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Stunde der Klesh

Stunde der Klesh

Titel: Stunde der Klesh Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M. A. Foster
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das Gebilde, und es wurde zu einer filigranen Kugel, zu einem Gespinst aus feinen Drähten, auf die Tausende kleiner Perlen aufgezogen waren. Er veränderte mehrmals die Anordnung der Drähte, dabei war er sehr ernst und konzentriert. Dann wurde sein Gesicht merkwürdig ausdruckslos, und er sah hinein. Sein Blick löste sich wieder von dem Gebilde. Er nickte, als habe er genau das gesehen, was er erwartet hatte.
    Es war höchste Zeit. Seine Kammerherren waren nicht mehr fern, gründlich und beständig rückten sie vor. Cretus atmete tief ein und ließ die Luft langsam entweichen. Diesen beweglichen Körper sollte er zurücklassen! Worin würde er wiederkehren? War es ein fetter Politiker? Ein Kind? Eine Frau vielleicht? Ein interessanter Gedanke. Er grinste.
    Dann überkam ihn ein letzter seltsamer Wunsch, und er erhob sich, um sich im Speicher umzusehen. Er brauchte einen Spiegel. Er war nicht eitel, aber er wollte sich noch einmal ansehen. Dort lag einer, neben der Tür, auf dem untersten Brett. Er hatte einen Sprung, und der Rahmen war zerbrochen, aber wenn man ihn abwischte, konnte man ihn noch benutzen. Er nahm den Spiegel auf und wischte mit dem Ärmel darüber. Dann stellte er ihn in das Regal, das seinem Platz genau gegenüberstand. Er setzte sich wieder auf die Kiste, schüttelte den Geschichtenerzähler aus und brachte ihn wieder auf Null-Stellung. Jetzt war er auf die Unendlichkeit eingestellt, es gab kein Entrinnen. Er sah in den Spiegel, und sein Bild starrte zurück. Was er erblickte, überraschte ihn nicht: Ein hartes Gesicht mit scharf vorstehenden Backenknochen, ein zynischer Zug um den Mund, etwas müde war der Blick der Augen.
    Erschrocken blickte er auf. Ganz deutlich hatte er das Gefühl, beobachtet zu werden … Das Gefühl verging, dann war es wieder da, wurde schwächer. Verdammt! Ich suche nur nach Ausflüchten!
    Er hielt das Gebilde auf den Knien, damit es nicht herunterfallen konnte, und sah hinein. Sonst zeigten sich dann sofort Bilder, viel klarer als in einem Traum. Diesmal war die Leere des Raums zwischen den feinen Drähten. Er sah gar nichts. Es hatte keinen Sinn, sich anzustrengen, das wußte er; man konnte es nicht zwingen. Er nahm sich vor, sich zu entspannen, ganz gelassen zu sein. Anscheinend ging der Lampe das Öl aus. Unendlichkeit. Er hatte es nie gewagt, darüber nachzudenken, aber es schien, daß nicht viel damit los war. Überhaupt nichts! Verflucht noch mal! Es funktionierte nicht. Er kicherte. Diese alten Märchen und Warnungen der Zlats waren eben nur alte Märchen. Das verdammte Ding tat es nicht, es klappte eben nicht …
    Woran hatte er gleich gedacht? Ah ja, der Geschichtenerzähler. Man sollte es noch einmal versuchen! Irgend etwas stimmte hier nicht. Er stand plötzlich und hielt in einer Hand eine Lampe und den Geschichtenerzähler in der anderen. Ich muß eingenickt sein, dachte er, und jetzt haben sie mich. Seine Augen brannten, das Licht war viel zu hell. Jemand war mit ihm im Zimmer, stand hinter ihm. Es war nicht nur einer, spürte er. Er hörte sie atmen. Er wagte es nicht, sich umzusehen. Er fühlte sich benommen, halb betäubt. Ihm war schwindlig wie einem Betrunkenen. Konnte es so einfach gewesen sein? Hatte es doch funktioniert? Er war sich nicht sicher und konnte auch nicht danach fragen. Er dachte: Gleich werde ich es wissen; ich muß ohnehin alles auf eine Karte setzen. Sie werden nicht wollen, daß es einen freien Cretus gibt, ganz gleich, wer sie sind und wann sie leben …!
    In der Hand spürte er den Geschichtenerzähler, dessen Drähte in die Haut seiner Finger schnitten, scharf und kalt. Es schmerzte. Er mußte etwas tun, um den Kopf von dem Nebel frei zu bekommen, der ihn lähmend umfing. Er konnte denken, aber er wußte nicht, ob er auch handeln konnte.
    Mit wie vielen hatte er es zu tun? Mit ihm im Raum waren … zwei. Und draußen? Ein dritter? Nein, auch zwei. Wenn sie nicht zu schnell waren, konnte er es schaffen. Hoffentlich hatte er recht!
    Cretus preßte den Geschichtenerzähler zusammen, so hart er konnte. Die Drähte schnitten tief ins Fleisch. Der Schmerz schoß vom Arm in sein Hirn wie eine flackernde Flamme, siedendheiß! Das Ding war nur noch eine formlose Masse, ein nutzloser Klumpen Metall. Zum Teufel damit! Wenn es nicht funktioniert hat, bleibt mir nur noch die Flucht nach draußen. Und wenn doch, wenn es einen Übertritt gegeben hat, dann hat er eben Pech gehabt, der arme Tropf, der seinen Geist hineingeschickt hat, wir

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