Stürmisches Paradies
vollstinkt.«
»Ihr meint noch mehr, als es das ohnehin schon tut?«
»Wenn es Euch nicht passt, steht es Euch frei, zu gehen. Ich habe keine Einwände, falls Ihr nicht bereit seid, zu warten, bis wir es in den nächsten Hafen schaffen.«
»Ich nehme an, Ihr seid nicht verheiratet.« Trotz ihrer Blässe und der eingefallenen Wangen verzog sie den Mund zu einem spöttischen Lächeln.
»Nein, bin ich nicht.«
»Schockierend«, antwortete sie.
Weil ein Teil von ihm von ihrer Frechheit beeindruckt war, wurde er zornig. Er sollte nicht beeindruckt sein. Er sollte böse sein, einmal auf sie, weil sie hier war, und auch auf sich selbst, weil er etwas an Alicia Davidson für bewundernswert erachtete.
»Seid Ihr immer so undankbar für Hilfe?«, fragte er.
»Seid Ihr immer so unfreundlich?«, fragte sie zurück.
Normalerweise nicht, doch es hatte ihn wütend gemacht, sie an diesem Grab gesehen zu haben, wie sie um einen Mann weinte, um den man nicht hätte weinen sollen. Aber andererseits hatte sie anscheinend eine Seite an Jacob Davidson gekannt, die Blake offensichtlich verborgen geblieben war.
»Zur Kabine geht es da lang«, murmelte er.
Sie rappelte sich hoch und folgte ihm, den Eimer immer noch fest umklammert. Dieses Mal achtete er nicht darauf, wohin er trat. Er nahm jeweils zwei Stufen auf einmal und war bereits auf das nächste Deck geklettert, als er sie wieder würgen hörte.
»Gütiger Gott.« Da er in der Nähe der Kombüse war, ging er hinein und bat den Koch, etwas Tee zu machen und diesen mit etwas trockenem Brot in seine Kabine zu schicken. Dann ging er zurück, um Alicia zu holen.
»Kommt Ihr?«
Sie hatte auf den Stufen gesessen, und jetzt, da sie sich weiter oben im Schiff befand, erregte sie die Aufmerksamkeit einiger Besatzungsmitglieder. Sie schauten über die Reling und fragten sich, wann und wie eine Frau an Bord gekommen war. Blake fragte sich das ebenfalls.
Alicia schien sich jedoch nicht an den zusammengelaufenen Männern zu stören. Vielmehr schien sie mit ihrem gegen die Wand gelehnten Kopf und den locker auf den Knien liegenden Händen beinahe -
»Verdammter Mist«, fluchte er und nahm die Stufen ebenso schnell abwärts, wie er sie hinaufgeeilt war. Tatsächlich, da war sie, den Eimer im Schoss, und schlief fest.
»Wir können sie in meine Hängematte legen«, bot ein Mannschaftsmitglied bereitwillig an.
»Oder in meine«, sagte ein anderer.
Daraufhin folgte ein hitziger Streit darüber, wer denn nun Alicia bekommen solle. Und das war der zweite Moment, in dem Blake klar wurde, dass er nunmehr Probleme hatte. Das erste Mal war gewesen, als er sie gesehen und gemerkt hatte, welche Reaktion sie bei ihm selbst auslöste. Er hatte keine Zeit gehabt, darüber nachzudenken, was seine Besatzung wohl tun würde. Dank ihr wusste er es jetzt ganz genau. Während er spürte, wie sich die Kopfschmerzen bereits hinter seinem rechten Auge zusammenbrauten, brachte Blake seine Mannschaft mit einem zornigen Blick zum Schweigen.
»Sie wird in meiner Kabine sein, jedenfalls für den Augenblick, und ich will kein weiteres Wort über sie hören. Nate«, rief er, als er seinen anderen Bootsmann durch die Menge kommen sah, »bring einen Eimer mit warmem Wasser und ein Handtuch in meine Kabine.« Blake reichte Nate den schmutzigen Kübel und ignorierte dessen fragenden Blick. »Mach den auch sauber und bring ihn wieder mit. Der Rest von euch hat Aufgaben, um die ihr euch kümmern müsst. Und vergesst nicht, dort unten aufzuwischen. Es stinkt verdammt da drunten.«
Die Männer wussten genau, dass es keinen Sinn hatte, darüber zu debattieren oder zu trödeln, und bald war der Gang wieder sauber. Als Blake auf Alicia herabsah, brachte er es nicht übers Herz, sie zu wecken, trotz seiner Gefühle für sie. Er wollte sich die lange Nacht ihrer Krankheit gar nicht vorstellen und wusste, wenn er sie mit so wenig Schuldgefühlen wie möglich von seinem Schiff runter haben wollte, dann musste Alicia schnell wieder gesund werden. Andernfalls würde es ihm keine Ruhe lassen.
Er beugte sich nach vorn und schob sie in seine Arme. Fluchend, weil sie so wenig wog, trug er Alicia die Treppe hinauf, an Deck und quer darüber, bis er zu der Luke kam, die zu seiner Kabine führte. Vincents Augen sahen aus, als ob sie ihm gleich im Kopf explodieren würden.
»Eine Frau?«, keuchte er. »Wie konnte mir das entgehen?«
Blake wollte nicht über ihr Geschlecht nachdenken oder darüber, wie sie ihren Kopf an seine Brust
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