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Stunde der Vergeltung (German Edition)

Stunde der Vergeltung (German Edition)

Titel: Stunde der Vergeltung (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Shannon McKenna
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Handgelenk.
    Die Frau erstarrte zur Salzsäule. »He! Nehmen Sie diese Nadel aus meinem Arm«, befahl sie mit erstickter Stimme. »Und zwar sofort.«
    »Das geht leider nicht. Gehen Sie jetzt bitte in Richtung Haustür. Erst den rechten Fuß, dann den linken. Ja, genau so. Wir nehmen meinen Wagen, um nach Nocera zu fahren.«
    Anas Pupillen weiteten sich. Ihr Gesicht wurde grau unter der dicken Schicht Schminke. »Woher wissen Sie, wohin ich … oh, mein Gott. Wer sind Sie?«
    »Wenn Sie das noch fragen müssen, ödet mich Ihre ichbezogene Dummheit zu sehr an, um Ihnen zu antworten.« Tam zerrte die Frau mit sich, dabei ließ sie sie ein leichtes Pieksen der Nadelspitze an ihrer Haut spüren. »Raten Sie. Durchforsten Sie Ihre Erinnerung. Das gibt Ihnen während der Fahrt etwas zu tun.«
    Ana begann lautstark zu weinen, als Tam sie zu dem Opel schleifte. »Ich verstehe nicht«, winselte sie. »Bitte, tun Sie mir nicht weh.«
    Tam biss die Zähne zusammen. Das geräuschvolle Schluchzen und Schniefen war extrem unerfreulich. Roboterbiest, rief sie sich ins Gedächtnis. Bring den Job einfach hinter dich. »Öffnen Sie die Tür und steigen Sie ein.«
    Ana kletterte umständlich in den Wagen. Unter ihren Augen liefen bereits schwarze Bäche über ihre Wangen.
    »Haben Sie eine Fernbedienung für das elektronische Tor in Ihrer Handtasche?«, fragte Tam. »Ich hoffe es um Ihretwillen.«
    Erbarmungswürdig hicksend, nickte Ana.
    »Holen Sie sie raus und werfen Sie sie auf den Fahrersitz.«
    Ana gehorchte. Tam seufzte erleichtert, dann nahm sie ihre Haarspange und sprühte Ana das Schlafmittel ins Gesicht.
    Ihr Kopf sackte fast augenblicklich zur Seite. Rotz lief ihr aus der Nase und über den Mund. Dankbar für die Ruhe wandte Tam den Blick ab. Das würde Ana für die geschätzten zwanzig Minuten, die sie bis zur Klink benötigten, außer Gefecht setzen. So weit, so gut.
    Sie glitt auf den Fahrersitz. Ana war schlaff zur Seite gekippt, wodurch ihr Körper Tams unangenehm nahe war. Sie schob die Frau in eine sitzende Haltung und gurtete sie an.
    Dankbar stellte sie fest, dass die Fernbedienung das Tor tatsächlich öffnete. Es wäre ein toller Witz auf ihre Kosten gewesen, wenn nicht.
    Kaum dass sie über die kurvenreiche Straße durch die Berge raste, ging es ihr besser. Mit hohem Tempo zu fahren, gab ihr die Möglichkeit, sich auf etwas anderes zu konzentrieren, als wie unglaublich beschissen sie sich wegen allem momentan fühlte. Das Roboterbiest sollte sich eigentlich nicht beschissen fühlen. Es sollte überhaupt nichts fühlen, Ende. Es würde den Job einfach erledigen.
    Tam rief sich grimmig in Erinnerung, was Ana ihr anzutun versucht hatte. Ihre Niedertracht, ihre Boshaftigkeit. Sie dachte daran, wie sie Anas Freund diese Nadel in den Hodensack gerammt hatte. Ihr erster Kampf um Freiheit, um Vergeltung.
    Tam hatte es seither weit gebracht, dennoch hatte sie gerade das Gefühl, zurück in ihr Gefängnis zu kriechen und die Tür hinter sich zu verriegeln. Sie hatte geglaubt, dass dies eine reinigende Erfahrung sein würde. Läuternd. Aber das war es nicht. Wenn sie den schlaffen, sabbernden Mund der bewusstlosen Frau ansah, fühlte sie sich nicht befreit. Paradoxerweise fühlte sie sich wie der letzte Dreck. Als sie Val an das Bett gefesselt hatte, hatte sie auch so empfunden, nur noch viel extremer.
    In ihr regte sich die diffuse, nicht ganz greifbare Angst, zu weit gegangen zu sein, einen Weg beschritten zu haben, der keine Fluchtmöglichkeit offen ließ. Verdammt zu sein.
    Tam erstickte diesen geistigen Schwelbrand entschlossen im Keim. Keine idiotischen Verdammnisgedanken jetzt. Sie konnte sich den Luxus, zu zweifeln, nicht erlauben. Sie waren nicht Teil ihrer persönlichen Philosophie.
    Das Problem war nur, dass sie sich in letzter Zeit ein wenig eingeengt fühlte. Als wäre sie einem Paar zu kleiner Schuhe entwachsen.
    Der altersschwache Fiat ruckelte und drohte auseinanderzufallen, wann immer Val auf mehr als fünfundvierzig Stundenkilometer beschleunigte. Verblüffenderweise war sogar die Vespa mit ihrem Fünfzig-Kubikmeter-Miniaturmotor schneller gewesen. Kein Wunder, dass Tam die geschätzten zehn Minuten, die er bewusstlos gewesen war, für einen ausreichenden Vorsprung gehalten hatte. Den wahren Vorsprung verschaffte ihr dieses verflixte Spielzeugauto.
    Er fuhr mit grimmiger Entschlossenheit, das Gesicht nahe an der gesprungenen, dreckigen Windschutzscheibe, in dem verzweifelten Versuch, die Straße klar

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