Stürmisches Herz
nächsten Augenblick brach jemand durch das Gebüsch, und Frank tauchte im Lager auf.
»Verdammt noch mal!« keuchte Frank atemlos. »Sie haben Evans.«
Pretty Boy war mit dem Revolver in der Hand aufgesprungen. »Es kann ein Bär gewesen sein, oder eine Wildkatze.«
»Klar«, antwortete Frank, »aber du glaubst das genauso wenig wie ich. Es ist ein alter Trick. Sie werden ihn die ganze Nacht foltern, damit wir hören, wie er schreit. Es wird uns wahnsinnig machen, und am Morgen werden sie leichtes Spiel mit uns haben.«
Pretty Boy richtete den Revolver auf Courtney.
»Steh auf. Wir hauen ab.«
Sie erhob sich langsam. »Ich habe geglaubt, daß Sie sich ihnen stellen wollen«, bemerkte sie mit Unschuldsmiene.
Das trug ihr einen weiteren Schlag ein; sie taumelte zurück und landete hart auf dem Boden. Dort blieb sie sitzen, drückte eine Hand auf die Wange und hielt sich mit der anderen die Bluse zu. Sie sah Pretty Boy haßerfüllt in die Augen, und dieser wich wider Willen zurück.
»Sei vorsichtig«, ermahnte ihn Frank. »Sie ist das einzige Druckmittel, das wir besitzen.«
»Wir brechen auf«, erwiderte Pretty Boy selbstsicher. »Wir brauchen kein Druckmittel, wenn wir nicht hier sind.«
»Das geht nicht. Da draußen steht mindestens einer, der uns beobachtet. Wenn wir jetzt versuchen fortzureiten, erledigen sie uns auf der Stelle. Wir müssen überlegen, wie wir aus der Falle rauskommen – leider sind sie im Vorteil.«
Pretty Boy, der wußte, daß Frank recht hatte, drehte sich im Kreis und versuchte, ein Ziel auszumachen. Courtney bereitete seine Furcht perverses Vergnügen, obwohl sie selbst Angst hatte; allerdings aus einem anderen Grund.
In bezug auf Evans hatte sich Frank allerdings geirrt. Zehn Minuten vergingen, ohne daß ein weiterer Schrei ertönte, und sie nahmen an, daß Evans tot war. Die beiden Männer nahmen auch an, daß die Indianer da draußen wegen Courtney gekommen waren, aber Courtney hielt es für genauso wahrscheinlich, daß die Angreifer zufällig auf das Lager gestoßen waren, und dann würde sie binnen kurzem genauso tot sein wie Pretty Boy und Frank.
»Ich brauche einen Revolver«, erklärte sie daher, während sie aufstand.
»Das kannst du vergessen«, fauchte Pretty Boy.
»Wollen Sie wirklich bis zum bitteren Ende ein Idiot bleiben?« fuhr sie ihn an. »Ich habe vielleicht nicht viel Erfahrung mit Revolvern, aber jemanden, der vor mit steht, kann ich bestimmt treffen.«
»Ja, zum Beispiel mich.«
Frank grinste, und Courtney verzog verzweifelt das Gesicht.
»Kommt denn keiner von Ihnen auf die Idee, daß da draußen alles Mögliche warten kann? Es kann sogar ein wildes Tier sein – Evans hat nicht mehr geschrien. Oder er hat einen Unfall gehabt.«
»Bei einem Unfall schreit kein Mensch so«, wandte Frank ein.
»Also schön.« Courtney zögerte einen Augenblick, dann fuhr sie fort. »Ich muß Ihnen etwas gestehen. Es ist nicht sehr wahrscheinlich, daß Chandos der Angreifer ist. Er ist von einer Schlange gebissen worden und war noch nicht gesund, als Evans mich entdeckt hat. Das ist der wahre Grund, warum ich eine Auseinandersetzung zwischen ihm und Romero vermeiden wollte. Soweit war Chandos noch nicht. Und obwohl es tatsächlich Indianer in diesem Gebiet gibt, nehme ich kaum an, daß sie ausgerechnet mich retten würden. Können Sie sich vorstellen, daß ein echter Komantsche auf die Idee kommt, eine weiße Frau zu retten?«
»Ich kann mir vorstellen, daß eine weiße Frau alles Mögliche erzählt, um einen Revolver in die Hand zu bekommen«, antwortete Pretty Boy. »Und du allemal, Liebling. Deshalb kannst du reden, bis du heiser bist – es bleibt bei meinem Nein.«
»Sie –«
Pretty Boy verlor die Geduld. »Halt den Mund, damit ich hören kann, was draußen los ist.«
Courtney gehorchte. In diesem Augenblick sagte Frank: »Ich kann es nicht glauben. Der Kerl ist verrückt. Er kommt alleine!«
Pretty Boy und Courtney drehten sich um. Chandos kam langsam durch die Bäume geritten, bis er nur noch drei Meter entfernt war. Courtneys Herz klopfte ihr bis zum Hals. Er war ihretwegen gekommen! Er war gekommen, um sie zu retten, obwohl er krank war!
Er sah entsetzlich aus. Der zwei Tage alte Stoppelbart und die zerknautschte Kleidung ließen ihn noch abgezehrter aussehen. Er hatte sich nicht einmal umgezogen.
Pretty Boy grinste. Frank hielt seinen Revolver auf Chandos gerichtet. Chandos hielt die Zügel mit beiden Händen, sein Revolver steckte im Halfter. Er
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