diese Art töten konnten. Komantschen kämpfen anders. Fünf oder sechs werden Sie gleichzeitig überfallen. Was nützt Ihnen dann Ihr schneller Revolver?«
»Hast du das dem Mexikaner erzählt, um ihm Angst einzujagen?«
»Nein, ich habe ihm erzählt, daß Chandos wahrscheinlich allein kommen wird, weil er keine Hilfe braucht, um mit Geschmeiß wie –«
Sie schrie auf, als sich seine Finger in ihre Brust gruben. Er drückte ihr die andere Hand auf den Mund, aber sie biß ihn, und er riß die Hand zurück.
»Chandos!« schrie Courtney; sie wußte, daß es keinen Sinn hatte, aber sie brauchte wenigstens ein bißchen Hoffnung.
»Miststück!« knurrte Pretty Boy. »Ich sollte –«
Er unterbrach sich, als ein fürchterlicher Schrei ertönte. Sie erstarrten beide. Es war ein Todesschrei, ein qualvoller Schrei, der Schrei eines Mannes. Dann folgte ein zweiter Schrei, der noch entsetzlicher war als der erste. Im
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