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Stürmisches Paradies

Stürmisches Paradies

Titel: Stürmisches Paradies Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michelle Beattie
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den Kopf, die andere aufs Herz.
    Er war sich nicht sicher, welcher Körperteil davon ihm mehr weh tat.
    Es war nicht ganz einfach gewesen, aber Alicia war es gelungen, aus dem Haus zu schlüpfen, ohne dass jemand etwas bemerkte. Sie marschierte auf Zehenspitzen an Aidans Zimmer vorbei, wo sie hören konnte, wie Sam dabei war, vernünftig mit dem Jungen zu reden. Der mangelnden Resonanz auf Aidans Seite nach zu urteilen, war der Junge nicht in vernünftiger Stimmung. Im Wohnzimmer fand sie Joe im Sessel sitzend, die Hände ruhten auf seinem Bauch. Sein Schnarchen war laut genug, um das Geräusch zu verbergen, als sie aus der Hintertür schlüpfte.
    Die Sonne war heiß und traf ihr Gesicht mit fast ebenso großer Hitze, wie es der Glühofen in der Schmiedewerkstatt tat. Sie schloss die Augen, stellte sich die Werkstatt und das Sortiment an Werkzeugen vor, den Geruch von Qualm und heißem Stahl. Es half ihr, zu wissen, dass sie zu etwas zurückkehren würde, was sie liebte. Sie verließ ja nicht nur Sam, sie fuhr nach Hause. Mit Blake.
    Dennoch machte die Gewissheit, mit Blake zusammen zu sein, den Gedanken, Sam zu verlassen, nicht weniger herzzerreißend. Wer wusste schon, wann sie sich ein nächstes Mal wiedersehen würden? Es war ja nicht so, als ob sie bloß auf der anderen Seite der Insel lebten.
    Wieder stiegen ihr diese verdammten Tränen in die Augen, und Alicia wischte sie ungeduldig fort. Mit Gewalt verdrängte sie diese Art von Gedanken, denn sie brachten nichts, sondern machten sie bloß weinerlich. Stattdessen betrachtete sie Sams Blumen, fiel auf die Knie und begann Unkraut zu jäten. Alicia arbeitete sich durch das Beet, riss Unkraut aus und war froh, etwas zu tun zu haben, um ihre Hände zu beschäftigen. Nur rumzusitzen wurde langsam langweilig, und da sie wusste, sie würde auf der Reise zurück nach Port Royal noch mehr als genug herumsitzen, genoss sie diese einfache Tätigkeit nun umso mehr.
    Alicia arbeitete weiter vor sich hin, während ihre Gedanken zwischen Sam und Blake und der Gedenkfeier hin und her wirbelten, die sie für ihre Eltern abhalten wollte, sobald sie wieder in Port Royal waren. Deshalb überraschte es sie, als sie aufsah und feststellte, dass sie beinahe eine komplette Seite des Weges bearbeitet hatte. Obwohl ihre Knie langsam wund wurden und ihr der Schweiß den Nacken hinablief, fühlte sich Alicia zum ersten Mal seit Tagen nützlich.
    Sie war nicht dafür geschaffen, den ganzen Tag nur herumzusitzen. Schicklich oder nicht, Alicia musste arbeiten, musste auf eine Art und Weise produktiv sein, wie sie es in einem Leben als Dame der Gesellschaft nie sein würde.
    »Alicia?«, hörte sie Sam durch die offenen Fenster des Hauses rufen. Sie lächelte, als sie ein Klatschen und ein abrupt unterbrochenes Schnarchen hörte. »Joe! Wo ist Alicia? Oben ist sie nicht.«
    »Ich bin draußen, Sam«, rief Alicia. Sie rappelte sich auf und wischte sich die Hände am Rock ab. Sie hob den Kopf, erlitt einen heftigen Schwindelanfall und taumelte. Kleine weiße Flecken tanzten vor ihren Augen. Sie streckte die Hand aus und versuchte, sich an irgendetwas festzuhalten.
    »Alicia!«, schrie Sam und fing sie gerade noch rechtzeitig auf, bevor ihre Schwester das Gleichgewicht verlor. »Joe!«, brüllte sie, und augenblicklich eilten schwere Fußtritte nach draußen.
    »Es geht mir gut«, sagte Alicia, die schon wieder klar sehen konnte. »Ich bin einfach zu schnell aufgestanden.«
    »Bring sie rein, Joe. Ich werde ihr etwas zu trinken holen.«
    Bevor Alicia einwenden konnte, dass sie sehr gut selbst laufen konnte, hatte Joe sie schon auf seine Arme gehoben und ins Wohnzimmer getragen. Er setzte sie so vorsichtig ab, als ob sie aus Porzellan wäre, und als er einen Schritt zurücktrat, war er es, der aussah, als ob er gleich in Ohnmacht fallen würde. Seine Augen schienen riesig, und seine normalerweise roten Wangen waren kreidebleich.
    »Joe, es geht mir gut. Es war bloß die Hitze.«
    »Und du solltest es besser wissen«, sagte Sam und trug ein Tablett mit drei hohen Gläsern mit süßem Tee darin hinein. Sie gab jeweils eines an Alicia und Joe und nahm sich selbst das dritte. Dann setzte sie sich neben ihre Schwester. »Trink«, befahl sie und trank selbst erst, nachdem Alicia tat, wie ihr geheißen wurde.
    Sam hatte eine dicke Scheibe Zitrone in den Tee getan. Alicia trank das halbe Glas auf einmal aus. Sie seufzte, schloss die Augen und spürte, wie ihr Körper abkühlte.
    »Alicia, du musst

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