Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Stützpunkt Roter Stern

Stützpunkt Roter Stern

Titel: Stützpunkt Roter Stern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Bekker
Vom Netzwerk:
Ryry-Stamm an den sanften Ufern des nördlichen Großsees gesiedelt.
    Aber die Erinnerung daran war längst verblasst. Das Land am Großsee hatte sich sprachlich zu einem Synonym für Idealzustände aller Art entwickelt. Ab und zu gab es Reisende, die von dort kamen und manchmal reisten auch Angehörige des Ryry-Stammes zum Großsee.
    Jeder wusste, dass es dort inzwischen auch nicht viel besser war als am Niederkanal. Das Problem der Salzablagerungen an den Ufern war am Großsee sogar noch viel gravierender.
    »Die Welt stirbt«, sagte Myrwynyw, der Stammesälteste, ein Embaan-Bulle, der mit 3 Kühen und vierundzwanzig Kälbern einen Familienverband bildete. Leider war unter den Embaan-Kälbern derzeit kein einziger Glücksbringer.
    Die Hoffnungen des Clans ruhten daher auf der trächtigen Embaan-Kuh Zyrzyry. Es gab schon erste Vorwürfe, die sich gegen den Stammesältesten richteten. Er habe die ihm angetrauten Kühe auf Grund seiner ungezügelten Begierde ausgewählt und nicht ausreichend darauf geachtet, ob deren Vorfahren Eltern von Glücksbringern gewesen waren. Und schlimmer noch! Myrwynyw habe auch anderen Heiratswilligen in seinem Stamm zu wenig Auflagen bei der Partnerwahl gemacht.
    Myrwynyw weigerte sich jedoch, einen Zusammenhang zwischen der von ihm eingeführten größeren Mitbestimmung bei der Partnerwahl und dem Rückgang des Anteils von Glücksbringern in seinem Stamm anzuerkennen.
    Früher war es das Recht und die Aufgabe der Clan-Ältesten gewesen, einer Verbindung entweder zuzustimmen oder diese Zustimmung zu verweigern. Myrwynyw hatte dagegen die Regel eingeführt, dass niemand gegen seinen Willen zu einer Verbindung gezwungen werden dürfe.
    »Die Welt stirbt«, wiederholte der Stammesälteste sinnend und dabei hatte er seine drei Rüsselarme ineinander verschränkt. Auch er war ein Glücksbringer, aber heute sagten viele in seinem Stamm, dass er nur so aussehe. Tatsächlich hätte er dem Stamm kein Glück gebracht.
    Ein Grunzen ertönte aus den Kehlen von zehn Embaan-Kolossen, die um den Feuerplatz herum saßen. Es war ein Laut der Zustimmung. Ein Laut, der außerdem ihren eigenen seelischen Schmerz darüber zum Ausdruck brachte, dass offenbar alles im Niedergang begriffen war. Dass es von Jahr zur Jahr schwieriger wurde, die Felder zu erhalten. Dass die Temperatur anstieg und dass der fruchtbare Streifen Land zu beiden Ufern des Niederkanals immer schmaler wurde. Es war kein dramatischer Rückgang. Nichts, worüber man sich in einem oder in fünf Jahren Sorgen machen musste. Aber in zehn Jahren auf jeden Fall. Wenn es sehr schlimm kam, dann mussten die Ryry vielleicht den Niederkanal verlassen und sich irgendwo anders ein Territorium suchen. Aber freiwillig würde es ihnen niemand geben. Und der geringe Anteil an Glücksbringern handicapte sie im Krieg.
    Der Tödliche Ruf eines Glücksbringers war um ein Vielfaches stärker und intensiver als dies bei einem gewöhnlichen Embaan der Fall war. Wenn ein Glücksbringer ihn ausstieß, starben zehnmal so viele Feinde, als wenn dies ein Embaan mit nur zwei Rüsselarmen tat. Und sogar die Geister reagierten schneller darauf.
    Die beste Garantie dafür, dass ein Stamm sich durchsetzen und eines der kleiner werdenden fruchtbareren Territorien für sich erobern und halten konnte, war also ein hoher Anteil an Glücksbringern.
     
     
    Tryskwyn näherte sich dem Platz, an dem sich die Gruppe von Ryry-Bullen niedergelassen hatte. Jetzt in der Dämmerung wurde es kühler und wenn erst die Sterne am Himmel funkelten, konnte es sogar empfindlich kalt werden – trotz der mörderischen Hitze am Tag. Früher, so berichtete die Legende, hatte es Wolken am Himmel gegeben. Wolken, die aus beseeltem Wasser bestanden hatten und verhinderten, dass es in der Nacht zu kalt und am Tag zu heiß wurde. Aber die Wolken hatten der Macht hinter der Welt den Dienst gekündigt und waren verschwunden, so sagte man.
    Inzwischen sahen die meisten Embaan es eher so, dass das Verschwinden der Wolken eine Folge des Klimawandels war, dem ihr Planet schon seit Generationen unterworfen war. Ein Wandel, der vermutlich durch die zunehmende Ausdehnung der Sonne verursacht wurde. Es hatte schon vor fünf oder sechs Generationen Embaan-Mathematiker gegeben, die dazu in der Lage gewesen waren, den Umfang ihres Planeten, den Abstand zur roten Riesensonne und den Umfang dieses riesigen Glutballs zu errechnen.
    Dass die Sonne wuchs, daran konnte niemand zweifeln, der den Gesetzen der Logik

Weitere Kostenlose Bücher