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Stunde der Klesh

Stunde der Klesh

Titel: Stunde der Klesh Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M. A. Foster
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noch einmal verharrte.
    Meure sah genau hin. Nichts an der Gestalt ließ Schlüsse auf ihr Geschlecht zu, aber er stellte fest, daß er unbewußt „sie“ dachte. Vielleicht war es etwas in ihrer mühelos gleitenden Bewegung, vielleicht war es ihre Figur, die etwas leichter gebaut zu sein schien. Er konnte es nicht sagen. Die Gestalt hob jetzt ihren freien Arm und schüttelte die Falten des voluminösen Umhangs zurück; so enthüllte sie eine schmale Hand mit langen, schlanken Fingern, und diese führte sie an den Mund. Dann stieß sie einen langen, durchdringenden Schrei aus. Das schrille Heulen erschütterte Meure bis ins Mark und erfüllte ihn mit Furcht.
    Unten in der Senke hörte die abrückende Menge den Schrei. Viele blickten über die Schultern zurück, aber niemand drehte sich um. Als der Ruf verhallt war, verfielen die meisten in einen raschen Trab, manche begannen zu rennen. Oben am Hang zuckte die Gestalt kurz mit den Schultern, wand sich kaum merklich, und ihr Umhang fiel zu Boden. Er enthüllte ein nacktes, schlankes Mädchen mit einem drahtigen, muskulösen Körper, dessen mattschimmernde Haut einen olivbraunen Ton hatte. Sein langes schwarzes Haar war zu einem festen Zopf geflochten und am Hinterkopf zu einer Rolle zusammengesteckt. Das Mädchen warf den Speer in die Luft und fing ihn im Laufen wieder auf. Sie eilte jetzt den Hang hinunter und ließ sich von ihrem eigenen Gewicht vorwärtsreißen. Schwerelos, wie in einem kontrollierten Fall, glitt sie hinab, in langen, genau bemessenen Sprüngen. Unten in der Senke befiel Entsetzen die flüchtende Menge. Haltlos stürmten die kleinen Wesen nun davon, so schnell sie ihre Beine trugen. Das Mädchen hatte jetzt ebenen Boden unter den Füßen und jagte mit raumgreifenden Schritten den Fliehenden nach, die nicht einmal halb so schnell waren wie es und die nur noch die Angst beherrschte. Meure, der alles beobachtete, wußte nicht, was das Mädchen vorhatte, aber es schien ihm, daß es die Kaninchen-Wesen hetzte, daß sie seine Jagdbeute waren.
    Er tauschte Blicke mit dem Rest seiner Gruppe. Diese hatten ebenfalls die Szene in der Senke beobachtet, und jetzt wandten sie ihre Blicke ab, um die logische Vollendung nicht mit ansehen zu müssen. Gemeinsam sahen sie zu den Neuankömmlingen empor. Dort standen jetzt fünf Gestalten; es ließ sich nicht sagen, welche der Gestalten neu hinzugekommen waren. Eine lange Zeit maßen sich die beiden Gruppen mit den Blicken. Niemand rührte sich. Dann deutete eins der verhüllten Wesen mit der Hand zunächst auf sich und dann nach Westen, der Richtung, aus der sie offenbar gekommen waren. Die Bedeutung war klar. Man lud sie irgendwohin ein. Die Geste war nicht von einer Bewegung seiner Waffe begleitet, und es hatte sogar den Anschein, als würde sich der Anführer Mühe geben, seinen Speer ihrer Aufmerksamkeit zu entziehen.
    Vdhitz zuckte auf fast menschliche Art seine Spsom-Schultern und schob sein Messer in die Scheide zurück. Shchifr tat es ihm gleich. Clellendol rollte seine Schlinge auf und sagte mit gedämpfter Stimme: „Glaubt hier jemand, daß wir eine andere Wahl haben?“ Es gab keine Antwort, und die anderen erhoben sich zögernd. „Ich sehe auch, daß sie recht gefährlich sind, aber ich ziehe sie und den unbekannten Westen denen vor, die von Osten kamen.“
    Die Gestalt, die ihnen das Zeichen gegeben hatte, hatte Clellendols Worte offensichtlich nicht verstanden, aber sie schien das Verhalten der Gruppe richtig zu deuten. Ohne ein Wort nickte sie und wandte sich um nach Westen. Mit mühelosen, eleganten Schritten folgte sie einem fast unsichtbaren Pfad. Seine Gefährten traten zur Seite, um die Gruppe vorbeizulassen. Einer nach dem andern folgten sie ihrem finsteren Führer die Felsen hinab und hinaus in die wellige Ebene, die sich vor ihnen endlos nach Westen erstreckte.

 
5
     
    „Es genügt nicht, den Magus kurz einzutauchen in den Styx; man werfe ihn hinein, und er muß schwimmen oder untergehen. “
    A.C.
     
    Es wurde schon Nachmittag. Meure wachte mit einem heftigen Rucken seines Kopfes auf. Er saß im Schatten, den ein eigenartiger zweirädriger Karren warf. Gezogen wurde er von zwei Wesen, die anscheinend zwei außergewöhnlich große und außergewöhnlich stumpfsinnige Menschen waren. Die anderen waren in seiner Nähe und in ähnlichen Positionen. Halander hielt Ingraine Deffy schützend umfangen, beide lagen unter dem Wagen. Es war recht warm. Audiart saß vorn neben dem Wagen, das

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