Stürmisches Paradies
lehnte und sich an ihn kuschelte. Er wollte nicht mitbekommen, wie die Sonne ihr Haar beschien und es glänzen ließ, oder die Sommersprossen beachten, die er auf ihren Wangen bemerkte, als er auf sie hinabsah.
»Ich weiß es nicht, aber wir müssen darüber reden. Danke«, fügte er hinzu, als Vincent die Lukentür für ihn öffnete. »Nate wird gleich etwas Wasser herbringen. Wenn er das tut, dann möchte ich euch beide in meiner Kabine sprechen. Lass Billy das Steuerruder übernehmen. Hoffentlich dauert es nicht lange.«
»Aye, Kapitän.« Vincent lächelte und deutete auf Alicia, die immer noch tief und fest in Blakes Armen schlief. »Weißt du, ritterliches Benehmen steht dir gut.«
Blake blickte finster drein. »Du scheinst wirklich Schlaf zu benötigen, du redest ja schon wirres Zeug.«
Vincents Kichern verfolgte Blake in seine Kabine. Blake redete sich ein, er wäre nicht absichtlich behutsam mit ihr, als er Alicia auf sein Bett legte und sie dann mit einer leichten Decke zudeckte. Es war bloß sein gesunder Menschenverstand. Solange sie schlief, ärgerte sie ihn nicht und sah ihn auch nicht mit diesen unergründlichen blauen Augen an.
Sie seufzte, dann drehte sie den Kopf auf seinem Kissen, sodass er ihr direkt ins Gesicht schauen konnte. Sie war jung, kaum mehr als ein Mädchen, doch obwohl sie wie ein Junge gekleidet war, war sie unbestreitbar hübsch. Sein Blick glitt von ihren dunklen, goldenen Wimpern, die sich fächerförmig über ihre bleichen Wangen ausbreiteten, zu den leicht geöffneten Lippen. Deren Fülle und blassrosa Farbe fesselten seine Aufmerksamkeit. Wäre sie jemand anderes gewesen, dann hätte es ihn ernsthaft in Versuchung geführt, herauszufinden, ob ihre Lippen wirklich so weich und süß waren, wie sie schienen.
Doch sie war niemand anderes. Er holte einmal tief Luft, schüttelte den Kopf und drehte sich von ihr fort, bevor ihn seine Augen noch weiter verraten konnten. Ja, in der Tat, je früher sie sein Schiff verließ, desto besser.
Alicia wachte beim Klang von gedämpften Stimmen auf und hatte keine Ahnung, wo sie war. Sie öffnete die Augen und sah sich um. Licht strömte durch ein kleines Bullauge zu ihrer Linken und schien direkt auf die drei flüsternden Männer. Sie erkannte Blake wieder. Der zweite Mann war größer, und der dritte war ein Zwerg, den sie gesehen hatte, kurz nachdem sie an Bord gekommen war.
Der große Tisch, neben dem sie standen, und das bequeme Bett unter ihr ließen keinen Zweifel daran, dass sie in Blakes Kabine war. Und im Augenblick hörte er wohl jede der Lügen, die sie erzählt hatte, um an Bord seines Schiffes zu gelangen. Wenn man Blakes Gefühle für sie bedachte – etwas, das sie immer noch nicht ganz verstand -, dann würde ihm das sicher nicht dabei helfen, sie in einem besseren Licht zu sehen. Da sie aber noch nie jemand gewesen war, der einer Aufgabe ausgewichen wäre, selbst einer unangenehmen, nahm Alicia all ihren Mut zusammen und warf die leichte Decke ab, die sie bedeckte. Dann hielt sie in ihrer Bewegung inne. Hatte er sie etwa zugedeckt?
Ein Gefühl, das sie noch nie zuvor empfunden hatte, bescherte ihr Schmetterlinge im Bauch und wärmte ihr das Herz. Hatte sich Blake etwa die Zeit genommen, ja sogar so viel Mitgefühl besessen, die Decke über sie zu legen? Noch nie hatte jemand sie so fürsorglich behandelt. Frauen wandten sich normalerweise von ihr ab, selbst wenn sie nicht für die Arbeit gekleidet war, weil sie in ihren Augen nicht »normal« war. Die Reaktionen der Männer variierten. Einige nahmen es ihr übel, dass sie eine Arbeit ausübte, bei der sie sich nicht bloß auszeichnete, sondern die meisten von ihnen sogar noch übertraf. Andere konnten nicht glauben, dass eine schmale Frau wie sie solch harte Arbeit leisten konnte. Die restlichen behandelten sie wie einen Mann, da sie einfach nicht durch ihre Kleidung und ihren Beruf auf die Frau darunter schauten.
Als Alicia aufsah, begegnete sie Blakes kaltem Gesichtsausdruck, und all ihre warmen Gedanken schwanden dahin.
»Gut, Ihr seid wach.«
Der Zwerg und der andere Mann drehten sich ebenfalls zu ihr um, beide mit einem neugierigen Ausdruck auf dem Gesicht.
»So scheint es«, antwortete sie, schob die Kränkung beiseite und schwang ihre Beine aus dem Bett.
»Ich werde später mit euch reden«, sagte Blake zu seinen Männern.
»Die Männer haben sie schon gesehen«, meinte der groß gewachsene Mann.
»Dessen bin ich mir sehr wohl bewusst«, murmelte
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