Stummer Zorn
habe."
Et sah überrascht aus, genau wie et sollte. Ich glaube, das war das erste Mal, daß ich etwas wirklich Persönliches zu Cully gesagt hatte.
„Das ist interessant", sagte er nach einer Weile.
Wir sagten nichts mehr; aber eigentümlicherweise war dieses Stillschweigen nicht unbehaglich. Ich verdrängte ihn aus meinen Gedanken und war halb eingeschlafen, als wir heimkamen.
Als ich erwachte, drückte sich Attila als warmes schnurrendes Bündel an mein Bein. Er hatte mich endgültig adoptiert, was von gänzlichem Undank Mimi gegenüber zeugte, die ihn als verhungerndes Kätzchen gefunden und bis zu seiner gegenwärtigen gewaltigen Größe gefuttert hatte.
Er saß auf dem Klodeckel, als ich duschte und mir die Haare trocknete. Das Geräusch des Föns machte ihn unruhig, aber er hielt es aus um seine Neugierde zu befriedigen. Er ertrug sogar mein unmelodisches Gesumme, das Gesangsähnlichste, das ich je hervorbringen werde. Das Nickerchen und die heiße Dusche hatten den Großteil meiner Schmerzen vertrieben. Der Schnitt sah sauber und klein aus. Ich fühlte mich erfrischt und in Partylaune. Ich kraulte Attila unter dem Kinn, und er folgte mir zu meinem Frisiertisch, um mit zuzusehen, wie ich mein Make-up auftrug.
Ich dachte liebevoll an kleine pelzige Freunde, als ich (im Spiegel) Attila sah, wie er sorgsam und absichtlich einen meiner Ohrringe über die Kante des Tisches schubste. Er strengte sich sehr an, unschuldig zu gucken, als er begriff, daß ich ihn ertappt hatte, aber der Blick erzielte keinen Erfolg.
„Du wirst dich wohl an meine Regeln gewöhnen müssen", sagte ich grimmig, „wenn wir zusammenwohnen wollen. Böse Katze!" Ich gab ihm einen Klaps auf den breiten Hintern.
Er biß mich und begann unverzüglich, wie eine Ketten säge zu schnurren. Wir starrten einander an.
Ich schlußfolgerte, der Kater müsse schizophren sein. Ich kniete mich hin, um unter dem Bett nach dem Ohrring zu tasten. (Natürlich war er unter das Bert gerollt - tun sie das nicht immer?) Attila sprang mit einem dumpfen Aufschlag vom Frisiertisch und tauchte unter der Tagesdecke hindurch, um zu sehen, was ich tat. Er machte den Goldglanz den Bruchteil einer Sekunde vor mir aus und setzte sich blitzschnell auf meinen Ohrring. Wir starrten einander erneut an. Es sah nach einer Pattsituation aus.
Zum Glück für einen von uns steckte Mao den Kopf durch die Tür, um das Zimmer zu erforschen. Attila erhob sich blitzschnell von dem Ohrring und verfolgte den kleineren Kater mit wütendem Jaulen.
Das Anziehen ging reibungsloser vonstatten, nachdem er das Zimmer verlassen hatte. Ich war schnell fertig, außer der oberen Schicht, und die bedurfte einigen Nachdenkens.
Ehe sie hinaufgegangen war, um selbst ein Nickerchen zu halten, hatte mir Mimi Ratschläge gegeben, was ich anziehen sollte: „Etwas, das nicht zuviel Dekollete zeigt. Warte damit, bis sie dich kennengelernt haben. Aber halte dich auch nicht völlig zurück: sie werden alle wissen, wo du gelebt und was du beruflich gemacht hast." Als ob ich nach meiner unvergeßlichen Taktlosigkeit vor Jahren diesen Rat gebraucht hätte.
Jetzt durchforstete ich ängstlich meinen Kleiderschrank, schob auf der Suche nach etwas hundertprozentig Angemessene Bügel um Bügel die Stange entlang.
Es kam mir plötzlich in den Sinn, wie lächerlich meine Besorgnis war. Ich erinnerte mich an einige Partys, für die ich mich in New York zurechtgemacht hatte. Einige — nicht viele, aber manche - waren von der Sorte, über die viel geschrieben und jahrelang gesprochen wurde.
Dummerweise schienen meine alten Egobooster (berühmte Leute, mit denen ich getrunken hatte, Partys, auf denen ich gewesen und über die berichtet worden war, gutaussehende Männer, mit denen ich ausgegangen war) jetzt, wo ich wieder zu Hause war, vollkommen an Bedeutung verloren zu haben. Sie waren hier und jetzt ungefähr soviel wert wie Rangunterschiede auf dem Mond. Ich gab mir selbst grünes Licht, aufgeregt zu sein. Ich hatte jeden Grund dazu.
Ich stieß zu guter Letzt auf ein Kleid, das jede Schattierung von Blau und Grün in sich vereinte und meine Brust fast komplett bedeckte, ohne dabei jungfräulich zu wirken. Ich zog es an und machte mich fertig. Dann drehte ich mich vor dem Spiegel und blickte über die Schulter. Mein teilweise nackter Rücken verriet mir, daß meine Bräune sich ziemlich gut hielt.
„Großartig!" lobte Mimi in der Türöffnung. Sie trug kräftiges Rot und sah einfach toll aus. Sie kam
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