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Stunde der Vergeltung (German Edition)

Stunde der Vergeltung (German Edition)

Titel: Stunde der Vergeltung (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Shannon McKenna
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zurückzugehen. Es brachte nichts, sich wegen der unleugbaren Wahrheit aufzuregen. »Nenn mich nicht Vajda«, sagte er steif.
    Imres Brauen zuckten nach oben. »Es ist schwer für einen alten Mann, eine lebenslange Gewohnheit abzulegen.«
    Blödsinn. Selbst mit achtzig verfügte Imres Geist noch über die Biegsamkeit eines Verrenkungskünstlers. »Versuch, es im Kopf zu behalten«, knurrte er. »Vajda ist tot. Ich bin Valery.«
    »Ist das so«, meinte der alte Mann. »Und wer ist dieser Valery? Weißt du das überhaupt, Junge?«
    Neuer Zorn begann in ihm zu schwelen, scharf und beißend. Er erstickte ihn grimmig. »Ich weiß genau, wer ich bin.«
    »Das glaube ich nicht«, fuhr Imre unerbittlich fort. »Ich dachte, PSS würde besser sein als Novak, aber das sind sie nicht. Nicht für dich. Novak mag dir dein Leben und deine Zukunft genommen haben, aber PSS hat dir deine ganze Identität gestohlen.«
    Plötzlich erkannte Val, warum er in den vergangenen Jahren so selten nach Budapest gekommen war. Imres Hang dazu, die nackte, ungeschminkte Wahrheit auszusprechen, war schon immer ein Ärgernis gewesen.
    »Ich werde untertauchen«, sagte er aus einem Impuls heraus. »Zum Teufel mit ihnen allen. Es ist der einzige Weg, sie loszuwerden.«
    Imre blinzelte, seine Miene freundlich, wenn auch zweifelnd. »Du hast mir doch selbst geschildert, wie lang der Arm von PSS ist. Ist es da wirklich so einfach?«
    »Einfach, nein. Möglich, ja. Auch kostspielig, aber das ist das geringste Problem. Mir quillt das Geld inzwischen buchstäblich zum Arsch raus.«
    Imre blickte gequält drein. »Vajda, bitte. Und dein Geschäft?«
    Val zögerte. Es würde ihn tatsächlich schmerzen, Capriccio Consulting aufzugeben. Er hatte das Unternehmen vor Jahren gegründet, als Tarnung, während er sich seinen Weg in den inneren Zirkel eines Drogenschmugglerrings erschlichen hatte, doch seither hatte es sich beinahe zufällig zu einem profitablen und legitimen Geschäft entwickelt, an dem er Freude hatte. Er erfüllte fremde Sehnsüchte, indem er Objekte, Schätze, Informationen fand und besorgte. Darin war er gut.
    Insgeheim war er stolz darauf, etwas geschaffen zu haben, das so gut lief; etwas, das kein Schwindel, keine Tarnung, keine Lüge war. Sein Unternehmen hielt, was es versprach, und das mit einer exzellenten Erfolgsrate. Gott, wie er das liebte. Diese Sache war unkompliziert, würdevoll. War es zu viel verlangt, dass man sich um sein Geschäft kümmern, seine Kunden zufriedenstellen und einfach nur Geld verdienen wollte?
    Aber wie bei allem anderen war es gefährlich, sich an etwas zu binden.
    Er ließ einen tiefen Atemstoß entweichen und ging drei Schritte auf Abstand, doch er verspürte nicht den Kick der Ablösung, dieses schwebende Gefühl.
    »Ich werde eine andere Aufgabe finden«, sagte er nach einem Moment. »Ich kaufe dir einen neuen Pass. Komm mit mir. Wir ziehen an einen Ort, wo es warm ist. Eine Wüstengegend wäre gut für deine Arthritis. Und ich könnte besser auf dich aufpassen. Wir könnten jeden Abend Schach spielen.«
    Aber Imre schüttelte bereits den Kopf. »Hier ist mein Zuhause«, erklärte er. »Nahe bei Ilona und der kleinen Tina.«
    Dieser eigensinnige alte Gefühlsmensch. Ihm mit seiner Frau zu kommen, die seit dreißig Jahren tot war, und seiner im frühen Kindesalter gestorbenen Tochter, die bei der Mutter begraben auf dem Friedhof lag. Val rieb sich frustriert übers Gesicht. »Wegen zwei moosbedeckten Gräbern bleibst du in dieser verschimmelten Bude? Wenn du in meiner Nähe bist, kann ich mich um dich kümmern.«
    »Du kümmerst dich auch so um mich«, bemerkte Imre gelassen. »Ich werde hierbleiben. Und ich werde hier sterben. Ich fürchte mich nicht vor dem Tod, Vajda.«
    »Erspar mir deine gefühlsduseligen Plattitüden«, rief Val. »Dies ist keiner deiner verdammten philosophischen Vorträge.«
    Imre musterte ihn einen Augenblick, die dünnen Schultern unbewegt. »Beruhige dich bitte«, sagte er von oben herab. »Ich werde uns eine Kanne Tee aufbrühen. Oder lohnt die Mühe nicht? Musst du davonhetzen, um deinem Herrchen die Füße zu lecken?«
    Val atmete langsam und bedächtig aus, ehe er sich gestattete zu antworten.
    » Ich werde den verdammten Tee machen«, blaffte er, ehe Imre aufstehen konnte. Er brauchte einen Moment, um sich wieder unter Kontrolle zu kriegen. Und er wollte nicht zusehen, wie Imre unter Schmerzen mit arthritischen Schritten in die Küche schlurfte.
    Hegel würde fuchsteufelswild

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