Stummer Zorn
herein, stellte sich neben mich, und ich drehte mich, um unser Spiegelbild zu betrachten. Wir hatten im Laufe unserer dreizehn Jahre dauernden Freundschaft zusammen in viele Spiegel gestarrt. Ich mochte dieses Spiegelbild mehr als jedes andere zuvor.
Wir waren so gegensätzlich wie immer - Mimi klein und dunkel, ich selbst groß und blond. Etwas von ihrer Arroganz fehlte in der Art, wie sie dastand und den Kopf hielt; es war durch die Scheidungen verlorengegangen. Etwas von der ungewollten Macht, mit der ich durch mein Gesicht ausgestattet war, war mir von den Schultern genommen worden. Mimi war nicht mehr so ausgelassen und eigensinnig. Sie war auch nicht mehr gutgläubig. Ich war weniger defensiv und wußte jetzt, daß ich nie die Welt erobern würde.
Ich weiß nicht, woran Mimi in diesem langen Augenblick dachte. Vielleicht gingen ihre Gedanken in die gleiche Richtung. Aber irgendwie war ich davon überzeugt, daß sie uns auf die Art und Weise sah, wie wir immer gewesen waren, nicht wie wir waren.
Sie legte einen Arm um meine Taille und drückte mich fest, löste sich dann, um mein Haar auf meinen Schultern so neu zu arrangieren, wie es ihr besser gefiel.
„Laß uns diese Party in Gang bringen", sagte sie munter.
Ich blinzelte, und der Augenblick war vorbei.
Partys in Knolls begannen (und endeten) begannen früher, als sie es gewohnt war. Gegen zwanzig Uhr dreißig stellte ich fest, daß sich die gesamte Bevölkerung der Stadt in Mimis Haus gequetscht hatte. Zumindest die gesamte weiße Bevölkerung von Knolls - einige Dinge hatten sich in den Jahren, in denen ich nicht dort gewesen war, kaum verändert.
Abgesehen von ihrer einheitlichen Hautfarbe deckten unsere Gäste das gesamte Spektrum von Knolls spärlicher Gesellschaft ab. Da waren Freundinnen von Mimi mit ihren Ehemännern im Schlepptau, Frauen, an die ich mich kaum erinnern konnte, die meisten davon voller schwindelerregender Begeisterung darüber, eine Nacht getrennt von den Kindern zu verbringen. Es gab sehr viele Leute vom College. Ich lernte den feigen Präsidenten des Colleges, Jeff Simmons, kennen und fand ihn charmant. Er hatte wunderbares weizenblondes Haar, für das die meisten Frauen ihre Mikrowelle geopfert hätten. Und es waren Leute anwesend, die weder zum College noch zu den gesellschaftlichen Cliquen gehörten, die Mimi einfach kannte und mochte.
Ich hatte bis dabin nicht die Gelegenheit gehabt, Mimis Eltern zu besuchen, also war ich froh, als ich sie durch die Tür kommen sah. Die gepflegte, dunkelhaarige Elaine war noch immer eine der attraktivsten Frauen, die ich je gekannt hatte. Sie begrüßte mich mit einer gewissenhaft-flüchtigen Umarmung und streifte meine Wange mit ihrer, während sie mich mit Fragen bombardierte, deren Beantwortung mich eine Woche in Anspruch genommen hätte. Nicht, daß Elaine beabsichtigte zu bleiben und zuzuhören, wenn ich es denn getan hätte. Sie trug ein wunderschönes Kleid, das viel von ihrem nach wie vor erstklassigen Dekollete offenbarte. Wenn sich Elaine an
Mimis Ansage hielt, mußten die an diesem Abend hier anwesenden Leute Elaine in der Tat sehr gut kennen.
Elaines Mann Don war ihr wie immer dicht auf den Fersen. Ich umarmte Mr. Houghton mit weit mehr Begeisterung. Ich hatte ihn schon immer sehr gern gehabt, eine Zuneigung, die sich aus Mitleid und Dankbarkeit für seine Sanftheit zusammensetzte. Ich vermutete, daß es nicht einfach war, mit Elaine verheiratet zu sein, und manchmal dachte ich, es konnte auch nicht gerade leicht sein, Cullys und Mimis Vater zu sein. Bei gesellschaftlichen Anlässen stand Don immer im Schatten seiner Familie. Aber er hatte seine ganz eigenen Talente. Don verstand es, Geld zu machen und war insgeheim stolz darauf, das hatte ich Jahre zuvor herausgefunden.
„Wie geht es dem Mann, der überall seine Hände im Spiel hat?" fragte ich unbeschwert. Mr. Houghton schaute erfreut und betreten und sah insgesamt aus wie ein großer Teddy. Er hatte seit Mimis letzter Hochzeit einiges an Haar verloren und an Gewicht zugelegt, aber sein Gesicht war nicht faltig, und in seinem Gang lag immer noch Schwung.
„Na ja, ich kann mich nicht beschweren", gab er stolz zu.
Ich führte Mr. Houghton zur Bar hinüber, wo Cully seinem Vater einen Gin Tonic mixte. Sie schüttelten einander seltsam förmlich die Hände, wirkten aber erfreut, einander zu sehen.
„Was führen Sie denn momentan im Schilde?" fragte ich flüsternd.
„Na ja, Nickie", begann Don bedächtig und nahm
Weitere Kostenlose Bücher