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Stunde der Klesh

Stunde der Klesh

Titel: Stunde der Klesh Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M. A. Foster
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trat, einer, der bescheidenere Pläne verfolgte. Ja. Er sagte: „Ich sehe nichts, was eurer Ansiedlung entgegenstünde.“
    Mallam nickte lächelnd, seine weißen Zähne blitzten. „Ah ja! So ist es gut! So kommt also her!“ Er gab dem Rest seiner Gruppe ein Zeichen mit dem Arm. Mehrere dunkle Gestalten lösten sich aus dem Schatten der Nacht, sie schienen förmlich aus dem Boden zu wachsen. „Talras, Segedine!“ rief ihnen Mallam zu. „Gebt den Tieren das Zeichen zum freien Umherstreifen. Wir bleiben hier. Rhardous N’Hodos und Tesselade, auf nach Süden! Einen Meorer für unser Fest. Einer wird für uns genügen, denn der fremde Mittler teilt wohl nicht unseren Geschmack.“ Er wandte sich an Morgin. „Ich habe doch recht mit meiner Vermutung?“
    „Es liegt mir jedoch fern, euch zu beleidigen.“
    „Handle wie du magst. Es gibt eben nur wenige wie uns in der weiten Welt. Aber willst du nicht mit uns das Feuer teilen? Lafma hat seine Tamgar dabei, um die Lieder zu begleiten, und die Lami trägt im Herzen all die gesungenen Visionen unseres Volkes. Sie wird von unseren großen Jagden singen, und wenn unsere jungen Männer am Morgen den Wind spüren, wird vor ihren Augen noch immer das Bild ihres Tanzes beim Feuer stehen. Sie werden eine Frau unseres Stammes in ihrer Vollendung gesehen haben.“
    Morgin war um eine diplomatische Antwort bemüht. „Als ich mit der Lami Tenguft Ouarde sprach, konnte ich selbst sehen, daß sie es wert ist, Gegenstand all eurer Träume zu sein. Wie wünschte ich doch, all das sehen und hören zu können, das ich unwürdiger Mittler von zweifelhafter Herkunft nur ahnen kann und das euer Volk so voll genießt. Und doch drängen mich meine Geschäfte, die nicht warten können. Ich muß mit Ruggou sprechen, damit er die neue Lage nicht verkennt. Und darum …“
    Er wurde unterbrochen. Einer der Haydars, der zu den Tieren geeilt war, kam herbeigestürmt und sprach flüsternd zu Mallam. „Oh, mein S’fou Mallam“, sagte seine rauhe Stimme, „ich habe die Zeichen auf die richtige Weise gegeben, aber die Fliegenden entfernen sich nicht. Sie ziehen weiter ihre Kreise, und es sind sogar noch wilde ‚Natzer’ hinzugekommen.“
    Mallam rief zur Antwort: „Also formiert euch! Ruft zur Jagd auf! Mittler! Was meldet der Wendel?“
    Tenguft, die dies mit angehört hatte, warf den Kopf in den Nacken, so daß ihre Kapuze abfiel, und suchte den Himmel und die Sterne ab. Morgin sah ihre Bewegung und blickte ebenfalls hinauf, konnte aber nichts entdecken. Und doch meinte er – ganz am Rande seiner Wahrnehmungsfähigkeit – eine Bewegung zu spüren. Etwas war dort oben, das war sicher. Tenguft sagte: „Wenn sie kreisen und die Wilden zu ihnen stoßen, dann wird Blut fließen. Dort oben sind fast fünfzig ‚Natzer’.“
    Morgin wollte sich an Sackdiener Seuthe wenden, aber das war nicht mehr nötig, denn soeben begann sein Wendel zu sprechen. Seine Stimme kam stockend, stoßweise und schwankend: „Die Deutung liegt jetzt vor, für die Ferne und die Nähe. Gefahr! Die Einkrustung hat schon begonnen. Bewegt euch nicht, auf keinen Fall aber nach Norden oder Osten. Es fällt ein Stern, und man kann ihm nicht entfliehen. Bei der Anhöhe im Osten wird er niedergehen. Es ist etwas Brennendes von der anderen Seite der Welt, es kommt aus der Tiefe der Nacht, von fern, von jenseits des Horizonts. Es birgt Energie, stört das örtliche Orakel.“
    „Ein fallender Stern“, fragte Morgin erstaunt, „geht hier nieder?“
    Einen Moment noch fuhr der Wendel in seiner Rede fort, aber seine Stimme wurde bereits schwächer: „Es ist nichts aus Stein, Halbsack. Es bewegt sich aus eigener Kraft. Ich fürchte mich.“
    „Was ist mit deinem?“ fragte Morgin Afanasy.
    „Hat sich bereits eingekrustet.“
    Unvermittelt schrie Morgin auf: „Das, was sich aus eigener Kraft bewegt, ist ein Schiff. Die wahren Menschen kehren zurück. Die Menschen kommen!“
    Tenguft nahm ihren Speer vom Boden auf. „Oder die Krieger“, stieß sie hervor, „die vergehen sollen wie das Gras.“ Sie berührte die Spitze ihres Speeres kurz mit den Lippen, dann schleuderte sie ihn empor in den Nachthimmel nach Osten. Laut erscholl der alte Ruf: „Laßt die Krieger wiederkehren, sie sollen ihre Geschöpfe treffen!“
    Wie alle anderen starrte auch Morgin jetzt nach Osten. Zunächst sahen sie nichts. Nur Nacht und Dunkelheit – die Lichter des Deltas waren von dem Teil der Ebene von Ombur, auf dem sie standen, nicht zu sehen.

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