Stummer Zorn
Lärmpegels im Raum brüllend mit Stan und Barbara und schaffte es, sie in Schwung zu bringen. Bald kam ein anderer Professor aus Houghton herüber und fing an, eine akkurate Charakterbeschreibung seines Fachbereichsleiters zum besten zu geben. Ich schaute weiter aufmerksam, schweifte aber in Gedanken ab. Ich lauschte der überall um mich herum dröhnenden Feier, Das war meine erste Südstaatenparty seit Jahren, und ich merkte langsam, daß sie anders war. Die Stimmen klangen, gewiß noch genauso ausgelassen, die Kehlen waren noch genauso trocken. Natür-lich hatte die Sprechweise zum großen Teil einen anderen Rhythmus; einige Leute aus dem Norden und Mittleren Westen vom Houghton brachten Abwechslung hinein. Aber viele der Gesprächsthemen, die ich aufschnappte, waren dieselben - der Präsident, die Wirtschaft, Kinder, bekannte Persönlichkeiten.
Es gab aber einen Unterschied. Irgendwann kam ich darauf. Die meisten Menschen, die ich in New York gekannt hatte, waren in einer der konkurrenzorientiertesten Städte der Welt, einer Stadt, in der Erfolg zu haben bedeutete, überall auf der Welt Erfolg zu haben, auf dem Weg nach oben oder schon dort angelangt.
Unglaublicherweise waren die Menschen auf dieser kleinen Feier in Knolls, Tennessee, sich ihrer selbst sicheret. Sie hatten einen Platz auf der Welt, und bei Gott, sie wußten es. Mit Ausnahme der zugezogenen Leute vom College war die Menschenmenge in Mimis Wohnzimmer miteinander verwandt, gemeinsam aufgewachsen und voneinander abhängig, und mit seltenen Ausnahmen würden sie in ihrer Geburtsstadt immer akzeptiert werden, ganz gleich, was der Einzelne tat.
Das hatte wie jeder andere unabänderliche Zustand seine Vor- und Nachteile. Aber an diesem Abend, im Rausch der gelungenen Gastgeberinnenrolle und der Wärme des Nachhausekommens, wirkte diese Sicherheit geradezu himmlisch. In dieser Gesellschaft fühlte ich mich unglaublich sicher, so wie nirgendwo anders. Ich sank wieder hinein wie in ein weiches Sofa. Wieder bei der Herde. Keine Notwendigkeit, mich zu beweisen. Meine Bemühungen in New York schienen grotesk.
Dann schrie mir Barbara etwas ins Ohr, und ich nahm Haltung an. Ich konnte nicht verstehen, was sie sagte, aber ich hörte genug, um Ihr zu sagen, daß sie den Südstaatenakzent annahm. Barbara lachte so sehr, daß mir auffiel, daß sie Alkohol zweifellos zu schätzen wußte. Ihr Gesicht war von der Hitze der dichtgedrängten Körper und einer guten Dosis Bourbon errötet. Stan, ihr mittelenglischer Liebhaber, wirkte ob Barbaras lautstarker guter Laune leicht verlegen, es schien allerdings, als habe auch er nicht weniger getrunken. Vielleicht würde Ich später Gelegenheit bekommen, zu sehen, wie der schüchterne Stan Haskeil aus sich herausging. Was für eine Aussicht.
In diesem Moment gestikulierte er wild in Richtung von jemandem, der hinter meiner linken Schulter stand. Ich drehte mich, um zu sehen, wer es war. Mein Retter aus dem Kreuzgang im Englisch-und Verwaltungsgebäude bewegte sich auf unsere kleine Gruppe zu.
„Nickie Callahan, Theo Cochran", stellte uns Barbara einander vor. „Nickie, Theo ist in Houghton für die Immatrikulation zuständig."
Ich strahlte Theo an. „Wir sind einander schon begegnet, in der Dunkelheit", erzählte ich Barbara. Sie lachte wieder unbändig.
Theo lächelte und nickte mir zu, dann drehte er den Kopf in Barbaras Richtung. Er sah an diesem Abend auf seine an einen römischen Senator erinnernde Art recht attraktiv aus. „Gratulation, Barbara! Zur Festanstellung!" sagte er. „Ich habe dich nicht gesehen, seit ich es erfahren habe."
„Danke, ich feiere sie gerade! Wo ist deine Frau?"
Theo wies in die entfernteste Ecke des Raumes. Seine Frau schien die intelligent wirkende Dame zu sein, die ein Kleid trug, das jeden Designer zum Erbrechen gebracht hätte.
„Wie geht's Neil?" fragte Barbara. Ich mußte verwirrt geschaut haben. Stan beugte sich herüber, um mir zu sagen, daß Neil Theos kleine Tochter war. Ich nickte. Da war dieser besondere Tonfall in Barbaras Stimme, der ein heikles Thema signalisierte, also veränderte ich meinen Gesichtsausdruck dementsprechend.
„Es geht ihr den Umständen entsprechend gut", antwortete der Verwaltungsmitarbeiter Barbara mit zusammengepreßten Lippen.
Das war das Ende von Theos Aufenthalt in unserer Gesellschaft. Er stand noch den Moment lang da, den die Höflichkeit erforderte, nickte dann kurz und ging wieder zu seiner Frau.
„Du hättest nicht fragen sollen",
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