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Stummer Zorn

Stummer Zorn

Titel: Stummer Zorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlaine Harris
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werde lernen, noch einmal duschen und nicht über Freitag nacht nachdenken. Ich werde eine Schmerztablette nehmen und schlafen, ohne zu träumen.
    Während dieses längsten Weges zu einem Kurs, bei dem ich die Gesichter derjenigen, die an mir vorbeigingen, aus den Augenwinkeln einfing, spielte sich in meinem Kopf immer und immer wieder der Film dieser Nacht ab: die Hand, die auf meinen Mund gepreßt wurde, das Kissen über meinem Gesicht, die Schläge, die Vergewaltigung, der Schmerz in Mimis Gesicht. Ich erlebte diese Nacht immer wieder, während sich meine Füße vorwärtsbewegten. Der Projektor in meinem Geist spielte diesen Film ununterbrochen ab, und ich hatte keine Möglichkeit, ihn auszuschalten. Ich fragte mich, ob ich für immer diesen Film sehen würde; das hörbar gequälte Schlagen meines eigenen Herzens als Soundtrack, der Strahl des Mondlichts, die unfaßbare Präsenz des Todes.
    Ich muß ihn zehnmal gesehen haben, ehe ich den Kursraum erreichte. Ich bekam Theo Cochran in einer der Pausen zu sehen. Er nickte mir von seinem Schreibtisch hinter der geöffneten Tür seines Büros stumm und ernst zu. Er wußte es. Ich nickte steif zurück, der Bildschirm flackerte, der Film raste weiter.
    Mein Tunnelblick leistete mir gute Dienste. Abet ich spürte das Schweigen im Kursraum, als ich eintrat; so anders als die Stille der Bewunderung, die mich am ersten Tag begrüßt hatte. Led-Zeppelin-T-Shirt würde jetzt nicht mehr meinetwegen pfeifen. Ich saß an meinem Tisch wie ein Stein. Ich hörte den Klang der Schulglocke, dann die verspäteten Schritte Dr. Haskeils, eine halbe Minute zu spät, wie er seit dem ersten Tag immer gewesen war. Diese Schritte hielten in der Türöffnung abrupt inne. Er hatte mich gesehen. Dann wurden sie im Stakkato bis zu seinem Pult fortgesetzt, und er kam in mein Blickfeld. Er war weiß. Jede Linie in seinem Gesicht wat tiefer, all diese Furchen und Runzeln waren ins Fleisch geätzt. Er begann, etwas zu sagen. Er sah weg.
    Fahren Sie fort, reden Sie, flehte ich ihn wortlos an. Erwähnen Sie es. Wenn Sie es zur Kenntnis nehmen, wird es nicht so schlimm sein.
    Aber Stan Haskell, der es nicht ertrug, seine Geliebte zu sehen, nachdem sie angegriffen worden war, würde nicht darüber reden. Um mich Cullys Vergleich zu bedienen, er würde so tun, als bemerke er die riesige grüne Warze in meinem Gesicht nicht.
    Das mochte einige Frauen sich besser fühlen lassen. Es machte mir unsagbar Angst. Wenn andere Leute taten, als sei es nicht passiert, wäre ich alleine, während ich den Film im Dunkeln sah.
    „In unserer letzten Stunde begann Stan Haskell ruckartig.
    Da saß ich nun. Allein in der Finsternis. Ein begrenztes Publikum und kein Popcorn.
    Barbara Tucker wartete nach dem Kurs im Flur auf mich. Sie schreckte zurück, als wir einander gegenüberstanden. Ich war dabei, mich daran zu gewöhnen. Ich nahm zu beiden Seiten Bewegung wahr; meine Kurskameraden ... entfernten sich sehr langsam, gingen widerwillig an mir vorbei, so als ob sie anhalten wollten. Stan Haskell War davongerauscht sobald er konnte, und hatte uns einen undurchdringlichen Blick zugeworfen.
    Allmählich war ich von Leuten umgeben, als hätten Barbara und Ich einen Damm gebildet, um ihren Strom zurückzuhalten. Wir wa-ren alle für einen langen Moment ruhig. Dann sagte das stämmige blonde Mädchen, das rechts von mir im Kurs saß, sehr formell. „Ich will nicht in Ihre Privatsphäre eindringen, Nickie, aber Sie haben mein volles Mitgefühl, und ich hoffe, wer auch immer das getan hat, wird gefaßt, und ich hoffe, er wehrt sich gegen die Festnahme, und ich hoffe, sie erschießen ihn. Auch für Dr. Tucker." Sie sagte das in einem Atemzug, berührte sanft meine Schulter und marschierte den Flur entlang davon. Es ertönte ein Chor von „Genau" und „Ich auch" und dann ein lautes, schrilles „Tötet den Hurensohn" von meinem lieben Led-Zeppelin-T-Shirt.
    „Solidarität, Nickie", sagte ein winziges Mädchen namens Susannah sehr ernst. Ich versuchte zu lächeln, was dazu führte, daß ein Riß auf meiner Lippe wieder aufging und blutete. Die Gewaltbereitschaft, die den Gang erfüllt hatte, wandelte sich in blankes Entsetzen.
    „Danke", murmelte ich, damit die armen Dinger gehen konnten.
    Barbaras Hand auf meinem Arm begann, mich zur Damentoilette zu schieben. Sie zog betreten mit der anderen ein Taschentuch aus der Handtasche und tupfte meine Lippe ab, als wir die Tür erreichten. Wir setzten uns auf ein häßliches braunes

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