Stunde der Vergeltung (German Edition)
im vorderen Teil der Kabine gedimmt und den Vorhang zugezogen, sodass sie ungestört waren. Ohne diese Illusion von Privatheit wäre es besser gewesen. Der geschlossene Vorhang brachte sie auf ein paar sehr, sehr gefährliche Ideen.
Tam breitete die Decke aus, die die Airline zur Verfügung stellte, hüllte sich vom Hals bis zu den Zehen darin ein und beschloss, sich schlafend zu stellen. Bei all dem gedanklichen Durcheinander in ihrem Kopf hatte sie nicht die Absicht, wirklich zu schlafen, aber ihr erschöpfter Körper machte ihr einen Strich durch die Rechnung. Prompt glitt sie in einen verstörenden Traum.
Sie trug das rote Unterkleid, das Stengl ihr gegeben hatte, und suchte verzweifelt etwas zum Anziehen, irgendetwas anderes als dieses verhasste Fähnchen aus schlaffer roter Seide. Sie konnte nichts finden. Selbst nackt zu sein wäre besser, aber sie bekam das Unterkleid einfach nicht vom Leib. Die rote Seide haftete an ihr wie ein Fleck. Sie zupfte an ihrem Körper, bis er blutete, dann war er plötzlich nicht mehr der Körper einer Frau – es war der einer zerbrechlichen Porzellanpuppe. Knack, schon hielt sie ein steifes Bein ohne Gelenk in der Hand, daran ein Fuß auf hohen Hacken, mit rot lackierten Zehennägeln wie die einer Schaufensterpuppe. Dann brach das andere Bein ab. Sie zersprang von innen, explodierte in einem Schauer staubiger Scherben.
Selbst zerbrochen bist du wunderschön.
Tam kannte die samtige Stimme. Sie kannte die starke Hand, die in den Scherben und Fetzen roter Seide suchte, bis sie es fand. Ihr Herz.
Es sah aus wie ein billiges Spielzeug oder ein Nadelkissen, gefertigt aus gepolstertem rotem Satin, besetzt mit Spitze und winzigen Schleifen. Er staubte es ab und barg es in seiner großen Hand. Es verwandelte sich, begann zu glühen. Das Licht schien durch seine Hand hindurch. Es schlug, es schimmerte, es leuchtete durch seine Finger. Lebendig.
Sie fühlte, wie Hitze ihren Körper durchströmte, ein tiefes, sehnsuchtsvolles Pochen, dann wurde sie ganz langsam und behutsam wach, so als wüsste sie tief im Inneren, dass sie ihrer Belohnung beraubt würde, wenn sie sich zu sehr beeilte. Mit majestätischer Langsamkeit trieb sie dem Bewusstsein entgegen, während die Welle der Lust größer wurde, sie immer höher hob, bis sie in langen, pulsierenden Schüben brach.
Sie schlug die Augen auf und erkannte überrascht die abgedunkelte Kabine des Flugzeugs, den zugezogenen Vorhang, die Decke unter ihrem Kinn. Und Val, der sich über sie beugte. Seine Augen funkelten im Dämmerlicht. Seine Hand steckte vorn in ihrer Jeans.
Oh. Nachdem sie dank Rachels »Ein Häppchen für dich, ein Häppchen für mich«-Spiel ein wenig zugelegt hatte am Hintern, war sie zu der nächsten Jeansgröße übergegangen, allerdings füllte sie die nicht komplett aus. Es blieb reichlich Platz für Vals Hand. Seine Finger verharrten zu beiden Seiten ihrer klopfenden Klitoris und umschlossen sie sanft und geduldig … in gespannter Erwartung, wie sie nun, da sie wach war, über die Situation denken würde.
Tam befeuchtete sich die Lippen und räusperte sich. Wie zum Teufel dachte sie darüber? Sie wusste, was ihr Körper dachte, aber das war nicht der springende Punkt. Ihr Körper hatte kein Mitspracherecht. Ihr Verstand musste die Oberhand behalten. Sie nahm all ihre Kraft zusammen, um Janos anzufauchen, ihn wegzustoßen. Es kostete sie enorme Anstrengung.
»Du hinterhältiger Mistkerl«, wisperte sie. »Ist das dein üblicher Trick? Zu warten, bis eine Frau betäubt oder eingeschlafen ist, bevor du über sie herfällst? Du solltest dich schämen.«
Er zeigte keine Spur von Reue. »Nein, Tam. Das mache ich nur bei dir. Du zwingst mich, auf jeden schmutzigen Trick zurückzugreifen, der mir einfällt, weil ich sonst gar nichts erreiche.«
»Du bist eine Schlange.« Ihre Stimme bebte so unkontrolliert wie ihre Schenkel.
» Si, certo . Ich würde alles tun, um wieder fühlen zu dürfen, wie du kommst, und jede verzweifelte, verwerfliche, unmoralische List anwenden, ohne mich im Geringsten dafür zu schämen. Sei also gewarnt.«
Der tiefe Bass seiner Stimme liebkoste sie, sein nach Kaffee duftender Atem kitzelte ihr Ohr. Ihr Gesicht glühte wie heiße Kohlen. Das Gefühl erinnerte sie an ihren Traum: das Herz und seine magische Verwandlung.
Die Entscheidung fiel ohne ihr Zutun. Die leidenschaftliche Begierde ihres Körpers erstickte die Angst, die Zweifel, das Niemals-wieder .
Warum überhaupt niemals wieder ?
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