Stummer Zorn
eleganten Bewegung und s trich die Hände an ihrem Rock ab. Säuberte sich von mir. „Du würdest viel schneller vergessen, wenn du wegzögest. Aber du bist eine erwachsene Frau, und dieses Haus gehört Mimi, also nehme ich an, es gibt nichts, was ich noch sagen kann."
Natürlich gab es das. Elaine war tief erschüttert, nicht nur vom Zorn ihrer Kinder, sondern von dem, was sie jetzt als heftige Kritik wahrnehmen mußte, die ausgerechnet von einem ehemaligen Model kam. Elaines Gesicht war rot; sie hielt ihre Stimme mit Mühe gesenkt. „Ich persönlich denke, du solltest die Stadt verlassen und versuchen, das hinter dir zu lassen, und ich darf hinzufügen, daß Don ganz meiner Meinung ist."
Mimi und ihr Bruder tauschten Blicke. Mimi hatte mir vor langer Zeit erzählt, ihr Vater stimme allem zu, was Elaine sagte, um den Frieden zu wahren und weil er sie liebte. Nach seinem Lippenbekenntnis tat er einfach, was er wollte.
„Wenn du über dieses Tapfersein, um Leute zu beeindrucken, hinweg bist" — und Elaine sah pointiert von mir zu Cully -, „kannst du meinen Rat ja befolgen," Ihre Miene wandelte sich zu echter Leidenschaft. „Liebes, wie willst du auf der Straße an ihnen vorbeigehen? In dem Wissen, daß einer von ihnen dich vergewaltigt hat? Jeder wird darüber reden. Wie willst du das aushalten? Ich wette, die Hälfte der Neger in der Stadt weiß, wer es getan hat, aber werden sie es sagen? Oh nein, nicht wenn es einer von ihnen ist."
Ich hatte mich im Norden daran gewöhnt, daß meine mondänen Bekannten Rassismus geschickter verhüllten. Ich hatte Elaines vorheriges Geschimpfe übet „Wohlfahrt" und „Dinge umsonst bekommen" zeitweilig vergessen. Jetzt verstand ich, was sie gemeint hatte. Weiße Männer würden nicht mit mir ausgehen, weil ein schwarzcr Mann mich vergewaltigt hatte, dachte sie,
„Der Mann, der mich vergewaltig hat, war ein Weißer. Ich weiß nichts anderes über ihn, aber ich weiß mit Sicherheit, daß er nicht schwarz war. Das hört man an der Stimme."
Das schockierte Elaine mehr ais alles andere, was ich hätte sagen können. Sie starrte mich völlig ungläubig an. Dann befand sie offen sichtlich, daß ich den Vergewaltiger aufgrund blindwütigen Liberalismus zu einem Weißen machte.
„Du armes Kind", sagte sie und marschierte hinaus.
„Was soll ich sagen?" rief Mimi. „Nick, es tut mir leid."
„Ich frage mich, wieviel von dem, was sie gesagt hat, wahr ist."
„Nichts!"
„Etwas", sagte Cully. Mimi gestikulierte heftig, um zu protestieren, abet Cully hob die Hand, um sie zum Schweigen zu bringen. „Du wirst Einstellungsveränderungen bemerken", sagte er ruhig zu mir. „Aber größtenteils, weil Menschen nicht wissen werden, wie sie einer Frau, die gerade eine Vergewaltigung durchgestanden hat, ihr Mitgefühl ausdrücken können. Sie werden sich unwohl fühlen, weil sie nicht wissen, ob du darüber sprechen möchtest oder es vielleicht nicht ertragen würdest, wenn sie es erwähnen. Es ist fast, als ..." Er dachte einen Augenblick nach. „Als hättest du eine riesige grüne Warze auf der Nasenspitze. Niemand hier würde das aus Nettigkeit und Verlegenheit dir gegenüber auch nur im entferntesten erwähnen. Selbst wenn du die grüne Warze entfernen ließest, würden die Leute immer noch nichts sagen — aus Angst zuzugeben, daß sie dich vorher entstellt hat."
Ich nickte. Ich konnte mich erinnern, wie es gewesen war, als das hier der einzige Staat war, den ich kannte, und ich erinnerte mich beschämt daran, wie unwohl ich mich gefühlt hatte, als ich mit Barbara Tucker sprach. Ich hatte ihr Elend soweit von mir geschoben, wie ich konnte. Ich hatte mich doch mehr als eines offenen Fensters Schuldig gemacht, befand ich.
„Besonders Männer könnten sich unwohl fühlen", fuhr Cully fort, immer noch mit seiner gleichmäßigen professionellen Stimme, aber den Blick abgewandt.
Danke. Das hatte ich auch schon gemerkt.
„Sie könnten sich schuldig fühlen, weil einer von ihnen dir das angetan hat. Möglicherweise sind sie unsicher, wie du ab jetzt auf andere Männer reagierst — Verabredungen und Sex und so weiter."
„Donnerwetter, es ist großartig, einen Psychologen in der Familie tu haben", sagte Mimi aufgebracht. Sie mimte staunende Bewunderung.
„Ich muß vorgewarnt werden, Mimi", sagte ich. „Ich hätte nie ... Ich hätte von selbst nie an all das gedacht." Andere würden sicherlich sehr emotional auf meine Tragödie reagieren.
„Du hattest auch noch nicht
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