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Stunde der Klesh

Stunde der Klesh

Titel: Stunde der Klesh Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M. A. Foster
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wahrscheinlich heulend ins Wasser geflohen, aber einer allein? Sollte sie ruhig mitfahren, solange sie sie in Ruhe ließ. Auf dem Großen Fluß war den Bootsleuten schon mancherlei begegnet.
     
    Die Doppelsonne schien dunstverhangen; wahrscheinlich würde es bald regnen, meinte Tenguft. Meure saß auf einem Holzstapel und starrte in das träge Wasser des Stroms. Auf der anderen Seite der Barke hockte das Haydar-Mädchen, hatte die Hände um ein Knie gefaltet, das Kinn darauf gestützt und blickte in die Ferne. Seit den Ereignissen in der Festung mieden die anderen Meures Nähe, auch wenn Cretus sich nicht mehr gerührt hatte.
    Flerdistar und Clellendol nahmen neben ihm auf dem Stapel Platz. Das Ler-Mädchen brach zuerst das Schweigen: „Hast du noch einmal Kontakt zu ihm gehabt?“ (Seit einiger Zeit redeten alle Mitglieder der Gruppe sich mit der vertraulicheren Du-Form an. Die gemeinsamen Erlebnisse hatten alle Standesunterschiede dahinschmelzen lassen.)
    Meure musterte sie eine Weile nachdenklich, bevor er antwortete: „Nein, ich habe nichts mehr von ihm gehört. Er ist noch da, das spüre ich, aber er hält sich zurück. Es scheint sehr anstrengend für ihn zu sein, die Kontrolle über mich zu übernehmen.“
    Sie nickte verständnisvoll: „Ich denke, dies ist ein Erlebnis, das sich nicht in Worte fassen läßt.“
    Ein Lächeln huschte über Meures Gesicht. Ihre unermüdliche Ernsthaftigkeit amüsierte ihn. „Ja, das kann man wohl sagen. Dafür reicht der normale Wortschatz nicht aus … Es ist sonderbar; da er von außen zu mir kam, ist er für mich unsichtbar … das heißt, ich fühle wohl, daß er da ist, aber seine Gedanken und seine Erinnerungen sind mir verschlossen. Er kann in mir lesen wie in einem Buch. Ich weiß genau, was er zuletzt durchforscht hat, wo er gewesen ist, denn diese Erinnerungen sind irgendwie verändert, als ob sie jemand neu geordnet hätte. Ich glaube, nach einiger Zeit könnte er sich ganz in mich verwandeln, aber das ist sicher nicht seine Absicht.“
    Clellendol griff diese Überlegung auf und ergänzte sie: „Das würde aber bedeuten, daß Cretus dich so genau nachahmen könnte, daß wir den Unterschied nicht bemerken würden.“
    „Das stimmt. Aber das liegt nicht in seinem Wesen. Wie ich schon sagte: Er will sich gar nicht in mich verwandeln.“
    Clellendol sagte: „Könntest du dich in ihn verwandeln?“
    „Auch das ist nicht möglich. Dann würde ich ihn völlig unterdrücken; das befürchtet er, und deshalb hält er sich vor mir verborgen. Er forscht unaufhörlich.“
    „Wonach forscht er?“
    „Nach allem, was wir über das Universum wissen. Davon hatte er bisher keine Vorstellung. Er will auch herausbekommen, wie lange sein … Exil gedauert hat.“
    „Weiß er es? Weißt du es?“
    „Zweimal nein. Ich weiß nur, daß es eine sehr lange Zeit war und daß sich das Wesen der Klesh inzwischen kaum geändert hat.“
    Sie nickte zustimmend: „Ja, das stimmt. Es hätte mir schon früher auffallen müssen, aber es ist so offensichtlich, daß man es leicht übersieht. Dies ist ein sehr statisches Volk. Es hat weder technische noch politische Fortschritte gemacht.“
    „Dazu kommt diese auffällige Häufung von Omen und Wahrsagern“, ergänzte Clellendol. „Überall stößt man auf sie, und sie scheinen besser zu funktionieren, als ich es sonst erlebt habe …
    Morgin hat mir erzählt, daß es überall so zugeht. Es gibt viele verschiedene Methoden, aber das Prinzip ist immer das gleiche: Es wird ein Orakel befragt, und tatsächlich erfolgt immer eine Antwort. Mit den Wendeln ist das allerdings anders, sie dienen den Mittlern als Mittel der Wahrnehmung und der Verständigung.“
    Flerdistar sagte: „Mir scheint, daß wir auf zwei neue Phänomene gestoßen sind, die unsere Aufmerksamkeit verdienen. Dabei dürfen wir natürlich nicht unsere beiden Hauptanliegen vernachlässigen: eine Antwort auf die alte Frage zu finden und den Planeten gesund wieder zu verlassen.“
    Meure starrte sie ungläubig an: „Du hast tatsächlich beides noch nicht aufgegeben?“
    „Wie könnte ich es vergessen. Clellendol hat allerdings das Benehmen der Spsomi nicht gefallen.“
    „Die Spsomi sind von Natur aus Fleischfresser“, erklärte Clellendol, „und darum gehen sie auch auf Jagd. In ihrer natürlichen Umgebung jedoch stellen sie nur kleinen Beutetieren nach. Schon von ihrem Körperbau her können sie es mit größeren Beutetieren nicht aufnehmen. Hinzu kommt, daß sie

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