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Stunde der Vergeltung (German Edition)

Stunde der Vergeltung (German Edition)

Titel: Stunde der Vergeltung (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Shannon McKenna
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sein, weil er ihn warten ließ. Doch das juckte Val nicht.
    Die Küche war schmutzig. Die Teller in der Spüle stanken. Val würde später die Agentur zusammenstauchen, die er dafür bezahlte, dass sie jemanden schickten, der für Imre kochte und putzte. Diese faule Kuh. Es würde Imre, dem perfekten Gentleman in seinem Wolkenkuckucksheim, niemals in den Sinn kommen, die dumme Person für ihre Nachlässigkeit zu rügen.
    Vielleicht war sie zu verstört gewesen, nachdem sie Imre in einem solch furchtbaren Zustand aufgefunden hatte, aber selbst dann. Dieses Chaos war in Wochen entstanden, nicht in Tagen.
    Val setzte den Kessel auf, häufte ein paar Kekse auf einen Teller. Die angeschlagene fleckige Porzellankanne löste eine ganze Flut von Erinnerungen aus.
    Das erste Mal, als er diese Kanne gesehen oder an diesem Tisch gesessen hatte, war vor zweiundzwanzig Jahren gewesen. Damals war er noch Vajda, ein zäher, schrägäugiger, für sein Alter etwas zu klein geratener Zwölfjähriger, der durch die Straßen gestreunt war, immer Ausschau haltend nach einer Gaunerei, einer Tasche, die es zu plündern lohnte, nach irgendetwas, um seine Quote für diesen Wichser Kustler zu erfüllen, damit es ihm erspart blieb, mit Fäusten, einem Messer oder einer brennenden Zigarette traktiert zu werden. Eines Tages hatte er bemerkt, wie ihn ein Mann in schäbigen Klamotten, die an seinem mageren Körper schlabberten, von der anderen Straßenseite beobachtete. Er hatte diesen intensiven Blick in seinen unergründlichen Augen gehabt, so als würde er den Jungen von irgendwoher wiedererkennen.
    Vajda meinte zu wissen, was dieser Blick ausdrückte, also schlenderte er zu ihm rüber und versuchte, eine Zigarette zu schnorren. Der Mann hatte ihm streng erklärt, dass er zu jung sei, um zu rauchen, und Vajda wäre vor Lachen fast erstickt.
    Dann hatte der Mann ihn in seine Wohnung eingeladen, was ein Glückstreffer war, denn es hatte angefangen zu schneien. Kustler hatte ihm an diesem Morgen seinen Mantel abgenommen. Vajda hatte noch keine Gelegenheit gehabt, sich einen Ersatz zu stehlen.
    Damals war ihm das Apartment luxuriös vorgekommen, mit den von Büchern gesäumten Wänden und den vielen antiken Möbelstücken. Er hatte erwartet, dass der Mann seine Hose öffnen und ihn auffordern würde, sich zu entkleiden. Imre hatte nichts dergleichen getan. Er hatte den Jungen in die Küche geführt, ihm eine Tasse süßen, mit Milch verdünnten Tee nach der anderen eingeschenkt und dabei Brot in Ei eingeweicht und es in Butter gebraten. Es war die erste Mahlzeit für Vajda an jenem Tag, vielleicht lag die letzte auch noch länger zurück. Es war köstlich gewesen.
    Das Ganze hatte ihn verwirrt. Wütend hatte er Imre angefahren, dass wenn er einen Schwanz wolle, er verflucht noch mal endlich zur Sache kommen solle, weil er, Vajda, noch anderes zu tun habe.
    Imre hatte ihn in den Salon gewinkt, die Lampe angeknipst, Vajda aufgefordert, sich zu setzen, und begonnen, ihn in die Grundlagen des Schachspiels einzuführen. Das Zimmer war so warm gewesen, der Schnee draußen so kalt. Vajda war geblieben.
    Als er nahe daran war einzunicken, gab ihm der Mann eine Decke und erlaubte ihm, sich auf dem Divan auszustrecken. Er hatte wie ein Toter geschlafen und war am nächsten Morgen orientierungslos und verängstigt aufgewacht. Imre hatte vor ihm gesessen und ihn angestarrt, wie Vajda damals mit einem Gefühl der Verbitterung dachte. Da wären wir also. Er ist genau wie alle anderen. Er brauchte nur viel Vorlaufzeit .
    Doch Imre hatte nur etwas Geld aus seiner Tasche gekramt, mehr oder weniger so viel, wie Vajda in einer guten Nacht verdient hätte. »Aus den Federn mit dir«, sagte er. »Du darfst das Bad benutzen. In der Küche findest du Milch und Brot, danach musst du gehen. Mein erster Musikschüler wird bald eintreffen.«
    Vajda starrte auf das Geld in seiner Hand. »Warum … ?«
    »Ich möchte nicht, dass du bestraft wirst, nachdem du Rechenschaft für deine Zeit ablegen musst«, erklärte Imre sachlich. »Ich habe deine Gesellschaft sehr genossen.«
    Sprachlos hatte Vajda das Geld eingesteckt. Nachdem er das Essen, das Imre auf den Tisch stellte, bis zum letzten Krümel verputzt hatte, war er mit einem Bauch voll heißer Milch und Taschen bis zum Bersten gefüllt mit Teeplätzchen gegangen, eingemummelt in eine abgetragene, aber warme Jacke, deren Ärmel vierfach hochgekrempelt waren, damit seine Hände herauslugen konnten.
    In einer anderen nassen,

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