Stunde der Vergeltung (German Edition)
500, der mir gehört.« Sie fischte den Schlüssel aus ihrer Tasche. »Ich habe ihn Pantaleo, Concettas Sohn, abgekauft. Hier sind die Schlüssel, dann sitzt du hier nicht fest … «
»Scheiß auf das Auto!«, brüllte er. »Ich spreche von den Handschellen, du irre puttana !«
»Ich sagte, dass du still sein und mir zuhören sollst!« Tam ging in die Hocke und kramte die Opel-Schlüssel aus der klatschnassen Hose, die zusammengeknüllt auf dem Boden lag.
Val kommentierte das mit einem verächtlichen Knurren. »Sieh einer an. Dann nimmst du mir auch noch meinen Wagen weg?«
»Du hast den Fiat, also reg dich nicht auf.« Tam warf den Schlüssel, den Pantaleo ihr gegeben hatte, aufs Bett. »Hier ist trockene Kleidung, außerdem überlasse ich dir mein Handy, damit du nicht … «
»Steck dir das Handy sonst wo hin! Mach mich los!« Das Bettgestell rappelte und schrappte über den Fußboden. Wie von Sinnen zerrte er an der Fessel.
Nervös wich sie zurück. Höchste Zeit, von hier zu verschwinden. »Ich werde das Werkzeugset direkt neben deiner Hand zurücklassen«, fuhr sie verzweifelt fort. »Zusammen mit Georgs Pistole. Ich wünsche dir nichts Schlechtes. Ganz im Gegenteil. Bitte, glaub mir.«
Val streckte ihr die Hand entgegen. »Gib mir die Waffe.«
»Träum weiter«, murmelte sie. Sie atmete bedächtig aus, dann ließ sie blitzartig den Arm nach oben schnellen, um ihm das Schlafmittel aus ihrer Haarspange ins Gesicht zu sprühen. »So dumm bin ich nicht. Die Waffe bekommst du später.«
Es war ein winziger Sprühstoß, der kürzeste, den ihr Finger koordinieren konnte. »Die Wirkung wird nicht lange anhalten«, informierte sie ihn hastig. »Eine Viertelstunde, maximal. Wahrscheinlich sogar kürzer, weil du so groß bist. Und dann … kannst du dich befreien.«
Wie vor den Kopf geschlagen, starrte Val sie wortlos an, als plötzlich alle Luft aus seinen Lungen wich. Blinzelnd ließ er sich schwer aufs Bett fallen. Sein Blick war fassungslos. Er sah aus, als fühlte er sich aufs Hinterhältigste verraten.
»Es tut mir leid«, flüsterte sie wieder, ihre Stimme brach. »Nur einen kleinen Vorsprung, mehr brauche ich nicht.«
Val öffnete den Mund, versuchte zu sprechen, schien verwirrt, als er es nicht konnte.
»Sobald ich fertig bin, besorge ich mir ein Handy«, versprach sie. »Ich werde dich anrufen, um herauszufinden, ob dir noch irgendetwas an mir liegt. Falls nicht, sag einfach, dass ich mich verpissen soll. Damit hast du etwas, worauf du dich freuen kannst.«
Er schwankte vor und zurück. Tam drückte ihn sanft aufs Bett, bekümmert über den schmerzhaft überstreckten Muskel seines gefesselten Arms.
Wieder hievte sie seine Beine auf die Matratze und schob ihn nach oben, um die Dehnung zu verringern. Sie breitete die Wolldecke über ihn, dann legte sie die Pistole, das Handy und das Kästchen mit den Werkzeugen neben seine Hand.
Sie küsste seine Stirn, seine Wange, sein Kinn. Seine Lippen. Wahrscheinlich war dies ihre letzte Chance, ihn zu berühren, ohne getötet zu werden. Val hasste sie jetzt. Er schmeckte wie das Meer. Salzig. Nach Leben. Es brach ihr das Herz.
Erstaunlich, seine Augen standen weiterhin offen, und es lag auch jetzt noch dieser verbitterte, anklagende Ausdruck darin. Val setzte sich wie verrückt gegen den Schlaf zur Wehr. Er war so unglaublich stark.
Wie sehr sie seine Stärke liebte. Wie sehr sie ihn liebte.
Sie legte die Hände um sein Gesicht und gab ihm noch einen hungrigen Kuss. »Ich liebe dich auch«, gestand sie. Verblüffend, wie viel leichter ihr die Worte über die Lippen kamen, mit dem Wissen, dass er nichts entgegnen konnte. Was für ein hoffnungslos kompliziertes, irres Weibsbild sie doch war. »Ich liebe dich, Val Janos«, wiederholte sie mit mehr Nachdruck. »Das tue ich wirklich. Ich hoffe, dass du mir eines Tages vergeben kannst.«
Aus einem Impuls heraus zog sie den Ring mit den verschiedenen Messern von ihrem Daumen und schob ihn auf seinen Finger.
Unter einem Ansturm heißer Tränen schnappte sie sich ihre Sachen und stürzte davon.
25
András bog von dem Feldweg ab. Sein Sedan holperte über den unebenen Untergrund, kämpfte sich durch ganze Haufen vertrockneten Gestrüpps und abgeschnittener Olivenzweige. Dieses Pinienwäldchen sah perfekt aus, um seinen Wagen darin zu verstecken, damit er von der Straße aus nicht gesehen wurde. Anschließend würde er sich zu Fuß an das Versteck heranpirschen, wo Janos’ Symbol am Vortag noch geblinkt und wo
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